Cantucci-Herzen brechen nicht: Roman (German Edition)
der Küche.
15
» Was hat sie gesagt?«, fragte Luciana und wedelte den Rauch aus ihrem Gesicht, nachdem Lily die Küche verlassen hatte.
»Sie hat Schwierigkeiten mit Bambini«, erklärte Violetta ihr. »Das heißt, weil sie keine hat. Ich weiß nicht, was passiert ist, aber es ist nicht ideal.«
»Sie war also schon mal verheiratet. Na und? Das war Alessandro auch. Besser so, denke ich. Und wenn wir gerade von Denken sprechen, dir ist nicht zufällig in den Sinn gekommen, Lily gegenüber zu erwähnen, dass du ihre Sprache fließend sprichst?«
»Fließend? Das bezweifle ich.« Violetta hatte eine Reihe von Fremdsprachen in den frühen Vierzigern gelernt, aber da niemand mit ihrem Sprachschatz rechnete, ließ sie sich ihre Kenntnisse oft nicht anmerken. Auf diese Weise sammelten die Schwestern einige ihrer besten Informationen.
Aber in diesem Fall hatte Luciana womöglich recht. Violetta hätte Lily sagen müssen, dass sie verstehen konnte, was sie sagte, aber es hatte keine Gelegenheit gegeben, sie zu unterbrechen. Oder falls doch, hatte Violetta sie verpasst. Wieder ein ungeschickter Fehltritt, der sie aus dem Konzept brachte! Und dass Lily ihr Herz ausgeschüttet hatte, machte sie nur noch verwirrter als sie bereits war.
»Irgendwas stimmt hier nicht«, sagte sie und stupste mit dem Finger gegen eine der verbrannten Teigtrompeten. »Irgendwas stimmt hier ganz ernsthaft nicht.«
Luciana stieß ein Hüsteln aus.
»Irgendwas stimmt schon seit einer geraumen Weile ganz ernsthaft nicht«, bekräftigte sie und stupste gegen eine zweite Rolle. »Und ich bin froh, dass du es zur Sprache bringst, weil ich weiß, dass dir das schwerfällt. Aber wir können uns nicht länger was vormachen. Wir können es nicht länger ignorieren, Violetta. Fiorella hat recht mit unseren Zähnen.«
Ein betretenes Schweigen entstand.
»Fiorella? Zähne? Wovon zum Kuckuck redest du?«, fragte Violetta.
»Ich rede von den Cantucci«, antwortete Luciana. »Violetta, ich denke, es ist Zeit. Wir können nicht länger so tun, als würden wir zurechtkommen.«
»Die Ferrettis backen seit 1898 Cantucci in Montevedova«, beharrte Violetta und schüttelte den Kopf. »Es sind die besten in der Toskana, das sagt jeder. Selbst der Papst. Drei Päpste.«
»Ja, jeder sagt, es sind die besten, aber jeder kauft bei den Borsolinis. Wir brauchen Geld, Violetta. Wir müssen zum Arzt. Du wirst von Tag zu Tag grauer im Gesicht, meine Hüfte bringt mich um, und alle, die wir kennen, brauchen neue Zähne.«
»Mit mir ist alles noch in Ordnung«, sagte Violetta, während die Enge in ihrer Brust sich wieder bemerkbar machte, als etwas Unerklärliches sich darin drehte. »Und ich habe nicht von den Cantucci gesprochen. Darüber will ich nicht reden. Ich rede von der richtigen Partie für unseren Calzino. Irgendwas stimmt nicht bei dieser Paarung. Alessandro ist viel zu sehr eine verlorene Seele, um mit einer anderen verlorenen Seele zu enden, und ich denke, das trifft auf diese Frau zu, diese Lily. Das bereitet mir Sorgen.«
»Das ist doch egal.«
»Wie kannst du so was sagen, Luciana? Es darf uns nicht egal sein! Die Welt braucht heute mehr denn je Liebe und Liebende. Wir versuchen, Santa Ana di Chisas Arbeit zu machen mit schwindenden Ressourcen und …«
»Violetta, du musst an dich selbst denken und an mich. Ich spreche von uns. Wir brauchen Medikamente gegen unsere Arthritis. Meine Hände schmerzen ständig. Wir haben kein Geld.«
»Wir haben fünfhundert Euro für das Zimmer bekommen.«
»Ich weiß, die Liga ist deine Berufung, aber die Cantucci sorgen für unseren Lebensunterhalt. Wir müssen der Tatsache ins Auge sehen, dass es für uns zu schwer geworden ist und es sich nicht mehr rentiert. Alles, was wir noch haben, ist unser guter Ruf, und wenn wir nicht aufpassen, verlieren wir den auch noch.«
In diesem Moment steckte die Witwe Ciacci den Kopf durch das Seitenfenster – etwas, das ihr nur gelang, indem sie sich auf ihren eigenen Küchenstuhl stellte in dem Durchgang, der vom Corso abging.
»Ich denke, es ist Zeit, dass ihr euch einen Rauchmelder besorgt«, sagte sie hustend. »Oder einen Lehrling. Wirklich, ihr werdet hier drinnen noch in Flammen aufgehen, und was wird dann aus uns?«
»Ihr landet danach ohne Zweifel in den sicheren Händen von Fiorella Fiorucci«, erwiderte Violetta. »Es wundert mich, dass sie nicht schon hier ist, um unsere Küche zu übernehmen. Viel zu aufdringlich, wenn ihr mich fragt.«
»Oh, aber hast du
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