Cantucci-Herzen brechen nicht: Roman (German Edition)
machen. Brot, Prosciutto, Büffelmozzarella, mehr Tomaten, frisch geliefert von meiner Großmutter mit Instruktionen über eine hübsche Blondine.«
Sie lachte, aber schüttelte den Kopf.
»Tut mir leid, Alberto, ich bin nur …«
Aber während sie sprach, brach plötzlich ein lauter Streit aus in dem Eingang, den sie gerade passiert hatte. Es handelte sich um eine andere Bäckerei, protziger als die der Ferrettis, und das Schaufenster quoll über von Cantucci in unzähligen Geschmacksrichtungen und einem messingfarbenen Regenbogen aus Geschenkpapier.
Eine kurvige Frau in einem Wickelkleid verließ rückwärts das Geschäft und stieß dabei fast mit Lily zusammen. Sie brüllte jemanden im Haus auf Italienisch an und kam so nah, dass Lily ihren Geruch wahrnahm. Sie war angesäuert und sehr aufgebracht, während ihre langen dunklen Haare wild von einer Seite auf die andere flogen wie ein Pferdeschwanz, der Fliegen verscheuchte.
Lily hätte die Hand ausstrecken und an den Haaren ziehen können. Es war natürlich Daniels Geliebte.
»Eh, Carlotta! Machst du wieder Ärger?«, rief ein attraktiver junger Mann von der Gelateria gegenüber, und Daniels Geliebte wirbelte herum und sagte auch ihm gehörig die Meinung.
»Carlotta, Carlotta«, wiederholte er kopfschüttelnd und ging zurück in die Eisdiele.
Carlotta! Wie konnte sie es wagen, solch einen ungestümen, exotischen Namen zu haben und Wangen, die vor Leidenschaft glühten?
Eine andere aufgebrachte Frau kam aus dem protzigen Cantucci -Geschäft und schüttelte die Faust nach Carlotta, die rückwärts in Lilys Richtung ging. Im verzweifelten Bemühen zu vermeiden, dass sie entweder von ihr umgerannt wurde oder von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand, machte Lily auf dem Absatz kehrt und eilte zu Alberto, der ungerührt vor seinem Laden stand und das Spektakel beobachtete.
»Sie haben es sich wohl anders überlegt, no ?« Alberto grinste. »Die Tomaten meiner Großmutter ziehen immer.«
Lily betrat seinen kleinen Weinladen, lehnte aber seine Einladung zum Essen erneut ab, obwohl es sehr appetitlich aussah, angerichtet auf einer weißen Platte auf dem Tisch: in Stücke gebrochener Käse, umringt von frisch geschnittenen Tomaten und frischen Basilikumblättern, daneben ein aufgeschnittenes Ciabatta. Aber der Kummer schlug ihr auf den Magen. Ihr Kopf dröhnte. Carlotta!
»Was ist mit dieser Frau da draußen auf der Straße?«, fragte sie.
»Verrückt«, antwortete Alberto mit einem desinterressierten Achselzucken. »Nettes Mädchen, gutes Mädchen, aber verrückt. Die ganze Familie ist verrückt. Jede Woche wird sie einmal von den Borsolinis gefeuert. Aber die sind genauso verrückt. Möchten Sie ein Glas Wein?«
Lily konnte sich nicht überwinden, weiterzubohren und Alberto auszuhorchen, ob er Daniel kannte oder Francesca oder den kleinen Jungen. Zum einen wollte sie ihr Interesse nicht offen zeigen, zum anderen hatte sie Angst, wenn sie einmal begann zu fragen, dass sie dann vielleicht nicht mehr damit aufhören konnte. Wusste Carlotta, dass Daniel verheiratet war? Dass das Kleid ihrer Tochter schmutzig war? Dass man so verrückt und nett sein konnte wie man wollte, aber dass es trotzdem nicht richtig war, einer anderen den Mann wegzunehmen, ihre Zukunft, ihre Träume, ihre Tochter?
Falls Alberto registrierte, dass sie in Gedanken woanders war, ließ er es sich nicht anmerken. Er plauderte unentwegt über seine Weine, den letzten Regen, die hiesige Küche, die Bar, in die er nachher gehen wollte, um sich mit seinen Freunden zu treffen, falls sie Interesse habe …
Das hatte sie nicht, aber stattdessen bat sie ihn, ihr etwas über die Stadt zu erzählen, um herauszufinden, ob es mehr gab als das, was sie bereits gesehen hatte. Die Antwort war entmutigend. In Montevedova, erklärte Alberto, gebe es tatsächlich nur zwei Straßen, die Via del Corso und die, die in die entgegengesetzte Richtung abzweigte, also an ihrem Unterstand. Jedenfalls vereinigten sich beide Straßen wieder an der Piazza grande ganz oben in der Stadt, wo er mit seinen Freunden verabredet war, falls sie es sich anders überlegte.
Es gebe zwar Hintergassen und versteckte Durchgänge zwischen den beiden Hauptstraßen, erläuterte er, aber Lily habe praktisch alles gesehen, was es zu sehen gab.
»Hier muss doch jeder jeden kennen«, sagte sie. »Sicher läuft man sich ständig über den Weg.«
»Das könnte man meinen«, erwiderte Alberto, »aber manche bleiben lieber für sich. Und das
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