Cantucci-Herzen brechen nicht: Roman (German Edition)
wiederholte sie, fast wütend, tauchte ihren Pinsel wieder in die Schüssel und rührte brutal darin herum, so brutal, dass kleine Spritzer der blauen Creme auf den Boden flogen, auf ihr Kleid, ihren Fuß.
Lilys Schultern waren fast bis zu den Ohren hochgezogen. Wo führte das noch hin? Plötzlich hörte Eugenia auf zu rühren, und ihr ganzer Körper wurde schlaff, während sie unglücklich den Kopf schüttelte.
»Ist nicht nichts«, sagte sie.
Gefangen unter der Plastikhaube, den Aufheller in den Haaren, spürte Lily ihr Herz pochen, spürte das Blut durch ihre Schenkel pulsieren, durch ihre Unterarme. Sie war bereit, aufzuspringen und loszurennen.
»Mein Freund …«, begann Eugenia.
Lilys Hände umklammerten die Armlehnen.
Ihr Freund.
Das würde schlimm werden.
Sie beobachtete Eugenia im Spiegel, aber die unglückliche Frau blickte nicht finster vor Wut. Sie stand einfach da, mit hängenden Schultern, und starrte auf den Boden, leicht zitternd. Sie machte nicht den Eindruck, als würde sie Lily gleich die restliche Blondiercreme über den Kopf kippen und sicherheitshalber einen Becher Säure hinterher. Sie machte auch keine Anstalten, zur Schere zu greifen und Lily eine Meckifrisur zu verpassen.
Vielmehr sackte sie in den Sessel neben Lily und brach in Tränen aus.
»Mein Freund ist abgehaut!«, schluchzte sie. »Er hat mich sitzen gelassen!«
Die Geliebte ihres Mannes brauchte eindeutig Trost, aber während Lily dasaß mit abstehenden Haaren, die an eine Schlumpfmütze erinnerten, konnte sie sich nicht überwinden, aktiv zu werden, sondern rutschte unbehaglich auf ihrem Stuhl herum, während Eugenias Weinen die Musik ertränkte.
»Sie sind ziemlich durcheinander«, sagte sie schließlich. »Tut mir leid, das muss eine schwere Zeit für Sie sein, aber vielleicht sollten wir das Blondiermittel auswaschen, und ich komme ein anderes Mal wieder?«
»Sorry, sorry«, schluchzte Eugenia, und ihre Tränen flossen wie der Regen vor ein paar Tagen. Es war unmöglich, kein Mitleid mit ihr zu haben, aber trotzdem war sie immer noch die Frau, die Lily den Mann nahm, und Lily konnte nicht einfach dasitzen und ihr Ratschläge geben, selbst wenn sie gewusst hätte, was sie ihr sagen sollte.
»Okay, gut, ich denke, ich mache es selbst, wenn Sie nichts dagegen haben«, sagte sie, wechselte ans Waschbecken und drehte das Wasser auf.
»Sorry, sorry.« Eugenia schluchzte noch heftiger, als sie sah, dass ihre Kundin sich selbst die Haare wusch. »Es tut mir schrecklich leid.«
»Ich bin mir sicher, er ist nicht abgehauen«, sagte Lily, während sie sich die Haare einschäumte. »Wahrscheinlich musste er nur geschäftlich weg.«
»Er ist seit einer Woche weg«, sagte Eugenia. »Eine ganze Woche hat er mich nicht sehen wollen.«
Eine ganze Woche, dachte Lily, kopfüber unter Wasser, während sie zurückrechnete, wann sie zu Hause abgeflogen war. Sie hatte angenommen, dass Daniel länger in Italien blieb wegen seiner Geliebten und der Kinder, aber wenn er nicht bei ihnen war, wo zum Henker steckte er dann?
»Wie lange sind Sie schon mit Ihrem Freund zusammen?«, fragte sie so beiläufig, wie sie konnte, während sie Conditioner im Haar verteilte.
»Sehr lange«, antwortete Eugenia. »Wir haben ein Kind. Wir haben zwei Kinder. Aber er ist ein schlechter Mann. Sehr, sehr schlecht!« Und wieder fing sie an zu weinen.
Die Kinder! Die hatte Lily ganz vergessen. Dieses nervöse Wrack, das nicht einmal imstande war, einen Haaransatz zu färben, war verantwortlich für Daniels Kinder.
Wie konnte er Eugenia so zurücklassen? Ihr Daniel, der bekannt war für seine Liebenswürdigkeit, sein Verständnis, seinen feinen Charakter und seine grenzenlose Geduld? Es war schlimm genug, dass er Lily betrog und ein Doppelleben führte, aber musste er das obendrein vermasseln? Würde er in diesem Moment hereinkommen, würde sie ihm jedes Haar einzeln auszupfen.
Aber er kam nicht. Und Eugenia erwartete ihn offensichtlich auch nicht. Die schluchzende Frau griff in ihre Rocktasche und schüttelte dann ein paar Tabletten aus einem Röhrchen.
Während Lily sich selbst die Haare föhnte und legte, blieb Eugenia zusammengesunken in ihrem Sessel sitzen und weinte.
»Meine Handtasche«, sagte Lily, nachdem sie fertig war, und deutete auf ihre Tasche, die neben Eugenias Füßen lag.
»Sorry, sorry«, schluchzte diese wieder und gab ihr die Tasche. »Sie haben tolle Haare. Kommen Sie morgen wieder, und Sie kriegen Föhnen gratis.«
Lily konnte
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