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Cantucci-Herzen brechen nicht: Roman (German Edition)

Cantucci-Herzen brechen nicht: Roman (German Edition)

Titel: Cantucci-Herzen brechen nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah-Kate Lynch
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ohne einen Kran oder ein Trampolin oder womöglich die hiesige Feuerwehr. Warten Sie, ich kümmere mich darum.«
    Sie hängte ihre Tasche an die Türklinke, nahm die Kehrschaufel und den Besen, auf die Violetta bereits zusteuerte, und machte sich daran, das Chaos zu beseitigen.
    »Vielleicht habe ich bereits erwähnt«, sagte sie, während sie kehrte, »dass ich nicht wirklich viel anfangen kann mit einer Küche. Meine Schwester Rose ist die Häusliche von uns beiden. Sie hätte den Zucker bereits aufgefangen, bevor er auf dem Boden gelandet wäre. Und ich sage Ihnen noch was. Wäre Rose hier, wette ich, dass Ihre Biscotti, Entschuldigung, ich meine Ihre Cantucci, perfekt wären. Ich habe noch nie erlebt, dass etwas nicht perfekt war, was aus Roses Küche kam.«
    Lily entdeckte den Mülleimer und ließ den verschütteten Zucker hineinrieseln.
    »Allerdings«, fuhr sie fort und ging wieder in die Hocke, um den Rest aufzufegen, »wenn Rose hier wäre, dann würden wir kein Wort miteinander reden, weil sie denkt, ich verwandle mich in eine ausfällige Alkoholikerin wie unsere Mutter. Außerdem finde ich es nicht fair, dass sie die ganzen Kinder hat.«
    Als Lily sich wieder aufrichtete, hielt Luciana ein Ei in die Luft.
    »Oh, seht euch das an«, sagte Lily. »Ein Ei. Aber im Ernst, ich bin jemand, der nicht einmal Eier kochen kann.«
    »Uova«, sagte Luciana und zeigte mit einem krummen Finger darauf. »Uova.«
    »Uova?«, wiederholte Lily.
    Luciana nickte und streckte das Ei sogar noch höher. »Uova.«
    »Uova«, sagte Lily wieder und stellte die Kehrschaufel an ihren Platz zurück. »Oh! Uova. Jetzt habe ich kapiert. Ei! Uova! Wie finde ich denn das? Ich komme mir vor wie Helen Keller mit dem Wort ›Wasser‹. Uova. Ein bequemes Bett, eine herrliche Aussicht und dazu noch eine Lektion in Italienisch. Vielen Dank, meine Damen, ich weiß das alles sehr zu schätzen, aber wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden. Ich gehe und lasse Sie in Ruhe weitermachen.«
    »Burro«, sagte Luciana und hielt einen kleinen Topf mit zerlassener Butter hoch. »Burro.«
    »Ja, Burro«, erwiderte Lily. »Butter. Danke. Ich bin mir sicher, das ist welche, aber wissen Sie, ich muss jetzt wirklich los.«
    Luciana träufelte die Butter über die Mischung auf dem Tisch. »Mescolare«, sagte sie zu Lily. »Mescolare.« Sie drehte sich zu Violetta, die zutiefst unbeeindruckt wirkte, obwohl das bei ihr schwer zu sagen war; sie sah immer ein bisschen so aus. »In inglese?«, fragte Luciana ihre Schwester. »Mescolare?«
    Der Geruch des Zuckers, der frischen Eier und der warmen Butter schwebte in unsichtbaren Schwaden um Lilys Gesicht und entriegelte so abrupt eine Geheimtür zu ihrem Gedächtnis, dass sie fast den Schlüssel im Schloss hören konnte. Sie konnte um nichts in der Welt sagen, was dahinterlag, wurde aber einen Moment lang überwältigt von einer unbeschreiblich warmen und wunderbaren Woge. Und von Zufriedenheit, echter Zufriedenheit.
    »Oh«, sagte sie und legte die Hand auf die Brust. »Meine Güte.«
    »Mescolare«, bekräftigte Luciana. »Mescolare!«
    »Hören Sie«, sagte Lily. »Sie müssen entschuldigen, dass ich kein Italienisch spreche, aber ich lege keinen Wert auf Unterricht im Backen oder in Fremdsprachen. Wissen Sie, ich bin keine richtige Touristin. Ich wollte nie in die Toskana, bis ich herausgefunden habe, dass mein Mann hier eine Freundin hat und zwei Kinder.«
    Dieses Mal war es die Schüssel mit Haselnüssen in Violettas Händen, die auf den Boden fiel. Sie zerbrach in zwei Teile, und die Nüsse kullerten fröhlich in alle vier Ecken des Raums.
    »Santa merda!«, flüsterte Violetta.
    »Santamerda?«, sagte Lily, während sie wieder in die Knie ging, um die Nüsse aufzusammeln. »Santamerda, Santamerda, Santamerda«, wiederholte sie und verfolgte die Nüsse auf dem Küchenboden.
    »Es ist alles einfach viel zu seltsam, um es in Worte zu fassen«, sagte sie unter dem Tisch hervor. »Die Sache ist die, ich wollte mich eigentlich zurückhalten, bis ich einen Plan ausgearbeitet habe, aber gestern – war es gestern? –, ja, gestern stand sie plötzlich da, seine Tochter. Sie stand in Ihrem Laden und starrte mich an mit seinen schönen großen grünen Augen.«
    Lily kroch unter die Anrichte, während über ihr Violetta – etwas zitterig – mehr Haselnüsse aus dem Vorratsschrank holte.
    »Diese Santamerdas wissen, wo sie hinrollen müssen«, sagte Lily, als sie einen Hexenzirkel davon in der hintersten Ecke

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