Cantz schoen clever
der Eifel, bei Berlin oder in der Lüneburger Heide. Denn unter anderem dort wurden überdachte Ferienanlagen errichtet, mit künstlichem Strand, Palmen und herrlicher Sommerluft, die ganzjährig auf 35 °C hochgeheizt wird und zwölf Monate im Jahr tropisches Traumwetter vorgaukelt. Man hätte auch einfach auf den Klimawandel warten können, aber so viel Zeit lässt sich eine Wachstumsbranche wie der Tourismusmarkt natürlich nicht. So können wir jetzt schon mitten im Dezember Strandurlaub in Brandenburg machen. Warum auch nicht? Die Anreise ist wesentlich bequemer und zeitsparender als die nach Teneriffa, aber ansonsten ist alles genau wie auf den Kanaren: Die Sonne scheint, das Meer rauscht, und überall wird Deutsch gesprochen.
Wie die Reisewelt der Zukunft aussehen wird, lässt sich schwer sagen. Mich würde vor allem interessieren, wann der Menschheitstraum vom Reisen im Weltraum endlich Wirklichkeit wird. Urlaub im All stelle ich mir hinreißend vor: Man ist richtig weit weg von zu Hause, erlebt 15 Sonnenaufgänge am Tag, und wenn man von dort oben auf die Erde hinunterschaut, hat man garantiert Meerblick. Auch wenn Privatreisen zu den Sternen noch Zukunftsmusik sind, nehmen einige Anbieter jetzt schon Buchungen entgegen. Ein zweistündiger Flug kostet allerdings 140 000 Euro. Immerhin sind im Gegensatz zu Billigfliegern der Tomatensaft und die Sitzplatzreservierung bereits im Preis enthalten. Also, geben Sie sich einen Ruck – es sind noch Fensterplätze frei!
I rgendwo in einer beliebigen Kulturmetropole unserer Wahl: Madrid, Rom, Köln, Paris, Moskau, London oder New York. An einem beliebigen Wochentag: Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag, Samstag oder Sonntag (jeder Tag außer Montag, dem traditionellen Ruhetag der Museen). Ein Ehepaar steht in einem Museum für moderne Kunst und betrachtet intensiv ein Wandobjekt, neben dem ein Museumswärter seiner Arbeit nachgeht: Er passt auf.
Sie: »Also, mir gibt es unheimlich viel. Die Farbe, das Material, die Oberfläche, alles sehr besonders. Ich sehe Kraft, Leben, Dynamik, aber auch Zweifel und ein Stück weit auch die großen Themen: Liebe, Tod, Eitelkeit, Endlichkeit. Und wie findest du es?«
Er: »Na ja, ich weiß nicht. Ich bin vielleicht ein Banause, aber: Das soll Kunst sein?«
Dann spricht er den Museumswärter an: »Sie arbeiten doch hier – wie sehen Sie das?«
Museumswärter: »Tja, was soll ich dazu sagen? Sie betrachten seit einer halben Stunde den Feuerlöscher!«
----
DAS GEHT JA GAR NICHT
Hin und wieder ist es genau anders herum, und es passiert, dass ein Kunstwerk nicht auf den ersten Blick als solches erkannt wird. Der wohl berühmteste Fall betrifft das 1960 geschaffene Werk unbetitelt (Badewanne) von Joseph Beuys: Die mit Heftpflaster und Mullbinden bearbeitete Säuglings-Badewanne landete 1973 für eine Sonderausstellung im Leverkusener Museum Morsbroich und wurde dort nach dem Ende der Ausstellungeingelagert. Der SPD -Ortsverein Leverkusen-Alkenrath mietete die Museumsräume für ein Fest. Während der Feier entdeckten zwei Mitglieder des SPD -Ortsvereins Leverkusen-Alkenrath das Objekt im Lager, erkannten es nicht sofort als Kunstwerk und reinigten es, um darin die Gläser des SPD -Ortsvereins Leverkusen-Alkenrath zu spülen. Ein Skandal. Die Folge: Der SPD -Ortsverein Leverkusen-Alkenrath musste dem Eigentümer des Kunstwerks 40 000 Mark Schadensersatz bezahlen, Joseph Beuys bekam die geputzte Wanne zurück, und auf Feiern des SPD -Ortsvereins Leverkusen-Alkenrath werden seitdem nur noch Einweg-Becher ausgegeben.
Immerhin war Beuys‘ Wanne als museumsreif anerkannt und mit 40 000 Mark taxiert worden. Als der französische Konzeptkünstler Marcel Duchamp im Jahre 1917 auf einer Kunstausstellung jedoch ein signiertes und mit Fountain (zu Deutsch »Fontäne«, also Springbrunnen oder Quelle) betiteltes Pissoir einreichte, wurde ihm von der Society of Independent Artists voller Empörung und Unverständnis beschieden, das sei keine Kunst. Heute gilt Fountain als Schlüsselwerk der modernen Kunst. Das Originalbecken ist verschollen, aber selbst die von Duchamp autorisierten Repliken sind unbezahlbar. Eine Badewanne im Wert eines Geländewagens und ein Pinkelbecken, das vermutlich teurer ist als ein Einfamilienhaus – vor diesem Hintergrund war die letzte Sanierung meines Badezimmers dann wohl doch ein echtes Schnäppchen!
----
----
GUT ZU WISSEN
Joseph Beuys wurde bei der deutschen Wehrmacht als Funker ausgebildet. Und
Weitere Kostenlose Bücher