Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Capitol

Capitol

Titel: Capitol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
Vom Netzwerk:
Aber einige würden überleben.
    Ich werde überleben, dachte Jerry, während der Helm seine Gehirnmuster aufnahm und auf Band übertrug.
    Dort draußen erschaffen die Russen ihre eigenen Barbaren. Ich werde der Hunne Attila sein. Mein Kind wird Dschingis Khan und mein Enkel Mohammed sein.
    Einer von uns wird einst Rom plündern.
    Dann wurde das Somec injiziert, und es durchströmte ihn und nahm ihm das Bewußtsein, und wie ein Schock durchfuhr Jerry die Erkenntnis, daß auch dies der Tod war; ein willkommener Tod, der ihm nichts ausmachte. Denn wenn er diesmal aufwachte, würde er frei sein.
    Er summte fröhlich, bis er sich nicht mehr daran erinnern konnte, wie man summt, und dann schaffte man seinen Körper zusammen mit Hunderten von anderen in ein Raumschiff und sandte sie in den Raum hinaus, wo sie endlos den Sternen entgegenfielen. Heimkehr.

Hüpfende Steine
     
    Eine Freundschaft, die keine wahre ist, kann zur wahren Freundschaft werden.
    Aber wahre Freundschaft, einmal geendet, wird nie geheilt.
    – T. S. Eliot, Mord im Dom.
     
    Bergen Bishop wollte Künstler werden.
    Weil er das mit sieben Jahren sagte, bekam er sofort Bleistifte, Papier, Holzkohle, Wasserfarben, Ölfarben, Leinwand, eine Palette, eine gediegene Auswahl an Pinseln und einen Lehrer, der ihn einmal in der Woche unterrichtete. Kurzum, man gab ihm alles Zubehör, das für Geld zu kaufen war.
    Der Lehrer war gewitzt genug zu unterscheiden, wann man ehrlich sein und wann lügen muß, wenn man davon leben will, die Kinder der Reichen zu unterrichten. So waren ihm die Worte Das Kind hat Talent schon oft über die Lippen gekommen. Aber diesmal meinte er es wirklich, und die Schwierigkeit lag nun darin, mit diesen Worten der Lüge die Wahrheit zu sagen.
    »Der Junge hat Talent !« rief er aus. »Der Junge hat Talent!«
    »Niemand nimmt das Gegenteil an«, sagte die Mutter des Jungen, die es überraschte, daß der Lehrer sich so überschwenglich äußerte. Der Vater sagte nichts. Er fragte sich nur, ob der Lehrer für den Eifer, den er in seine Worte legte, vielleicht eine Prämie erwartete.
    »Der Junge hat Talent. Entwicklungsfähig. Sehr entwicklungsfähig«, sagte der Lehrer (ein weiteres Mal), und die Mutter, der Überschwenglichkeit seines Lobes müde, sagte: »Guter Mann, es macht uns nicht das geringste aus, wenn er Talent hat. Er darf es behalten. Und nun kommen Sie bitte am nächsten Dienstag wieder. Vielen Dank.«
    Aber trotz der Gleichgültigkeit seiner Eltern widmete sich Bergen mit einiger Energie dem Erlernen des Malens. In kurzer Zeit hatte er sich eine für sein Alter erstaunliche Technik angeeignet.
    Er war ein umgänglicher Junge mit einem sehr ausgeprägten Gerechtigkeitsgefühl. Viele junge Männer seiner Schicht auf dem Planeten Crove benutzten ihre Diener als Prügelknaben. Brüder waren aus der Mode gekommen, und schließlich brauchte man jemanden, an dem man sich abreagieren konnte. Und die Diener (die mit ihren Herren gleichaltrige Knaben waren) lernten früh, daß ihnen, wenn sie sich wehrten, weit Schlimmeres bevorstand, als ihre Herren austeilen konnten.
    Bergen war aber nicht unfair. Weil er nicht streitsüchtig war, gab es zwischen ihm und seinem Diener Dal Vouls weder Schläge noch harte Worte. Und weil er fair war, teilte er mit Dal seine Ausrüstung und seinen Lehrer, als der erstere einmal schüchtern erwähnte, auch er wolle gern malen lernen.
    Dem Lehrer machte es nichts aus, beide Knaben gleichzeitig zu unterrichten – Dal war gehorsam und stellte keine Fragen. Aber er war sich der Möglichkeit eines gesteigerten Einkommens zu sehr bewußt, als daß er Bergens Vater gegenüber nicht erwähnt hätte, daß es üblich sei, bei zwei Schülern ein zusätzliches Honorar zu zahlen.
    »Dal, du hast die Zeit des Lehrers in Anspruch genommen?« fragte Locken Bishop den Diener seines Sohnes.
    Dal schwieg, denn er hatte zuviel Angst, als daß er rasch geantwortet hätte. Bergen tat es für ihn. »Es war meine Idee, daß er malen lernt. Der Lehrer braucht dazu nicht länger.«
    »Der Lehrer will mehr Geld von mir. Du mußt den Wert des Geldes kennenlernen, Bergen. Entweder nimmst du die Stunden allein, oder du nimmst sie überhaupt nicht.«
    Trotzdem zwang Bergen den Lehrer (»Ich werde dafür sorgen, daß Sie gefeuert werden und kein Mensch in der ganzen Stadt, in der ganzen Welt Sie noch beschäftigt!«), Dal während der Stunden dabeisitzen und zuschauen zu lassen. Dal brachte während der Sitzungen allerdings keinen

Weitere Kostenlose Bücher