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Capitol

Capitol

Titel: Capitol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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mich von dieser Frau in die Defensive drängen? »Wir glaubten, daß es eine gewisse Wirkung auf Ihren Sohn ausüben könnte, Sie lebendig vor sich zu sehen.«
    »Er hat tatsächlich versucht, mich zu erwürgen.«
    »Das haben Sie uns erzählt. Sie sagten auch, daß Sie Ihren Sohn mit sich nach Hause nehmen wollen. Paßt denn dazu zusammen?«
    »Ich will, daß Sie ihn heilen, und dann nach Hause schicken! Wen gibt es seit seines Vaters Tod denn sonst noch, den ich liebe?«
    Sich selbst, hätte Hort fast gesagt. Aber nein, hier darf ich mir kein Urteil anmaßen.
    Der Summer ertönte, und erfreut über die Unterbrechung, betätigte Hort den Mechanismus, der die Tür freigab. Es war Gram, der Oberpfleger. Er wirkte aufgeregt.
    »Es war Zeit für Linkerees Toilettengang«, sagte er und fing wie gewöhnlich in der Mitte an. »Er war nicht da. Wir haben überall nachgesehen. Er ist nicht im Gebäude.«
    »Nicht im Gebäude?« stieß Mrs. Danol hervor.
    »Das ist seine Mutter«, sagte Hort, und Gram fuhr fort. »Er ist durch die Deckenziegel geklettert und aus der Lüftungsanlage nach draußen gestiegen. Wir hatten keine Ahnung, daß er so viel Kraft hat.«
    »Das ist aber ein feines Krankenhaus!«
    Hort war irritiert. »Mrs. Danol, die Qualität dieses Hospitals als Hospital ist unbestritten. Die Qualität dieses Hospitals als Gefängnis läßt jedoch sehr zu wünschen übrig. Wir werden uns in dieser Angelegenheit an die Regierung wenden.« Schon wieder in der Defensive, verdammt. Und dieses Weib haut mir schon wieder ihre Brüste um die Ohren. Ich fange langsam an, Linkeree zu verstehen. »Mrs. Danol, warten Sie bitte hier.«
    »Nein.«
    »Dann gehen Sie nach Hause. Aber ich versichere Ihnen, Sie werden uns bei der Suche nach Ihrem Sohn nur im Wege sein.«
    Sie starrte ihn an und blieb stehen.
    Er nickte nur. »Wie Sie wollen«, sagte er, nahm den Mechanismus zum Öffnen der Tür mit sich aus dem Raum und ließ die Tür ins Schloß gleiten, bevor es Mrs. Danol gelang, ihm nach draußen zu folgen. Ihn beschlich ein sehr ungesundes Gefühl der Befriedigung über seine Handlungsweise.
    »Am liebsten möchte ich sie selbst erwürgen«, sagte er zu Gram, dem die Pointe entging und der ein wenig besorgt aussah. »Nur ein Scherz, Gram. Ich habe keine Mordgelüste. Wo ist der Bursche hin?«
    Darauf wußte Gram keine Antwort, und sie gingen nach draußen, um nachzusehen.
     
    *
     
    Linkeree hockte am Zaun des Regierungswohnblocks, dem meilenlangen schweren Metallzaun, der die Zivilisation von der übrigen Welt trennte. Der Abendwind wehte schon vom dichten Gras und den sanften Hügeln der Ebene herein, nach der der Planet Pampas genannt wurde. Die Sonne stand aber noch zwei Finger breit über dem Horizont, und Linkeree wußte, daß er über eine Entfernung von Meilen deutlich zu sehen war. Zu sehen für die Leute von der Regierung, die ihn bestimmt suchten; zu sehen aber auch für die wilden Vaqs, die, wie er wußte, hinter den Hügeln darauf warteten, daß ein Kind wie er hinauswanderte, um gefressen zu werden.
    Nein, dachte er. Ich bin kein Kind.
    Er schaute auf seine Hände. Sie waren groß und kräftig – und doch glatt, sensibel und zart, wie die Hände eines Künstlers.
    »Du müßtest Künstler sein«, hörte er Zad sagen.
    »Ich?« antwortete Link, den der Vorschlag ein wenig amüsierte.
    »Ja, du«, sagte sie. »Sieh dir das an«, und zeigte mit der Hand auf die Wände des Raumes. Unwillkürlich folgten seine Blicke ihrer Hand, und auch er sah es: An der Wand hing ein Gobelin neben dem anderen, die alle für den Verkauf bestimmt waren. An einer anderen Wand sah er dicke Teppiche, und dort stand auch der Webstuhl, den Zad für ihre Arbeit benutzte. Eine weitere Wand bestand von der Decke bis zum Fußboden aus einem einzigen großen Fenster. (Glas ist billig, hatte man dem Regierungsarchitekten eingeschärft), und durch dieses Fenster sah man die anderen, auf gleiche Weise schäbigen Teile des Wohnprojekts der Regierung, in dem die meisten Bewohner der Hauptstadt lebten. Und dahinter lagen die Regierungsgebäude, von denen aus das Leben von Tausenden von Leuten reglementiert wurde. Von Millionen, wenn man die Vaqs mitzählte. Aber niemand zählte sie.
    »Nein«, sagte Zad lächelnd. »Mein lieber, guter Link. Schau dorthin. Zur anderen Wand.«
    Und er schaute hin und sah die Bleistiftzeichnungen, die Pastellzeichnungen, die Kreidezeichnungen.
    »Das kannst du auch.«
    »Ich habe zwei linke Hände.« Oh, du hast zwei

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