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Cappuccino fatale

Cappuccino fatale

Titel: Cappuccino fatale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Corda
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mustert sie
mich von Kopf bis Fuß. »Wie siehst du denn aus?«, begrüßt sie mich.
    In der Tat mache ich den Eindruck, als käme ich direkt von einer
Schlacht. Durch den Sturz haben Hose und Bluse dunkle Schmutzflecken, die ich
im WC der Bar nur notdürftig auswaschen konnte.
Meine Haare haben nicht mehr den Hauch einer Frisur und ich spüre, wie mir das
Make-up über das erhitzte Gesicht läuft.
    »Gibt es hier irgendwo ein Bad?«, frage ich statt einer Antwort
zurück und verzichte darauf, ihr von meinem Erlebnis zu berichten. Menschliche
Nebensächlichkeiten interessieren Maria vermutlich sowieso nicht.
    Die Rezeptionistin führt mich in einen Toilettenraum, in dem ich
meine Haare halbwegs herrichte und mein Make-up erneure. Wieder einmal bin ich
Gott dankbar, dass die Räuber mir meine Handtasche gelassen haben. Dann haste
ich zu der ungeduldig auf und ab gehenden Maria zurück.
    »Man erwartet uns bereits«, ruft sie mir zu und eilt die
Treppenstufen hoch. Auf halbem Weg dreht sie sich zu mir um. »Habt ihr denn
keine Handouts und Pappen vorbereitet?«
    »Die liegen bei Stefano«, lüge ich. Ich habe keine Kraft, mit ihr zu
diskutieren.
    Marias ganzer Körper ist angespannt, ungläubig beugt sie den Kopf
vor. »Wir haben bei diesem extrem wichtigen Kundentermin keine Pappen dabei?«,
zischt sie mir mit aufeinandergepressten Zähnen zu.
    Ich fahre mir mit beiden Händen durchs Gesicht und über die Ohren
und hoffe schwer, dass sich die energetisierenden Akupunkturpunkte gleich
bemerkbar machen, die hier verortet sein sollen. Ich bin auf einmal so
erschöpft, dass ich nicht einmal mehr sprechen mag.
    »Das ist eine Katastrophe!«, zischt Maria aufgebracht, ohne meine
Antwort abzuwarten. »Was haben wir denn …«
    Weiter kommt sie nicht, denn direkt neben uns wird eine Glastür
aufgerissen. Ein Herr, schätzungsweise über siebzig, mit streng
zurückgekämmtem, grau meliertem Haar im perfekt sitzenden dunklen Anzug tritt
in den Flur.
    »Ah, die Damen von AdOne. Conti ist mein Name. Willkommen in meinem
Kaffeereich«, begrüßt er uns. » Piacere . Angenehm.« Er
drückt erst Marias, dann meine Hand.
    Ich wusste nicht, dass wir auf den Inhaber des Unternehmens
persönlich treffen würden. Eine Präsentation, bei der eine Kundenberaterin
unter mysteriösen Umständen erkrankt ist, der Chefstratege verkatert im Bett
liegt und die Entwürfe geklaut irgendwo in Neapels dunklen Ecken im Umlauf
sind. Ich würde am liebsten auf dem Absatz kehrtmachen und mich nach Hause in
mein achthundert Kilometer entferntes Bett verkriechen.
    »Und das hier«, fährt Signor Conti unterdessen fort und deutet auf
einen freundlich aussehenden jungen Mann mit dunklen, leicht gewellten Haaren
in einem ebenfalls hocheleganten grauen Anzug, »ist mein Sohn Sergio Conti
junior, der die Geschäfte schon bald komplett übernehmen wird. Unser Vertriebsleiter
wird jeden Moment dazukommen. Wir mussten heute alle unsere Termine schieben,
da Ihr Kollege erkrankt ist. Was hat er denn?«, will er wissen und schaut Maria
fragend an.
    »Eine heftige Grippe«, beeilt sie sich zu sagen und setzt sich auf
den Stuhl, den Conti junior für sie zurechtrückt. »Ich möchte mich auch im
Namen der Geschäftsführung von AdOne nochmals für die Verschiebung
entschuldigen und Ihnen danken, dass Sie unser Treffen trotzdem möglich machen
konnten«, betet sie brav herunter.
    »Jaja, die Montagmorgengrippe ist tückisch.« Conti senior hält sich
mit Höflichkeiten nicht lange auf, lässt sich langsam auf dem Stuhl mit der
längsten Rückenlehne am Kopfe des Tisches nieder und grinst uns herausfordernd
an. »Diese haben manche meiner Mitarbeiter auch schon ab und an gehabt. Aber
nicht allzu lange und danach auch nie wieder.«
    Während ich noch überlege, was ich auf diese peinliche Bemerkung
antworten könnte, wird die Tür hinter mir aufgerissen und der fehlende Kollege
betritt zusammen mit einer jungen Frau den Raum.
    Ich halte unwillkürlich den Atem an.
    »Das ist Paolo Rossi, unser Vertriebsleiter, mit seiner
Assistentin«, stellt Conti senior die blendende Erscheinung und deren namenlose
Begleitung vor, die nun durch den Raum wandelt und mir die Hand hinhält.
    »Paolo Rossi, piacere «, wiederholt er
seinen Namen mit einer dunklen, warmen Stimme, die mir einen Schauer über den
Rücken jagt. Damit könnte er bei gewissen Telefon-Hotlines bestimmt viel Geld
verdienen.
    »Nina Sommer, angenehm«, stottere ich und schaue in sein markantes
Gesicht mit dunklen,

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