Cappuccino fatale
durchdringenden Augen, die er leicht zusammenzieht,
während er mich kurz mit einem fast spöttischen Lächeln mustert.
Keine Frage, sein Effekt auf Frauen ist ihm bekannt. Auch Maria
richtet sich neben mir auf, reicht dem Beau die Hand und quiekt ihm mit viel zu
hoher Stimme ihren Namen und ihre – natürlich – gehobene Agenturposition
entgegen.
» Bene, bene, dann sind wir ja nun
komplett, meine Damen und Herren«, meldet sich nun Conti junior ungeduldig zu
Wort. »Dann lassen Sie uns nicht noch mehr Zeit verlieren, va
bene ?« Er dreht sich fragend seinem Vater zu, der zustimmend nickt.
»Wir haben Sie«, fährt Conti junior fort und wendet sich nun Maria
und mir zu, »heute zu uns eingeladen, um uns von Ihnen die Strategie Ihrer
Agentur zu einer nationalen und später internationalen Werbeausrichtung für
unser zwar sehr erfolgreiches, aber noch sehr lokales Produkt Napolone zeigen
zu lassen. Wir glauben, dass es für die Zukunft unseres Unternehmens
entscheidend ist, unseren Kaffee über Neapels und Kalabriens Grenzen hinaus zu
verkaufen.«
»Sie erlauben, meine Damen«, mischt sich Conti senior trotzig ein,
»mein Sohn hält dies für entscheidend. Meiner Meinung
nach sind wir in den rund sechzig Jahren unserer Firmengeschichte immer sehr
gut so gefahren.«
»Ja, papà, das stimmt.« Sein Sohn
unterdrückt ein Seufzen – wie oft werden die beiden diese Diskussion wohl schon
geführt haben und seit wann? »Aber wenn wir weiter wachsen möchten, und ich möchte das«, fügt er hinzu, »dann müssen wir unseren
Radius erweitern. Wenn du gestattest, würde ich damit gerne das Wort den beiden
Damen überlassen.«
Conti senior lehnt sich mit dem schmollenden Gesichtsausdruck
vorzugsweise älterer, erfahrener Herren in seinem Stuhl zurück und verschränkt
die Arme.
Maria schaut mich hilfesuchend und herausfordernd zugleich an. Sie
hat sich seit Dienstag nicht mehr um die Präsentation gekümmert und ist mir
sichtlich ausgeliefert. Ihr bleibt nur die Hoffnung, dass ich weiß, was ich
hier tue.
»Danke, Signori Conti«, ich ziehe den (schnöden) USB -Stick aus meiner Tasche, »wir sind tief in die
Analyse des italienischen Kaffeemarktes eingestiegen und möchten Ihnen unsere
Überlegungen dazu gerne anhand unserer Präsentation darstellen. Ich schaue mich
suchend im Raum um. »Wo bitte steht Ihr Beamer?«
Betroffene Gesichter.
»So etwas haben wir nicht«, sagt Conti junior.
»Was ist ein Beamer?«, fragt Conti senior.
Ich höre Maria neben mir leise stöhnen, während ich die Kofferdiebe
verfluche und ihnen einen baldigen, elenden Tod an den Hals wünsche.
Während Conti junior seinem Vater leise die technischen Erfindungen
der Neunzigerjahre näherbringt, wieselt die namenlose Assistentin
dienstbeflissen los, um wenigstens einen Laptop aufzutreiben, der zu allem
Überfluss die neueste Version von PowerPoint erkennen muss, in der ich meine
Ideen niedergeschrieben habe.
»Hast du etwa kein Pdf von der Präsentation abgespeichert?«, fragt
mich Maria unterdessen leise und wirft mir einen missbilligenden Blick zu. »Das
sind doch Basics!«
Damit hat sie dummerweise recht.
Der schöne Paolo betrachtet das Geschehen unterdessen entspannt von
seinem Platz aus. Die Arme hat er gemütlich vor der Brust verschränkt und wirkt
völlig gelassen. Er ist geradezu unverschämt gutaussehend, stelle ich fest. Als
er bemerkt, dass ich ihn beobachte, zwinkert er mir zu. Ich merke, wie ich rot
werde, und spüre erneut Marias düpierten Blick von der Seite.
Ich fühle mich wie in einem schlechten Film.
Wenige Minuten später erscheint die flinke Assistentin mit einem
Laptop unterm Arm in der Tür und winkt dazu fröhlich mit sechs Sätzen meiner
ausgedruckten Präsentation als Schwarz-Weiß-Kopie. Wenn ich an meine edel
ausgedruckten und gebundenen Versionen im Räuber-Hotzenplotz-Quartier denke,
dreht sich mir glatt der Magen um.
Die Präsentation oder das, was unter den gegebenen Umständen möglich
ist, kann beginnen. Die Conti-Seite sitzt dicht an dicht um den Monitor des
Laptops gedrängt, während Maria und ich die Schwarz-Weiß-Kopien vor uns
ausbreiten. Ich beginne meinen Vortrag und führe meine Zuhörer von Blatt zu
Blatt. Schon nach wenigen Seiten fällt mir auf, dass der schöne Paolo gar nicht
mitblättert. Stattdessen hält er den Stapel Seiten in beiden Händen und fixiert
mich ungeniert. Maria schaut aufmerksam von einem zum anderen, was nicht gerade
zu meiner Entspannung beiträgt.
»Wir wollen
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