Cappuccino fatale
beginne von Neuem. Diesmal schütte ich es locker auf, drehe die
Kanne fest zu, stelle sie auf der Gasflamme ab und setze mich wieder zu Giorgio
an den Tisch.
»Noch mal zurück zu diesem Gott von gestern«, nimmt mein Vermieter
das Gespräch wieder auf. »Wie geht das denn nun weiter?«
»Giorgio, ich habe wirklich keine Ahnung.
Ich bin völlig ratlos. Und irgendwie … todunglücklich.«
Ja, denke ich. Genauso fühle ich mich gerade.
»Dann ruf ihn doch an«, schlägt Giorgio vor.
»Ich?«
»Ja, du.«
»Und was soll ich ihm sagen?«
»Dass du todunglücklich bist.«
»Bitte? Das ist taktisch aber nicht so geschickt. Stell dir vor,
Elvira würde hier anrufen und dir sagen, dass sie todunglücklich ist.«
»In die bin ich ja auch nicht verliebt.«
»Woher soll ich denn wissen, ob er in mich verliebt ist?«
»Das wirst du dann schon merken.«
»Giorgio«, ich lege die Unterarme auf dem Tisch ab und beuge mich zu
ihm über den Tisch, »du bist mir keine strategische Hilfe in
Liebesangelegenheiten.«
»Aber ich …«
Sein aufkeimender Protest wird von einem jähen Zischen und Knallen
unterbrochen, das vom Herd kommt. Es gurgelt kurz, dann erfüllt beißender Rauch
den Raum.
Giorgio schaut mich streng an: »Hast du Wasser in die caffettiera getan?«
»Wasser?« Ich kann mich zwar bestens an die Pulverdiskussion
erinnern, aber nicht daran, heute schon den Küchenwasserhahn betätigt zu haben.
Giorgio springt zum Herd und dreht die Gasflamme ab. Kopfschüttelnd
mit einer Schulter an die Wand gelehnt, lächelt er mich mitleidig an. » Bella , du ruinierst uns, wenn das so weitergeht. Bitte ruf
sofort diesen Kerl an, bevor du noch das Haus in Flammen steckst.«
Am späten Vormittag komme ich endlich im Büro an. Simona
und Stefano sind gerade in eine hitzige Diskussion verwickelt, in der es in
etwa um das gegenseitige Zuschieben von Aufgaben und um die jeweils angebliche
Untätigkeit des anderen geht.
»Ist mir jedenfalls egal.« Simona hat gerade die Stimmlautstärke
beträchtlich erhöht. »Mach du deine Kopien gefälligst selbst, ich habe zu tun.«
»Ich bin Chief Strategic Planner«, brüllt Stefano zurück, »ich muss
mich um andere Dinge kümmern als um Kopien.«
»Wer von uns beiden will die Unterlagen denn haben? Ich oder du?«,
gibt Simona altklug zurück.
Ich tue es ungern, aber bevor sich die Fronten verhärten, beschließe
ich einzuschreiten.
»Guten Morgen, meine Lieben«, gebe ich mich betont fröhlich, »für
wen von euch darf ich denn ein paar Kopien ziehen, bevor wir uns
zusammensetzen, um den gestrigen Tag und die nächsten Schritte für die
Napolone-Kampagne zu besprechen?«
Die beiden Kampfhunde schauen mich an, als hätte ich sie beim
Wurstklau ertappt.
»Hallo«, kommt es unbegeistert von Simona.
»Guten Morgen, Signorina«, drückt sich Stefano betont wohlerzogen
aus und funkelt Simona herausfordernd an.
»Na, Rausch ausgeschlafen?«, ziehe ich ihn auf.
»Wieso Rausch? Ich hatte eine Grippe «,
entrüstet er sich.
»Ach, wirklich? Die hast du ja erstens schnell überwunden und
zweitens hast du mir etwas anderes dazu auf der Mailbox erzählt.«
Simona feixt und duckt sich hinter ihrem Monitor.
»Habe ich das?« Stefano guckt mich ratlos an. »Du bluffst«, versucht
er seine letzte Rettung einzuleiten.
»Willst du meine Mailbox abhören?« Ich greife zu meinem Handy und
fange an, darauf herumzutippen.
»Schon gut, schon gut«, wehrt Stefano ab. »Okay, okay, hör zu.« Er
beugt sich zu mir herüber und senkt die Stimme. »Hier in der Agentur haben die
das mit der Grippe geschluckt, sogar Maria, okay?«
Simona japst durch die geschlossenen Zähne nach Luft und seufzt
tief.
»Verstehe«, ich hole tief Luft, »darf ich dich im Gegenzug bitten,
auch etwas zu verstehen ?«
Stefano kneift die Augen zusammen und mustert mich argwöhnisch. »Was
soll das sein?«
»Dass die Präsentationspappen und Mappen bei dir zu Hause liegen und
wir sie deshalb in Neapel nicht dabeihatten. Zu Marias großer Freude.«
»Aber die hattest du doch.« Stefano schaut mich entsetzt an. »Wo
sind die geblieben?«
»Ich bin überfallen worden, zwei Typen auf einem Motorroller haben
mir gleich den ganzen Koffer abgenommen.«
»Du bist überfallen worden?« Simona reißt die Augen auf. »Und ist
dir sonst nichts passiert?«
»Nee, aber der Schreck saß tief. Und überall Schmutzflecken auf
meinen Klamotten. Ich bin bei Napolone aufgelaufen, als käme ich direkt aus dem
Krieg. Maria hat fast der
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