Cappuccino fatale
vorbereitet haben
muss. Seine erste gute Tat an diesem Morgen. Ich stelle die Gasflamme aus und
gieße die Hälfte des Kaffees in Giorgios bereitstehende Lieblingstasse: ein
schwarzes Ungetüm, bedruckt mit einem weißen Hasenkopf im Profil. Die andere
Hälfte des Kaffees teile ich ungefragt mir zu.
»Dann setz aber gleich noch welchen auf«, brummt Giorgio aus dem
Off, dem bei seinem Futterneid ein solcher Diebstahl nicht entgeht.
»Ja, ich lass die Maschine nur kurz abkühlen«, erkläre ich, »die
kriege ich so heiß nicht auf.« Ich schnappe mir meine Müslischachtel, Schale,
Löffel und eine Banane und setze mich zu ihm an den Tisch.
Giorgio räumt bereitwillig seine Morgenzeitung beiseite. Er beäugt
mich angewidert, während ich eine Banane in mein Müsli quetsche und das Ganze
mit Milch überschütte.
»So was esst ihr also da oben?«, will er ungläubig wissen. »Ich sage
dir, es war ein Unglück für euch, dass die Römer die
Teutonen nicht schlagen konnten. Nun müsst ihr immer noch so schlimme Dinge zum
Frühstück essen.«
»Ich denke, das war erst danach«, gebe ich stoisch zurück. »Die
Bananen kamen erst viel später nach Deutschland. Da existierte das römische
Reich schon gar nicht mehr.«
»Hoho, ganz schön zickig ist sie heute, meine schöne Deutsche. Na,
da gnade mir Gott.« Giorgio rutscht auf seinem Küchenklappstuhl herum und
streckt heroisch die Hände in Richtung Himmel aus. »Was ist los, tesoro, Schätzchen?« Seine Stimme klingt mit einem Mal
ernst. »Ist etwas passiert? Du wirkst irgendwie durcheinander.«
Ich antworte nicht und rühre konzentriert in meinem Müsli. Wie in
einem Schnellfilm rast der gestrige Tag vor meinem geistigen Auge an mir
vorbei. Ob Paolo noch an mich denkt? Oder hat er diese Kurzromanze gestern Abend
bereits vergessen? Was machen wir jetzt aus der Sache? Eine Brieffreundschaft?
» Tesoro, dimmi! Erzähl!«, insistiert
Giorgio. Er greift über den Tisch und legt mir die Hand auf den Unterarm. »Was
ist los?«
Ich zögere. Und schlucke. »Es ist«, nuschele ich, »ich habe das
Gefühl, dass ich gestern den Mann meines Lebens getroffen habe.« Meine Augen
füllen sich mit Tränen.
Giorgio klatscht in die Hände. »Ja, aber das ist doch toll!«, ruft
er begeistert. » L ’ amore ist
das größte Geschenk, das einem vor die Füße fallen kann. Was gibt es denn da zu
jammern?«
» L ’ amore «,
wiederhole ich halb verächtlich. »Ich weiß überhaupt nichts von ihm und er
nichts von mir.«
»Aber das kann man doch ändern.« Giorgio ist bester Laune. »Wo ist
das Problem?«
»Giorgio, ich weiß nicht einmal, ob er liiert ist oder nicht. Ich
habe seine Telefonnummer nicht und er auch nicht meine.« Das stimmt nicht ganz.
Immerhin könnten wir einander im Büro anrufen.
»Aber das lässt sich doch beides herausfinden. Ich verstehe dich
nicht, ihr Deutschen findet doch sonst immer alles heraus.«
»Soll ich ihn etwa anrufen und fragen, ob er verheiratet ist, oder
was?«, gebe ich gereizt zurück.
»Na ja, vielleicht nicht so direkt, aber ein kleines Wiedersehen
kann doch nicht schaden.« Giorgio grinst mich verschmitzt an.
Ich stehe ratlos auf und mache mich an der caffettiera zu schaffen, um neuen Espresso aufzusetzen.
»Warst du denn mit ihm im Bett?«
»Giorgio, bitte! «, rufe ich zurück.
»Man wird ja wohl mal fragen dürfen«, verteidigt er sich schmollend.
»Es ist schließlich nicht deine Waschmaschine, die
immer noch voller Sägespäne ist«, holt er zum brutalen Gegenschlag aus.
»Mit Renato war ich auch nicht im Bett«,
presse ich hervor.
»Nee, das will ich mal hoffen, dass der Kerl nicht auf Holzschnitzen
schläft.« Giorgio ist bester Dinge.
Ich beschließe, die alte Geschichte mit Renato nicht weiter zu
kommentieren, fülle stattdessen Kaffeepulver in den Siebaufsatz des
Kaffeekochers und drücke ihn mit dem Löffel vorsichtig an.
»Nicht andrücken!«, tönt es vom Küchentisch zu mir herüber.
»Wie bitte?«
»Das Kaffeepulver bloß nicht andrücken!«, kommt wieder die Stimme
von hinten.
»Aber das macht man doch so.«
»Nein, nur bei den großen Maschinen, die mit mehr Druck kochen. Wenn
du das Pulver andrückst … Aah, jetzt verstehe ich endlich, warum du uns immer
so eine laue Brühe kochst. Das Wasser kommt dann doch gar nicht überall durch.«
Giorgio sitzt aufrecht in seinem Klappstuhl wie ein Oberlehrer mit gespitzten
Ohren.
Ich schütte das Kaffeepulver schwer atmend, aber gehorsam zurück in
die Dose und
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