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Cappuccino fatale

Cappuccino fatale

Titel: Cappuccino fatale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Corda
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beobachte ihn verstohlen in seinem blauen
Poloshirt, dessen oberste Knöpfe er offen gelassen hat, und mit der typisch
italienischen Sonnenbrille auf der Nase. Er sieht einfach toll aus. Als er den
Kopf zu mir dreht und mich entwaffnend anlächelt, strahle ich zurück. Ich fühle
mich selten befreit und … glücklich.
    An dem großen Platz mit dem weißen Monument, an dem ich bereits
gestern Abend vorbeigekommen bin, biegen wir in die andere Richtung ab, als ich
es am Vortag getan habe, und kommen in ein Viertel der Altstadt mit traumhaft
schönen kleinen Geschäften und Cafés. Wir plaudern, als würden wir dafür
bezahlt. Wie schon in Neapel ist Paolo ein wunderbarer Erzähler, der sich
darüber hinaus brennend für mein Leben interessiert, wie ich erfreut
feststelle.
    »Du fragst mir ja ein Loch in den Bauch«, sage ich irgendwann, als
er gerade Details aus meiner Schulzeit wissen möchte. »Ich bekomme Hunger
davon.«
    »Oh, dagegen haben die in Rom ein Mittel«, erwidert Paolo
schlagfertig und zieht mich ein paar Meter weiter in eine imbissartige
Pizzeria. Hier werden Pizzastücke auf die Hand in allen Varianten von riesigen
Pizzazungen mit Scheren abgeschnitten und nach Gewicht verkauft. Es ist die
beste und knusprigste Pizza, die ich je gegessen habe.
    Später steigen wir die Spanische Treppe hoch, auf deren glatten
Marmorstufen ich höllisch aufpassen muss, damit ich mit meinen Ledersohlen
nicht ausrutsche. Zugegebenermaßen kokettiere ich ein bisschen damit, mich fest
an Paolo zu klammern. Oben angekommen geht es weiter bergauf auf die
Aussichtsplattform des Parks der Villa Borghese. Von hier aus haben wir einen
atemberaubenden Blick über die gesamte Stadt bis zu den Bergen am Horizont. Rom
liegt uns zu Füßen.
    »Das da unten«, informiert mich Paolo, »ist die Piazza del Popolo.
Zu Zeiten der Inquisition fanden hier die Hinrichtungen Roms statt.« Während
ich noch schaudere, fährt er unbeirrt fort: »Das da hinten ist der Petersdom.
Und siehst du die runde, breite Kuppel da ganz links? Das ist das runde Dach
des Pantheons.«
    »Und was ist dieses riesige weiße Schloss dort drüben?«, will ich
wissen und deute auf das Bauwerk, an dem ich am Vorabend vorbeigestiefelt bin.
    »Die Hochzeitstorte da? Ein scheußlicher Kasten, wie ich finde, er
entstellt die ganze Stadt. Das ist der Altare della Patria. Ein Denkmal für die
Einheit Italiens«, referiert mein Begleiter.
    In diesem Moment hören wir einen lauten Knall. Paolo schaut
ungerührt auf seine Uhr.
    »Aha, es ist Punkt zwölf«, stellt er fest. »Jeden Tag um die
Mittagszeit schießen sie dort hinten auf dem Berg Gianicolo eine Kanonenkugel
ab. Schon seit über hundertfünfzig Jahren.«
    »Warum?«, will ich wissen.
    Paolo zuckt die Achseln. »Nur so«, antwortet er. »Um sicherzugehen,
dass alle Uhren Roms richtig gestellt sind. Das hat mal ein Papst so
entschieden.«
    Mein Reiseführer und ich wandern parkeinwärts zu einer kleinen Bar
in einem Pavillon, wo wir uns zu einem frühen Mittagessen getoastete Panini und
Cola kaufen und uns auf einer Parkbank in der Herbstsonne zum Picknick
niederlassen.
    Paolo hat den Arm um mich gelegt und dreht mir mit seinen Fingern
Kringel in die Haare.
    »Ich hatte am Montag befürchtet, dass wir uns vielleicht nicht
wiedersehen, so plötzlich wie du abreisen musstest«, beginnt er nachdenklich.
»Oder nur noch, um im Kreise unserer Kollegen über Espresso zu sprechen.« Er
lacht. »Und das wäre weitaus schlimmer gewesen.«
    »Ging mir genauso. Ich war froh, dass du mich angerufen hast. Ich
hätte mich kaum getraut, mich bei dir zu melden. Schließlich bist du mein Kunde
und außerdem – wir … wir kennen uns eigentlich gar nicht.«
    »Ja, das stimmt. Wir kennen uns wirklich noch nicht.« Er starrt
nachdenklich in die Luft und runzelt die Stirn. »Aber du hast es mir angetan.«
    Es klingt fast ein bisschen traurig, was mich kurz stutzen lässt.
Ich gehe nicht weiter darauf ein und fahre ihm sanft durch die vollen Locken.
    »Was ist?«
    »Mit so einem Wuschelkopf hatte ich es bisher noch nicht zu tun.«
    »Ja, die meisten Deutschen haben sehr wenige und kurze Haare«,
lästert er.
    »Wirklich?«
    »Ja, darauf musst du mal achten«, beharrt er.
    »Und ihr Neapolitaner habt alle lange Locken?«, ziehe ich ihn auf.
    »Ja, ich hab’s gerne lang«, sagt er treuherzig.
    »Da hast du ja Glück«, ich habe Mühe, ernst zu bleiben, »zu kurz
wäre nämlich auch nichts …«
    »Eh?«
    Man sieht ihm an, wie es in ihm

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