Cappuccino fatale
sichtlich belustigt fort: »Ich
kann dir allerdings sagen, was du für mich sein könntest .«
Sie macht eine kunstvolle Pause und schaut verschmitzt in unsere kleine
Kaffeerunde: »Mein Vater!«
Ich muss so losprusten, dass mir der Espresso in die Nase steigt.
Ilaria lacht ebenfalls. Ihr Gegacker ist ansteckend. Wir prusten und kichern
und halten uns die Bäuche vor Lachen. Giorgios sichtbarer Ärger, aufgrund
seines Alters Opfer eines Witzes geworden zu sein, macht die Sache nicht besser.
Ich bekomme kaum mehr Luft und presse mir eine Serviette vors Gesicht, um dem
verirrten Schluck Espresso in meiner Nase Herr zu werden.
»Seid ihr endlich fertig?«, fragt Giorgio schließlich mit leicht
empörtem Unterton, als wir zum Luftholen etwas ruhiger werden und nur noch
schwach vereinzelt nachkichern.
»Ja, bitte entschuldige, mein Lieber.« Ilaria legt ihm
beschwichtigend eine Hand auf den Unterarm, »Wir sind fertig. Aber ich nicht
mit dir«, fügt sie mit verschwörerischer Stimme hinzu und zwinkert ihm zu.
»Das ist gut so.« Giorgio hat nun wieder ein Schulbubengrinsen
aufgesetzt und bekommt zu meinem riesengroßen Erstaunen rote Ohren, als er
meinen prüfenden, von einem zum andern schielenden Blick auffängt.
Ich staune. Sollte es ernsthaft eine Frau geschafft haben, meinen
umtriebigen Vermieter …
»So!«, werde ich in meinen Gedanken unterbrochen. Ilaria trinkt
schwungvoll ihre Tasse aus und setzt sie geräuschvoll auf dem Tisch ab. »Ich
muss los.«
»Was? Jetzt schon?« Giorgio schaut verdattert auf die Küchenuhr über
der Tür.
» Yes «, bestätigt Ilaria schlicht, greift
nach ihrem Handy, das auf dem Tisch gelegen hat, schaut prüfend auf das Display
und lässt es in die Tasche ihrer Strickjacke gleiten.
»Wo musst du denn an einem Sonntagmorgen bitte schön so dringend
hin?« Giorgio scheint enttäuscht.
»Oh, Giorgino mio, das kann ich dir hier
und jetzt leider nicht sagen.« Ihr humorvoller und dennoch deutlicher Ton duldet
zweifelsohne keine Widerrede. Daher schauen wir ihr stumm zu, wie sie ihre
Handtasche unter dem Tisch hervorangelt und aufsteht.
»Heute Nachmittag hätte ich wieder Zeit für dich. Kannst mich gerne
anrufen. Aber bitte«, fügt sie beschwörend hinzu, »ruf mich auf dem telefonino an, auf dem Festnetz bin ich praktisch nie
erreichbar. Okay?«
»Okay.« Giorgio schaut trauernd auf den Teller voller frischer
Croissants und Teilchen, die jetzt unberührt stehen bleiben.
» Bene. Allora, wir sehen uns.« Ilaria
beugt sich vor und drückt Giorgio einen unerwartet zärtlichen Kuss auf den
Mund, den er entgegennimmt wie ein Neugeborenes die mütterliche Brust. Doch da
hat sich Ilaria auch schon wieder aufgerichtet, mir freundschaftlich die
Schulter getätschelt und ist durch den Flur zur Tür hinaus.
Giorgio und ich bleiben alleine mit den cornetti zurück. Er guckt mich traurig an und zuckt hilflos mit den Schultern.
»Ich sage jetzt nichts dazu«, verkünde ich. »Machst du uns noch
einen Kaffee?«
Langsam, ganz langsam näherte sich der Freitag mit dem
besagten Kundenmeeting. Ich habe Paolo in den letzten Tagen kaum gesprochen,
weil er sagte, er habe so viel zu tun und sei ständig auf Vertriebstour
unterwegs. Zwar bin ich deshalb enttäuscht, konnte mich unterdessen aber
sinnvoll ablenken. Zusammen mit Lidia habe ich die glorreiche
Vertriebsstrategie für Napolone weiter ausgearbeitet und schriftlich
festgehalten, denn Agenturchef Luigi hatte bisher nur die Grundzüge skizziert.
Die Details verstünden sich praktisch von selbst, oder hätten wir etwa nicht
die nötige Marketingkompetenz für dieses Projekt? Er gab uns noch zu verstehen,
dass er darauf zählt, das wir einen tollen Job machen und er wirklich hofft, das Projekt nicht an Trixi Pezzuto aus Team
B abgeben zu müssen.
Derart angespornt und positiv motiviert, haben Lidia und ich Tag und
Nacht gearbeitet, um zwei Dinge zu vermeiden: erstens Trixi unser Projekt
abtreten zu müssen und zweitens ab dann unweigerlich ohne Job dazustehen.
Spät am Abend vor dem Meeting klingelt mein Handy.
» Ciao, bella, ich bin’s, Paolo. Ich wollte
dir nur kurz Hallo sagen.«
»Hallo. Was für eine Ehre.« Mittlerweile gebe ich mich etwas zickig.
Ich fühle mich, als ließe er mich am ausgestreckten Arm verhungern.
»Ich wollte dir nur sagen«, fährt Paolo ungerührt fort, »dass ich
mich wahnsinnig freue, dich morgen wiederzusehen.«
»Aha.« Ich gebe mich weiterhin reserviert. »Das hast du mir in den
letzten Tagen aber
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