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Cappuccino fatale

Cappuccino fatale

Titel: Cappuccino fatale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Corda
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sie bloß?
    Sie deutet auf ihre Puschen. »Schusof.«
    Ich schaue sie ratlos an.
    » Cosa? Was?« Die Frau geht mir allmählich
auf die Nerven.
    »Sie bittet dich, deine Schuhe auszuziehen.« Renato lehnt, den Kopf
in die linke Hand gestützt, im Türrahmen, der zum Partyraum führt, und nickt
mir lässig zum Gruß zu.
    »Shoes off, please. Do you understand ?«,
grinst er mich an. Er ist ganz in Weiß gekleidet, trotz der kühlen Temperaturen
barfuß und trägt sein Hemd fast bis zum Bauchnabel aufgeknöpft.
    Ach, das war Englisch.
    »Ich soll die …« Entgeistert starre ich auf meine Füße und dann auf
Renato. »Das kann nicht dein Ernst sein.«
    »Annabella möchte es so«, entgegnet er gelassen. »Es ist ihre
Wohnung.«      
    Ich überlege kurz, noch auf dem Absatz (und nicht erst auf der
nackten Ferse) kehrtzumachen und wieder nach Hause zu gehen. Doch dafür bin ich
zu neugierig auf Renatos Feier. Außerdem: Was soll ich am Samstagabend allein
zu Hause vor mich hin leiden? Sogar mein bald siebzigjähriger Vermieter ist
ausgegangen.
    Daher schlüpfe ich ergeben aus den Schuhen und ziehe mein Geschenk
für Renato aus der Tasche: ein Buch mit dem Titel »Was die Form deiner
Fingernägel über deine Seele verrät«. Ich hielt es für passend.
    Renato bedankt sich erfreut, legt das eingepackte Geschenk auf einem
Tisch weiter hinten im Flur neben zahlreichen anderen noch ungeöffneten
Präsenten ab und führt mich zu den anderen Gästen. Wir kommen in ein großes
Wohnzimmer, in dem sich rund fünfzig nach dem letzten Schrei gekleidete
Menschen tummeln. Alle auf Socken. Die Tatsache, ohne Schuhe dazustehen,
degradiert die illustre Runde zur wohl lächerlichsten Partygesellschaft, die
ich je gesehen habe. Vielleicht wäre es besser gewesen, unten auf der Straße
stehen zu bleiben und sich vorzustellen, wie schick
es hier oben zugehen mag.
    Ein kleiner, leicht untersetzter dunkel gelockter Typ in Baggyhosen
und Leinenhemd gesellt sich (auf Socken) mit einer Flasche und ein paar Gläsern
in der Hand zu mir.
    »Einen Drink?« Er schaut mich mit seinen dunklen, treuherzigen Augen
fragend an.
    Ich stimme begeistert zu. Die erste gute Idee heute Abend.
    Der Baggytyp drückt mir zwei Gläser in die Hand und schenkt ein.
Dann stellt er die Flasche auf einer Kommode ab und nimmt mir eines der Gläser
wieder aus der Hand.
    »Auf einen tollen Abend. Ich heiße übrigens Eduardo.«
    »Ich bin Nina.« Das mit dem tollen Abend verkneife ich mir lieber
erst mal. Ich nehme einen großen Schluck von dem Drink – und muss mich zügeln,
ihn nicht angewidert in den Raum zu prusten. Stattdessen drehe ich mich, so
schnell ich kann, zur Seite und spucke die süße Brühe zurück ins Glas.
    »Bah, was ist das denn?«, frage ich.
    »Alkoholfreier Prosecco. Schmeckt er dir denn nicht?« Baggy-Eduardo
schaut mich gutmütig an.
    Nicht schon wieder! Ich hätte es ahnen müssen. »Das Zeug ist
widerlich. Warum bringst du mir denn so etwas?«
    »Etwas anderes gibt es heute Abend nicht«, klärt Eduardo mich auf.
»Dies hier ist eine alkoholfreie Party. Annabella möchte es so.«
    Den Satz habe ich doch gerade schon mal gehört. Das kann ja heiter
werden. Nicht nur, dass wir hier alle wie Witzfiguren ohne Schuhe herumstehen –
wir können uns den Kummer darüber noch nicht einmal wegtrinken.
    »Und warum nicht?«, entgegne ich ermattet.
    »Annabella möchte keinen Alkohol in ihrer Wohnung.«
    »Ach, und Schuhe auch nicht?«
    »Nein, sie will nicht, dass die schlechten Energien von der Straße
in ihre Wohnung getragen werden.«
    »Wie wär’s mit Putzen, wenn die Gäste wieder weg sind?«
    »Darum geht es doch gar nicht«, lächelt mich Eduardo mitleidig an,
»einen guten spirit in deiner Wohnung kannst du doch
nicht einfach herbeiputzen. So etwas ist echte spirituelle Arbeit. Das kann Wochen,
ja Monate dauern. Manche müssen sogar einen Guru dafür in ihre Wohnung bitten,
der für positive Energien in den Räumen sorgt. Das können schon ein paar
Sitzungen werden, bis alles im Fluss ist.«
    Ach so, ich verstehe. Noch so einer von der Pranasorte.
    Ich tue verständnisvoll, als gehöre das Buchen von Gurus für meine
Wohnung zu meinen täglichen Übungen, und schaue mich heimlich suchend um.
    Irre. Immer noch halte ich nämlich mein vollgespucktes Glas in der
Hand, dessen ich mich gerne entledigen würde, und suche nach einem geeigneten
unauffälligen Versteck.
    »Wer bist du denn in deinen vorherigen Leben gewesen?«, höre ich

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