Captain Future 1 Der Sternenkaiser
seinem künstlichen Gehör aufgefangen hatte – ein dumpfes Pochen, das aus den dunklen Dschungeln nordwestlich der Stadt kam und das er eher spürte denn hörte. Es schien in einem gleichmäßigen, wuchtigen Rhythmus direkt aus dem Boden unter ihren Füßen aufzusteigen.
»Das sind jovianische Erdtrommeln«, schnarrte Simon Wright.
Curt nickte angespannt. »Kein Zweifel. Sie befinden sich irgendwo nordwestlich der Stadt.«
Captain Future hatte diese Erdtrommeln schon früher einmal gehört – es waren geheimnisvolle Instrumente, mit denen die jovianischen Eingeborenen eine Bodenvibration erzeugten, die man über große Entfernungen spüren konnte.
»Das bedeutet Ärger, mein Junge«, sagte das Gehirn barsch. »Normalerweise benutzen die Jovianer ihre Erdtrommeln nicht dort, wo sie von Menschen gehört werden können.«
»Ich werde in die Stadt gehen und Ezra Gurney, den Marschall der Planetenpolizei, ausfindig machen«, erklärte Curt dem Gehirn. »Du solltest hier bleiben und an einem Heilmittel gegen die Atavismusseuche arbeiten, Simon.«
»In Ordnung«, schnarrte das Gehirn.
»Darf ich dieses Mal mit dir gehen, Herr?«, fragte Grag hoffnungsvoll.
»Nein, Grag, in der Stadt würdest du zu sehr auffallen«, erklärte Captain Future dem gewaltigen Roboter. »Ich werde dich rufen, wenn ich dich brauche.«
Dann marschierte Curt über die dunklen Felder in Richtung Stadt. Die beiden Monde blickten hinunter auf seine große Gestalt, und das zitternde, purpurfarbene Gleißen des Himmels ließ sein kühnes Gesicht rötlich erscheinen.
*
Curt betrat die Hauptstraße von Jungletown, eine enge, ungepflasterte Straße, die von hastig errichteten Gebäuden aus Metall gesäumt war. Spiellokale, Kneipen und billige Herbergen wurden vom hellen Schein der Uranitglühbirnen erleuchtet. Aus vielen Türen dröhnte Musik, und ein babylonisches Sprachgewirr betäubte die Ohren.
Captain Future drängte sich durch die laute, wild zusammengewürfelte Menge. Hier gab es kräftige Prospektoren in schmutzigen Overalls, unrasierte Weltraumgammler, die auf den Straßen bettelten, interplanetare Glückspieler mit berechnendem Blick, hagere Ingenieure in hohen Stiefeln mit Strahlenpistolen am Gürtel und braungebrannte Raumfahrer, die aus Jovopolis hergekommen waren, um es sich in der aufregendsten neuen Grenzstadt des Systems gutgehen zu lassen.
Curt konnte nur wenige der grünhäutigen Jovianer entdecken. Die Eingeborenen machten kein Aufheben davon, wenn sie von betrunkenen Erdenmenschen angerempelt wurden, doch ihr Schweigen wirkte sonderbar unheilvoll.
»Wer möchte einen saturnischen ›Brabbler‹ kaufen?«, rief ein kräftiger Raumfahrer, auf dessen Schulter ein eulenartiger Vogel saß.
»Wer möchte einen saturnischen ›Brabbler‹ kaufen?«, wiederholte der Vogel, wobei er die Stimme seines Besitzers perfekt nachahmte.
»Die größte Bar auf dem ganzen Jupiter!«, dröhnte es aus einem Televisor, der vor einer voll besetzten Kneipe angebracht war. »Marsianischer Goldwein, merkurisches Traumwasser – hier gibt es Spezialitäten von allen Planeten zu kaufen!«
Als Curt an einem Spiellokal vorbeischritt, aus dem das laute Klicken von »Quantenrädern« erklang, griff jemand nach seiner Hand. Es war ein schlanker, rothäutiger Marsianer, dessen Atem stark nach jovianischem Brandy roch und der sich mit schriller, hoher Stimme an Curt wandte.
»Helfen Sie mir, Erdling!«, flehte er. »Ich sitze seit einem Jahr hier fest und wünsche mir nichts mehr, als zu meiner Familie auf dem Mars zurückzukehren.«
Curt grinste verschmitzt.
»Du hältst dich höchstens seit einem Monat auf dem Jupiter auf, sonst wäre deine Haut längst ausgebleicht. Und du hast auch keine Familie, denn du gehörst zum Stamm der Syrtis, die ihre Kinder von der Gemeinschaft großziehen lassen. Aber hier hast du etwas Kleingeld für einen Drink.«
Verblüfft schnappte sich der Marsianer die Münze und stolperte eilig davon.
Curt kam an einer Kneipe vorbei, aus der wilde, wirbelnde Musik drang, deren Takt vom pulsierenden venusianischen Doppelrhythmus vorgegeben wurde, als er plötzlich aus dem Inneren lautes Getöse hörte.
»Marschall oder kein Marschall – Sie haben nicht das Recht, einem Jon Daumer vorzuschreiben, was er zu tun hat!«, brüllte ein Erdenmensch.
»Ich sage es Ihnen jetzt, und ich werde es nicht noch einmal wiederholen«, entgegnete jemand mit eiskalter Stimme. »Sie und ihre Freunde werden diese Stadt verlassen –
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