Caras Gabe
genug dafür, dass er gezwungen ist, in dieser Hinsicht gegen dich zu arbeiten.“
Eine Welle der Enttäuschung überkam mich. Ich wollte wütend aufspringen, doch dann kam mir ein Gedanke. „Er hat es dir verboten?“, fragte ich nach. „Aber du hast ihm nichts versprochen? Nur ein Verbot?“
Rosanas Augen leuchteten. „Stimmt genau.“ Sie zwinkerte, doch dann wurde sie schlagartig ernst. „Über den Ausgang der Prophezeiung kann ich dir leider nichts sagen. Aber über den Erschaffer der Lichtträger.“
Erste Schneeflocken rieselten aus den Wolken auf uns hinab. Rosana hob den Blick zum Himmel. „Marmon war einst ein Heiler wie ich“, begann sie und seufzte. „Ich kann nicht sagen, ob seine Absichten zu Anfang edel waren, am Ende waren sie es jedenfalls nicht. All das Wissen, das er zum Heilen verwenden könnte, hat er genutzt, um den ersten Lichtträger zu erschaffen. Seinen eigenen Sohn hat er für dieses Experiment missbraucht und wer weiß wie viele Kinder vor ihm. Er hat große Macht über alle Formen von Glas. Man sagt, er könne damit alles sehen, was vom Licht der Sonne erreicht wird. Die Varuh sind die einzigen, die sich seiner Macht entziehen. Marmon lebt in einer Zitadelle in den Bergen. Ich habe Gerüchte unter den Heilern gehört, dass er seine eigene Festung nicht verlassen kann, aber ich weiß nicht, ob das wirklich der Wahrheit entspricht.“
„Mir ist er in diesem seltsamen Wald begegnet“, gab ich zu bedenken, „und da schien er sehr real.“
Rosana nickte langsam, sagte jedoch nichts dazu. Sie sah sehr nachdenklich aus. Schließlich stand sie auf und klopfte sich Schneeflocken aus Haar und Kleidung. „Ich sollte zurückgehen“, sagte sie entschuldigend.
Ich erhob mich ebenfalls. Mein Blick fiel auf den Wulf Rien und die Burg, die aus seinem Stein gemeißelt über der Stadt thronte.
„Wie steht es um den Fürsten und seine Rebellion?“
Rosana trat neben mich und folgte meinem Blick. „Das ganze Land ist in Aufruhr. Überall formiert sich der Widerstand gegen die Lichtträger. Die Fürsten scharen freiwillige Rekruten um sich und lassen alles Eisen, was sich finden lässt, zu Waffen schmieden. Noch nie haben so viele Scheiterhaufen die Nächte erhellt.“ Ihre Hand kam auf meiner Schulter zum Liegen. „In den Ebenen um Wulfriens Tor wird die entscheidende Schlacht geschlagen werden. Doch ob wir eine Chance gegen die Lichtträger haben, hängt ganz von dir ab.“
Die Kälte der Nacht fraß sich durch meine Knochen. Ich senkte den Blick auf meine Stiefelspitzen. „Danke, Rosana. Für alles.“
Sie klopfte mir auf die Schulter und grinste. „Ach, dafür nicht.“ Dann ergriff sie meine Hand und zog mich hinter sich her. Neben der Tür zum Hospital war Lurian erschienen. Vor unseren Augen verwandelte er sich vom blassen Mann mit krummer Nase in seine Engelsgestalt. Flackernd und glitzernd nahmen seine Schwingen hinter ihm Form an.
„Bringst du mich zu Arun?“, fragte ich ihn.
Lurian seufzte. „Deshalb bin ich hier.“
Sowanje und Ghalla waren nicht im Haus, als ich zurückkehrte. Arun lag ausgestreckt vor dem Kamin. Er hatte die Arme hinterm Kopf verschränkt und starrte an die Decke. Still trat ich ein und legte mich neben ihn. Mit meinem Ohr auf seiner Brust lauschte ich seinem steten Herzschlag.
Es war wunderbar warm in der Hütte und es roch nach Tannenharz und frischem Brot. Langsam, aber sicher legte sich eine wohlige Schwere über meine Glieder. Ich hätte ewig so liegen können, doch Arun regte sich.
„Sowanje sagte mir, du warst bei Rosana?“, fragte er.
Ich konnte seine Stimme durch seinen Brustkorb spüren und strich mit der Hand über seine Rippen. „Hmmm“, machte ich verträumt und schloss die Augen. „Ich wollte mehr über Marmon erfahren.“
Arun setzte sich abrupt auf und ich war gezwungen, ihm zu folgen.
„Warum hast du nicht mich gefragt?“ Er klang verletzt, beinahe beleidigt.
Verlegen senkte ich den Kopf und betrachtete das kunstvoll geknüpfte Muster des Teppichs, auf dem wir saßen. „Ich wollte dir nicht die falschen Fragen stellen“, erklärte ich dem Teppich.
Arun legte seine Finger unter mein Kinn und hob meinen Kopf an. Er wusste, wovon ich sprach, denn ich sah es in seinen Augen. Ohne ein weiteres Wort lehnte er sich vor.
Seine Lippen streiften die meinen und trotz der Wärme durchlief mich ein Schauer. Seine Fingerspitzen fuhren meinen Kiefer entlang, den Hals hinab. Arun legte seine Hand um meinen Nacken, zog mich zu
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