Caras Gabe
einzige, was ich schaffte, war, mir einen Muskel in der Schulter zu zerren. Keuchend und fluchend gab ich schließlich auf. Schmieriges Blut lief an meinen Händen hinab und sickerte auf den Boden.
Ein paar Mal erwog ich um Hilfe zu rufen, verwarf den Gedanken jedoch. Auch wenn mich jemand hörte, würde niemand es wagen, mich zu befreien.
Ratten krochen aus ihren Verstecken und krabbelten über meine Füße, meinen Bauch, über meine Hände. Es tat zu sehr weh, sie zu vertreiben. An meinem Nacken spürte ich etwas, das nur die tasteten Beine einer haarigen Spinne sein konnten. Ich presste die Lippen aufeinander und atmete ruhig weiter. Eigentlich schreckten mich solche Tiere nicht, doch gefesselt, unter den Dielen eines Hauses, waren sie mir auch nicht gerade willkommen.
Das Brüllen des Biestes war nicht mehr erklungen. Ich verdrehte den Kopf, konnte jedoch nichts hören außer meinen eigenen Atem, das Scharren und Quieken der Ratten oder das Knistern des Feuers im Raum über mir. Ich schloss die Augen, ließ den Kopf hängen, versuchte nicht an das Brennen in meinen Handgelenken zu denken und lauschte.
Ein leichter Wind streifte meinen Nacken. Wind? Ich schreckte auf. Da war etwas hinter meinem Rücken.
„Still.“
Ein erleichterter Ausruf entfuhr mir. Es waren Aruns Hände, die meine Stricke lösten. Seine Lippen streiften meinen Hals, die Fesseln fielen von mir ab und dann hockte er vor mir und hielt meine Hände in seinen.
„Geht es dir gut, Cara?“
Ich biss mir auf die Unterlippe, um nicht vor Freude loszuheulen. „Klar“, presste ich hervor. „Lass uns verschwinden.“
Arun ließ meine Hände los und stemmte das Brett über uns mit einer Hand zurück. Es protestierte lautstark, doch dann gab es nach und brach. Er riss ein zweites heraus und erhob sich.
Ich stieg aus dem Loch und grinste ihn trotz meiner Erschöpfung und Schmerzen an. „Sehr geschickt“, sagte ich und nickte zu dem zerstörten Holz.
Ein Muskel in seinem Gesicht zuckte. „Ich sollte das ganze Haus einreißen.“
„Wie hast du es geschafft, ins Dorf zu kommen?“, fragte ich schnell, bevor mir der Gedanke des zerstörten Hauses zu sehr gefiel. „Die Priester haben behauptet, dass kein Dämon das Dorf betreten kann.“
Arun lächelte gefährlich. „Ja.“
„Arun“, drängte ich. Das war keine Erklärung gewesen.
Unter seinem Umhang zuckte er mit den Schultern. „Nichts kann mich abhalten. Nur verwirren.“ Er griff nach meiner Hand. „Wir müssen weg.“ Damit zog er mich hinter sich her aus dem Dorf und in die Nacht.
Es dauerte eine Weile, bis ich begriff, dass er mich nicht in den Wald lotste, sondern um das Dorf herum. Das Haus meiner Mutter tauchte vor uns auf. Licht brannte in den unteren Räumen. Ich ließ Aruns Hand los und schlich näher heran.
Durch ein Fenster sah ich meine Mutter in der Wohnstube neben dem Kamin stehen. Sie hatte die Lehne eines Stuhles umklammert und hielt das schwere Objekt vor sich, als müsse sie sich gegen etwas schützen.
Ich pirschte noch näher heran. Arun folgte mir lautlos wie ein Schatten.
„Wo ist sie?“ Bardorack!
Ich gelangte an das Fenster und spähte hindurch. Der verdammte Priester ragte drohend vor meiner Mutter auf. Mit wutverzerrtem Gesicht stürmte er auf sie zu und schleuderte den Stuhl zur Seite. Arane wich mit einem leisen Schrei zurück, doch ein Fausthieb erwischte sie am Arm.
„Wo ist deine Tochter?“, schrie Bardorack und schlug erneut zu.
Abwehrend hob Arane die Arme. „Ich weiß es nicht“, rief sie kläglich. „Ich schwöre, ich weiß es nicht.“
Bardorack wischte ihre Hände beiseite und stieß sie grob vor die Brust. Sie taumelte rückwärts und fiel. „Nicht“, wimmerte sie, doch Bardorack war schon wieder über ihr.
Ich war so erschrocken, dass ich mich nicht rühren konnte. Die Verletzungen, die meine Mutter zuvor gehabt hatte, mussten auch von Bardorack stammen. Meura hatte gesagt, dass Bardorack die Scheunentür geöffnet hatte und die Male am Hals meiner Mutter waren rußverschmiert gewesen. Langsam ließ der Schock nach und ich erlebte einen Moment, in dem ich mich vollkommen hilflos fühlte. Machtlos und erschrocken darüber, dass meiner Mutter direkt vor meinen Augen Leid geschah. Wie konnte er es wagen!
Ich sprang auf, bereit, dem Priester selbst die Fäuste in den Leib zu schmettern.
Aruns Arme umfingen mich wie ein Schraubstock. Ich trat wild um mich und versuchte sein Gesicht mit meinem Hinterkopf zu erwischen. „Lass
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