Caras Gabe
„Ich werde versuchen die Alten aufzuspüren. Nur sie wissen, wie das zerbrechliche Material zu einem Schwert geschmiedet werden kann.“
Mein Blick ging zu Arun. Sein Umhang verbarg ihn in der Dunkelheit bei der Tür, doch ich konnte sehen, wie er den Kopf zustimmend neigte.
„In Ordnung.“ Ich stellte die Kiste auf dem Tisch ab und hob den Deckel an. Tausend glitzernde Funken sprangen mir entgegen und beleuchteten den Raum mit farbenfrohen Lichtpunkten. Ich konnte das Glas förmlich flüstern und knistern hören. Ganz unten am Boden flackerte das grünliche Irrlicht. Vorsichtig griff ich in die Kiste und zog eine kleine Scherbe über den Rand.
„Mach schnell“, drängte Rosana. „Das Irrlicht reicht nicht sehr weit.“
Ich ließ die Scherbe in ihre offene Hand fallen und klappte den Deckel zu. Rosana wirbelte herum und warf das Stück Glas in den Kessel. Zischend wurde es aufgenommen und sank hinab.
Rosana ergriff mein Handgelenk und zog mich an den Kessel.
„Was hast du vor?“, fragte ich nervös.
Rosana zwinkerte mir zu. „Keine Angst. Es ist nicht so heiß, wie es aussieht.“
Eine Blase blähte sich in der dunklen Brühe, platzte auf und schickte einen übel duftenden Dampf in die Luft. Ich rümpfte die Nase. „Wenn du es sagst“, meinte ich trocken. „Aber was hast du –?“
Rosana grinste. Ohne Vorwarnung tunkte sie meine Hand in die ölige Brühe. Schmerz schoss durch meinen Arm. Ich schrie auf und zog ihn zurück. Keuchend presste ich ihn an den Körper. Es fühlte sich an, als würde eine Horde Feuerameisen unter meiner Haut wüten. Vor Schmerz schossen mir die Tränen in die Augen.
Ich spürte, wie Arun einen Arm um mich legte. Bei seiner Berührung breitete sich eine angenehme Kühle in meinem Körper aus. Der Schmerz begann zu erlöschen. Erleichtert atmete ich auf und lehnte mich an Arun. In meiner Hand juckte und kribbelte es. Ich hob sie vor meine Augen – und schrie auf.
Tintenschwarze Linien formten sich auf meiner Haut, krochen darüber wie schlangenartige Wesen, erloschen und formten sich neu.
„Was ist das?“, flüsterte ich heiser.
Arun legte seine Hand an meinen Nacken. Das Gefühl war seltsam beruhigend und ich entspannte mich ein wenig.
„Es ist eine Karte“, sagte er. „Sieh hin.“
Tatsächlich erkannte ich in den schwarzen Linien die Umrisse des Landes. „Moorwin“, flüsterte ich. Die Linien verblassten, neue traten hervor. Auf meiner Haut kitzelte es, als würde jemand mit einer Feder darüber streichen.
„Das ist der Süden von Warash“, sagte Arun neben mir. Mittlerweile hielt er meine Hand in seiner und schaute konzentriert darauf. Ich konnte nicht anders als an die warnenden Worte der Priester zu denken, was Hexenwerk und Dämonen anging. Ein mulmiges Gefühl sammelte sich in meinem Magen, als die schwarzen Zeichen ein weiteres Mal verblassten, um neu zu entstehen.
Ich sah weite Ebenen, mit vereinzelten krummen Bäumen. Schroffe Felsen und einen windgebeugten Wald. Schließlich blutete das Schwarz über meine gesamte Handfläche. Erschrocken sog ich die Luft ein, da sickerte es auch schon aus meinen Fingern und tropfte zu Boden.
Rosana stand bereit und fing es in einer Tonschale auf. „In diesem Wald verbergen sich die Alten. Hast du die Gegend erkannt?“, fragte sie an Arun gerichtet.
Er strich mit dem Daumen über meinen Handrücken und schien zu überlegen. „Da war eine Felsformation … nahe diesem geduckten Wald.“ Er schaute auf. „Schwer zu finden“, murmelte er.
Ich fühlte ein seltsames Ziehen in der Brust, als er meine Hand losließ und seinen Blick auf etwas richtete, das nur er sehen konnte. „Aber nicht unmöglich.“
„Was passiert mit dem Rest?“, fragte ich mit einer Kopfbewegung auf den Kessel. Mehr, um die unangenehme Stille zu füllen, die sich über den Raum gelegt hatte, als aus Interesse.
Rosana strahlte. „Das ist unser Abendessen.“
Ich glotzte sie entsetzt an.
Ihr ungestümes Lachen war wie Glockengeläut. Sie klopfte mir auf den Rücken und wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel. „Nein, nein, Cara. Das schmeiße ich weg.“ Noch immer lachend schüttete sie den Teil, der aus meinen Fingern gelaufen war, zurück in den Kessel. „Das Zeug ist ungenießbar. Würde ich nicht mal meinen schlimmsten Feinden vorsetzen. Fehr, hilfst du mir?“
Der Bote erhob sich und griff nach dem schweren Behälter.
„Aus der Küchentür“, wies Rosana ihn an.
Ich starrte noch immer auf meinen Handrücken,
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