Caras Schatten
Jeans und eng anliegenden Tops kommen würden. Das war auch der Grund, weshalb ihre ganz private Schuluniform aus Stoffhose und T-Shirt bestand. »Na ja, ich hatte eben keine Ahnung. Ich war nur eine kleine dumme Highschool-Anfängerin.«
Zoe nickte. Ihre Augen leuchteten in der Dunkelheit wie die einer Katze.
»Ich habe diesen Typen, Marc Simons, gefragt, ob er mit mir tanzen will. Den fand ich total süß – er trug immer eine Lederjacke.«
»Ohhh, Mr Obercool!«, sagte Zoe lachend.
»Ich weiß, aber ich fand’s irgendwie toll. Ich hab ihn also gefragt, ob er tanzen will, und er sagt: ›Nein.‹ Einfach so, vor allen Leuten.« Caras Finger krallten sich in die Dachschindeln.
»Was für ein Arsch!« Zoe schüttelte den Kopf.
»Jedenfalls haben Alexis und Sydney das Ganze mitbekommen. Das nächste halbe Jahr sind sie mir ständig hinterhergerannt und haben mich Mrs Simons genannt und gefragt, ob Marc schon angerufen hätte.« Sie zuckte mit den Schultern. »Und es nimmt einfach kein Ende. Sie posten ständig irgendwelchen Schund über mich auf Facebook oder rufen mit verstellter Stimme hier an. Im Ernst, ich hab mich fast schon dran gewöhnt. Ich habe mich sogar dran gewöhnt, dass Alexis mit Ethan zusammen ist.« Doch noch während sie die Worte aussprach, wurde ihr bewusst, dass es nicht stimmte. Zoe drückte ihr Knie.
»Schlampen«, kommentierte sie mit einer wegwerfenden Handbewegung. »Arrogante Schlampen.«
Cara grinste. Sie veränderte ihre Sitzposition auf den rauen Schindeln. Unter ihnen wurde die Party immer lauter. Sie hörten ein Geräusch von brechendem Glas und dann einen Platscher. »Maren ist im Pool!«, rief irgendjemand.
»Gott, das mit Ethan und Alexis ist echt beschissen.« Zoe sog nachdenklich die Wangen ein. »Wenn die beiden sich doch nur trennen würden. Vielleicht können wir ihnen dabei ein bisschen auf die Sprünge helfen …«
Cara schnaubte. »Ja, genau. Und danach arbeiten wir an meiner Kampagne für die Präsidentenwahl.«
In diesem Moment rief jemand von der Terrasse aus: »Würger!« Cara verspürte einen Anflug von Panik. Sie sah sich um, in der Befürchtung, die Mädels hätten sie erspäht. Doch sie saßen nach wie vor auf ihren Liegestühlen und beobachteten Sydney, die auf der Terrasse herumtorkelte, mit beiden Händen ihren Hals umklammerte und wild die Augen verdrehte.
»Und so hat sie sich angehört!«, rief Sydney und gab eine Reihe würgender und kotzender Geräusche von sich – wie ein Kalb, dem man die Kehle aufschlitzt. Die anderen brachen in hysterisches Gelächter aus. Alexis bekam vor lauter Schnauben Wodka in die Nase und musste sich von jemandem auf den Rücken klopfen lassen.
Cara und Zoe beobachteten die Szene schweigend. Sydney taumelte noch ein paar Minuten im Kreis, ehe sie sich in einen der Liegestühle fallen ließ. »He, wisst ihr noch, wie sie damals auf dem Flur geheult hat, nur weil sie ihren Spind nicht aufbekam?«, rief sie. Sydneys Stimme klang so deutlich, als würde sie neben ihnen auf dem Dach sitzen. Die anderen kicherten pflichtbewusst. Cara starrte die Bäume auf der gegenüberliegenden Straßenseite an. Sie konnte sich noch ganz genau daran erinnern. Das war ebenfalls in ihrem ersten Highschooljahr gewesen.
Unten mischte sich Marens lallende Stimme in die Unterhaltung ein. »Oder als sie beim Volleyball mal Nasenbluten bekommen hat und von ihrer Mutter abgeholt werden musste …«
Caras Handflächen schwitzten. Sie wagte nicht, Zoe anzusehen.
Dann fühlte sie plötzlich eine weiche Hand auf ihrer Schulter. »Du musst echt ’ne schlimme Zeit hinter dir haben«, sagte Zoe sanft.
»Grauenhaft«, gab Cara seufzend zu. »Als wir beide noch klein waren und meine Eltern nie Zeit für mich hatten, da warst du wenigstens für mich da. Und nach unserem Umzug haben sie sich anfangs richtig viel Zeit genommen, das war toll. Aber natürlich hat es nicht lange angehalten. Es war fast so, als hätten sie irgendwann keine Lust mehr auf mich gehabt oder so. Jetzt arbeiten sie wieder rund um die Uhr. Ehrlich gesagt … ich bin total allein.« Es tat unheimlich gut, einmal jemandem die Wahrheit zu sagen – als hätte sie zu lange den Atem angehalten und könnte nun endlich, endlich wieder frei atmen.
»Du warst allein«, widersprach ihr Zoe. Sie drückte Caras Hand. »Jetzt bin ich ja da.«
Unten klingelte ein Handy, und Sydney griff danach. »Oh mein Gott, es ist Jack!«, quiekte sie.
»Warum sollte er dich anrufen?«, fragte Alexis
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