Caras Schatten
Ethan. »Ich konnte mich sogar noch an ihn erinnern. Ich glaube, gegen den bin ich letztes Jahr auch gelaufen. Er ist früher auf die Country Day gegangen.«
»Anscheinend verfolgt er dich«, sagte Cara mit einem Grinsen. Sie wusste nicht, was plötzlich in sie gefahren war, aber sie fühlte sich kein bisschen unwohl. Vielleicht war es die schwüle Luft, die ihre Muskeln entspannte. Die gesamte Highschool sollte eine Sauna sein.
Ethan nickte grinsend. »Echt wahr. Nur Pech, dass ich ihn schon wieder geschlagen habe.« Ethan trug ein Gummiband am Arm – Cara konnte den Blick nicht davon abwenden. Sein Gesicht wurde ernst. »Ach, übrigens, Sydney hat doch bei dir nebenan gewohnt, oder?«
»Ja«, sagte sie zögerlich. Sie fragte sich, wo dieses Thema wohl hinführen würde.
»Hast du sie gesehen … ich meine, in der Nacht?«
Cara sah Sydneys lachendes Gesicht vor sich, während sie betrunken um den Pool stolperte. Ihre weißen Jeans, die im Wasser trieben. Ein Teil von Cara wollte darüber reden, doch sie wusste nicht, wie sie es Ethan erzählen sollte, ohne ihm zu verraten, dass sie die ganze Szene beobachtet hatte. »Nein. Ich war früh im Bett.«
Er nickte. »Hätte ja sein können. Alexis ist immer noch völlig fertig.«
Cara erstarrte, als er Alexis’ Namen nannte, doch Ethan schien nichts zu bemerken. Er kramte in seiner Sporttasche. Dann stand er auf und warf sich seine Spikes über die Schulter. »Ich muss noch diesen Geschichtstext über Europa zu Ende lesen, den wir gestern aufbekommen haben. Irgendwie brauche ich ewig dafür.«
»Ja, ging mir auch so«, log Cara. Sie hatte den Text gestern in einer Stunde abgehandelt, während Zoe neben ihr auf dem Bett saß und sich die Fußnägel knallgrün lackierte.
Ethan drehte sich noch einmal um, die Hand an der Türklinke. »War nett mit dir zu quatschen, Cara. Du bist beim Training immer so still.«
Sie spürte, wie sie knallrot wurde. »Ja, das ist sozusagen mein Normalzustand.«
Ethan grinste. »Bis später. Übrigens, deine neue Frisur sieht echt gut aus«, rief er ihr im Hinausgehen zu, bevor sich die Tür hinter ihm schloss.
Cara ließ sich rückwärts auf die Matte fallen, die Hände über ihrem donnernden Herzen verschlungen. Sie blieb circa zehn Minuten so liegen und wartete darauf, dass sich ihr Körper erholte. »Oh Gott«, sagte sie zu den Deckenplatten. Sie hatte eine echte Unterhaltung mit Ethan Gray geführt – und er hatte sie in ihrem Sport- BH gesehen – und er hatte ihr zwei Komplimente gemacht.
Cara erhob sich von der Matte und ging mit wackeligen Beinen zur Dusche. Als Nächstes würde vermutlich George Clooney anrufen und ihr einen Heiratsantrag machen.
Als Cara die Cafeteria betrat, schüttelte sie sich zum zwanzigsten Mal das Haar auf. Von drinnen schlug ihr lautstarkes Geplapper entgegen, doch statt des flauen Gefühls, das sich für gewöhnlich in ihrer Magengrube breitmachte, spürte sie nur die prickelnden Nachwirkungen ihrer morgendlichen Begegnung mit Ethan.
»Cooles Shirt, Cara«, sagte jemand hinter ihr. Sie drehte sich um und entdeckte Sarit, die etwas in der Hand hielt, das aussah wie ein langer, in Alufolie gewickelter Staffelstab.
»Danke!« Cara strahlte und zupfte sich den eng anliegenden Saum ihres Oberteils zurecht. Sarit war nun schon die Dritte, die ihren neuen Look bemerkte. In Englisch hatte ihr ein Mädchen, das sie nicht einmal kannte, verkündet, dass sie ihre Schuhe toll fände. »Sag mal, was ist das denn?« Cara deutete auf den Alustab.
»Oh.« Sarit schien ein wenig verlegen. »Ein Dosa. Das ist so was wie ein Pfannkuchen. Meine Mutter hat den gemacht. Übrigens, super Finish gestern.« Sarit redete weiter, während sie die Cafeteria durchquerten. Wie echte Freunde . Oh Gott, das war echt erbärmlich. Aber Cara konnte einfach nicht anders. Sie spürte das dicke, fette Grinsen, das sich auf ihrem Gesicht ausbreitete.
»Aber ich hab doch nicht mal gewonnen«, wehrte Cara bescheiden ab. Sie stellten sich an der Essensausgabe an. Cara nahm ein Tablett vom Stapel und griff nach einem Erdnussbutter-Sandwich und einem Schälchen Apfelmus. Sie hielt sich vorsichtshalber von allem fern, woran man sich verschlucken konnte. Das war das Einzige, was ihre Glückssträhne heute hätte zerstören können.
»Ja, aber dieses eine Mädel war ’ne echte Amazone«, gab Sarit zurück. »Wir konnten alle gar nicht glauben, dass du gegen die laufen solltest. Ich sag dir, die war entweder so um die
Weitere Kostenlose Bücher