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Caras Schatten

Caras Schatten

Titel: Caras Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Woods
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hellblauen Augen direkt in ihre. Cara hatte das Gefühl, einen Herzinfarkt zu bekommen. Sie zwang sich, die Tasse fest zu umklammern. Ethan lehnte sich gegen die Arbeitsplatte und kippte die Hälfte seines Tees in einem einzigen Schluck herunter. »Leichenschmaus. Ist irgendwie ’ne seltsame Tradition, oder?«
    Cara lächelte ein wenig. »Ja, irgendwie schon. Aber ich glaube, im Moment will einfach niemand allein sein.« Sie warf einen Blick in das überfüllte Wohnzimmer. »Ich kenne kaum jemanden hier.«
    Ethan schüttelte den Kopf. »Ich auch nicht. Eigentlich hasse ich Partys.«
    » Du? « Cara konnte sich den Ausruf nicht verkneifen. »Du wirkst immer so …« Sie suchte nach einem Wort. »… gesellig«, beendete sie ihren Satz lahm.
    Ethan zog die Augenbrauen hoch. »Ehrlich? Ist ja verrückt. Ich habe immer das Gefühl, mich nur in dieser winzigen Seifenblase von Freunden zu bewegen. Ich hänge selten mit anderen Leuten ab als mit meinen Freunden und Alexis …« Er verstummte. Dann räusperte er sich.
    Cara verlagerte ihr Gewicht. Ihr wurde plötzlich bewusst, wie nah sie beieinanderstanden. »Warum hasst du Partys?«
    Ethan kippte den Rest seines Eistees herunter. »Vermutlich, weil ich früher mal dick war.« Seine Stimme klang gedämpft, und sein Gesicht war zur Hälfte hinter der Tasse verborgen.
    »Was?« Cara glaubte, sich verhört zu haben – oder dass er vielleicht einen Witz machte.
    Ethan ließ die Tasse sinken. Ein schräges Grinsen hatte sich über seinen Mund gebreitet. »Weißt du etwa nicht, dass ich in der Mittelstufe der kleine fette Außenseiter war?«
    Cara schüttelte den Kopf.
    »Mann, ich war echt ein Koloss!« Ethan holte sein Portemonnaie aus der Gesäßtasche. Er klappte es auf und zog ein knittriges Foto hinter seinem Führerschein hervor. Cara musterte das Bild. Ein deutlich jüngerer und deutlich dickerer Ethan stand schüchtern vor dem Grand Canyon, umgeben von diversen Familienmitgliedern, die allesamt in die Sonne blinzelten.
    »So schlimm war’s doch gar nicht.« Sie gab ihm das Foto zurück, und er steckte es weg.
    »Ich habe die Hemden meines Vaters getragen, damit mein Bauch nicht so auffällt.« Ethan trommelte mit den Fingern auf die Arbeitsplatte. Seine Ohren waren hochrot angelaufen. »Jedenfalls war ich mit Abstand der einsamste Junge in der fünften Klasse. Ich hatte keinen einzigen Freund.« Er ließ seine Stimme bewusst gleichgültig klingen.
    Cara verspürte plötzlich eine Welle von Mitgefühl. Sie wollte seine Hand nehmen, die schlaff herabhing, um sie zu drücken. »Aber dann hat sich doch noch alles zum Guten gewendet«, sagte sie stattdessen. Sie konnte es gar nicht glauben, dass sie Ethan tröstete.
    Er grinste. »Ja. Mit elf Jahren bin ich circa fünfzehn Zentimeter gewachsen. Trotzdem will ich jedes Mal, wenn ich auf der Straße einem kleinen dicken Jungen begegne, zu ihm hingehen und sagen: ›Keine Sorge, Kumpel. Das wird schon.‹« Er stellte die benutzten Tassen in die Spüle, und sie gingen zurück ins überfüllte Wohnzimmer.
    »Der würde sich garantiert fragen: ›Wer ist dieser Irre und was zum Teufel redet der da?‹«, erwiderte Cara lachend.
    In diesem Moment sagte irgendjemand hinter ihr: »Schlampe.« Sehr laut und sehr deutlich.
    Cara drehte sich um, während ihr das Lachen im Halse stecken blieb. Alexis stand in der Terrassentür, in eine Wodkawolke gehüllt. Maren und noch ein weiteres Mädel standen hinter ihr, zusammen mit Jack. Die drei hatten ein neugieriges Funkeln in den Augen – wie Theaterbesucher, die auf den Beginn ihrer Vorstellung warteten. Alexis schwankte und griff nach dem Türrahmen, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Ihr Haar war am Hinterkopf verstrubbelt und seitlich platt gedrückt, ihre Wimperntusche völlig verschmiert.
    »Was zum Teufel machst du hier?«, fauchte sie Cara mit zusammengekniffenen Augen an. Das Gift in ihrer Stimme ließ Cara rückwärts gegen die Armlehne des Sofas stolpern. »Du kanntest Sydney doch nicht mal. Sie hat dich gehasst, Versagerin.« Das vollgepackte Wohnzimmer wurde mit einem Mal still. Das einzige Geräusch war das gelegentliche Klappern von Eiswürfeln in einem Glas.
    »Wir haben uns ständig über dich kaputtgelacht, weißt du das?« Manche ihrer Worte klangen gelallt. Sie stolperte vorwärts und verlor fast das Gleichgewicht, doch sie konnte sich gerade noch fangen. »Sydney hat immer gesagt, du wärst die größte Lachnummer an der Sherman High, Würger .« Sie ließ

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