Caras Schatten
Ethan Gray«, rief sie. Julie packte ihre Hände und fing an, wie irre auf der Couch herumzuhüpfen. Cara hüpfte mit, bis sie sich erschöpft, aber glücklich in den Fernsehsessel in der Ecke fallen ließ.
Während sie so dalag und sich ihr Handy an die Brust drückte, wurde ihr plötzlich bewusst, dass sie nicht nur ein Date mit Ethan Gray hatte. Für ein paar kurze Minuten hatte sie sich wie ein ganz normales Mädchen gefühlt, das mit seinen Freundinnen abhängt und lacht. Nicht wie jemand, der ein Geheimnis verbirgt.
Nicht wie jemand, der einen Flüchtling verbirgt.
Kapitel 24
C ara, bist du dir wirklich sicher, dass du hier allein klarkommst?«, fragte Mom am nächsten Nachmittag zum hunderttausendsten Mal. Sie warf ihr vom Beifahrersitz aus einen skeptischen Blick zu, während Cara sich vorbeugte, um in den hektischen Berufsverkehr auf der Schnellstraße einzubiegen. Hinter ihr kam ein Truck herangerauscht, aber sie schob sich dennoch dazwischen. Sie wollte ihre Mutter so schnell wie möglich am Flughafen absetzen. Schließlich musste sie rechtzeitig für ihr Date mit Ethan wieder zu Hause sein.
Mom redete ohne Punkt und Komma. »Du verstehst doch, dass ich dahin muss, oder, Liebling? Es ist einfach unheimliches Pech, dass das ausgerechnet jetzt passiert, wo Papa auch noch weg ist, aber ich muss heute Abend wirklich da sein, wenn Oma diese OP hat. Onkel Bruce kann leider erst morgen früh kommen, aber ich werde auf jeden Fall verschwinden, sobald er da ist. In weniger als vierundzwanzig Stunden bin ich also wieder da, und Dad kommt am Montag von seiner Konferenz zurück.«
Welch gütiger Gott wohl dafür gesorgt hatte, dass Oma Lynn genau im richtigen Moment stürzte und sich die Hüfte brach, war Cara schleierhaft. Doch das Timing hätte nicht besser sein können. Ihr Vater war heute Morgen zu einem Rechtskongress nach Phoenix geflogen, und ihre Mutter musste sich um Oma kümmern. Ihr erstes Date mit Ethan, und ihre Eltern konnten ihr nicht in die Quere kommen!
»Pass auf, Cara!« Ihre Mutter klammerte sich an den Türgriff. Cara hatte einem silbernen Minivan die Vorfahrt genommen. Der Fahrer bremste abrupt ab und drückte auf die Hupe. Cara hielt das Lenkrad des Volvo fest gepackt, um nicht auf die andere Spur zu driften.
»Sei bitte vorsichtig!« Mom sah sie mit gerunzelter Stirn an.
Cara warf ihrer Mutter einen flüchtigen Blick zu und trat behutsam auf die Bremse, um das Tempo zu drosseln. »’tschuldigung«, erwiderte sie ungerührt. Ihre Mutter ging ihr allmählich auf die Nerven.
Raschelnd kramte Mom in ihrer Handtasche. »Lass uns das Ganze noch mal durchgehen«, sagte sie. Cara brauchte nicht einmal hinzusehen, um zu wissen, dass ihre Mutter die ach-so-wichtige Liste mit den Notfallnummern und Anweisungen in der Hand hielt.
»Mom, ich hab’s kapiert«, fiel Cara ihr ins Wort. »Du bist bei Oma, die Nummer steht auf dem Zettel. Heizung nachts auf fünfzehn Grad stellen.«
»Keine Jungs, kein Feuer, keine Partys«, fuhr ihre Mutter fort.
Cara lächelte finster. Das bewies nur einmal mehr, dass Mom nicht die geringste Ahnung von ihrem Leben hatte, wenn sie glaubte, Cara wegen Jungs und Partys ermahnen zu müssen. Als hätte Cara jemals eine Party veranstaltet. Was allerdings Jungs anging … Cara lächelte zufrieden in sich hinein. Vielleicht war die Ermahnung ja gar nicht so abwegig.
»Cara!«, kreischte ihre Mutter und stemmte ihre Füße gegen den Boden. Cara sah die Rücklichter der anderen Autos auf sich zukommen, und zwar viel zu schnell. Sie trat abrupt in die Eisen und kam gerade noch zum Stehen, ohne mit dem Auto vor ihr zu kollidieren.
»Sorry, sorry, Mom«, brachte sie hervor. Sie fuhr im Schneckentempo weiter. Vor ihr lag bereits die Ausfahrt zum Flughafen. Erleichtert setzte sie den Blinker und fuhr ab.
»Cara, ich mache mir wirklich Sorgen, dich hier allein zu lassen«, sagte Mom. Sie drehte sich zur Seite, um ihrer Tochter ins Gesicht zu sehen. Cara konzentrierte sich auf das Labyrinth von Hinweisschildern vor ihr. Der Himmel war bleigrau. Ein riesiger Jet rauschte über sie hinweg. Von hier aus wirkten die Triebwerke so groß wie Einfamilienhäuser.
Mom redete weiter. »Ich werde dich heute Abend anrufen und gleich morgen früh. Und, Cara, ich will, dass du sofort ans Handy gehst. Keine Mailbox, oder ich komme auf der Stelle zurück.«
»Okay, Mom«, sagte Cara ernsthaft, obwohl sie den irren Drang verspürte, laut loszuprusten. Es war echt zuvorkommend von ihrer
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