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Carina - sTdH 3

Carina - sTdH 3

Titel: Carina - sTdH 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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Glanz. Musikfetzen
drangen durch die neblige Luft. Nach all dem Kummer und dem Selbsthaß und der
Anspannung der letzten Monate hatte Carina plötzlich das Gefühl, als würden
sich Körper undGeist
lockern. Sie wollte diesen einen Abend genießen. Sie wollte sich vorstellen,
sie sei eine geachtete junge Dame mit ihrem schönen Verlobten, und nicht das
häßliche kleine Entchen, das sich schämen mußte und gerade noch drauf und dran
gewesen war, sein Leben zu zerstören.
    Als sie die
Treppe zum Ballsaal hinaufstiegen, ließ Lord Harry ihren Verlobungsring in ihre
Hand gleiten. »Tragen Sie ihn«, flüsterte er. »Morgen früh weiß alle Welt, daß
wir nicht heiraten, aber heute abend wollen wir noch nicht durch die Fragerei
belästigt werden.«
    Carina
nickte und streifte sich den Ring über.
    Mehr als je
zuvor war sie sich der bewundernden Blicke, der neidischen Blicke, der
eifersüchtigen Blicke bewußt, als die Damen im Ballsaal sie an Lord Harrys Arm
eintreten sahen.
    Lord Harry
tanzte wunderbar. Carina fand es äußerst schwierig, auf die Tanzschritte zu
achten oder ihrem Partner zuzuhören, wenn Lord Harry dabei in ihrer Blickrichtung
war und schamlos mit einer Frau nach der anderen flirtete.
    Bis jetzt
hatte sie nur einen Volkstanz mit ihm getanzt, und sie fragte sich bereits, ob
er vorhatte, sie den ganzen Abend links liegenzulassen, als er auf sie zukam
und sie zum Walzer aufforderte. Seine Hand auf ihrem Rücken zu spüren war wie
lauter kleine Explosionen von Feuerwerkskörpern, die ihr Inneres erschütterten.
Der Druck seiner anderen behandschuhten Hand in der ihren ließ die ganze Seite
gefühllos werden. Er hielt sie die vorschriftsmäßigen zwölf Zoll von sich weg,
aber sie war sich jeder Regung seines Körpers bewußt. Als der Tanz zu Ende war,
promenierte sie mit ihm herum, wie es der Brauch war, und fürchtete schon den
Augenblick, wo er sie verlassen würde, um mit einer anderen zu tanzen.
    Aber er
sagte: »Setzen wir uns ein bißchen.«
    Er führte
sie zu einem Sofa in der Ecke hinter einer Blumenbank. Carina fächelte sich
matt Luft zu, weil sie schon wieder in diesen träumerischen Zustand geriet und
der Ballsaal heiß war. Er ging weg, um ihr ein Glas Limonade zu holen, und
sofort wurde sie wieder ganz nervös, weil sie Angst hatte, daß jemand sie zumTanzen
auffordern könnte, bevor er zurückkam.
    Aber er war
gleich wieder da, überreichte ihr ein Glas und setzte sich bequem neben sie auf
das Sofa!
    »Auf die
Freiheit«, sagte er, sein Glas erhebend.
    »Freiheit«,
echote Carina, nippte an ihrer Limonade und wünschte, er hätte ihr etwas
Stärkeres gebracht, damit dieses entspannte, träumerische Gefühl, das sie in
seiner Gegenwart hatte, sie nicht verließ.
    »Mit Lady
Godolphin steht es nicht gut«, sagte er. »Der fürchterliche Mr. Anstey ist zu
reicheren, wenn auch noch verwitterteren Gestaden aufgebrochen.«
    »Ja, sie
ist sehr traurig«, stimmte Carina zu. »Sie hat mir ein Gedicht aufgesagt und
alle Wörter durcheinander gebracht. Irgend etwas über Liebe mit Flügeln.
    »Ach, das«,
meinte er. Dann begann er es leise aufzusagen:
    Wenn die Liebe mit unendlichen Schwingen
    Herabschwebt in meines Gartens Zauberreich,
    Und meine Althea, einer Göttin gleich,
    Mich hält in ihrer Flechten Schlingen,
    Wenn sie zauberleicht mich angebunden,
    Kennen selbst die Götter in ihrer Herrlichkeit
    Nicht solche seligen Wonnestunden
    Und solche grenzenlose Freiheit.
    »So ist
es«, sagte Carina
mit trockener Kehle und starrte in ihr Glas. Dann versuchte sie zu lachen. »Ich
wollte, ich könnte mich erinnern, wie Lady Godolphin es aufgesagt hat, aber ich
kann Ihnen versichern, daß es völlig anders war.«
    »Sie hätte
Colonel Brian heiraten sollen«, sagte Lord Harry. »Das Traurige ist, daß er
ständig in ihrer Nähe ist und ganz offensichtlich vor Liebe vergeht. Wenn er
jetzt sein Augenmerk auf ein anderes weibliches Wesen richten würde, käme sie
sicher zur Vernunft. Da fällt mir ein, daß ich Lady Coombes einen Tanz
versprochen habe, und ich kann mir denken, daß Sie auch einen Partner haben,
der schon eifrig nach Ihnen Ausschau hält.«
    »Ja«, sagte
Carina widerstrebend und wünschte, sie könnten beide hier sitzen bleiben und
brauchten den ganzen Abend mit niemandem mehr zu tanzen.
    Ein
unangenehmer Gedanke kam ihr in den Sinn, eine böse kleine Stimme flüsterte,
daß sie in den vergangenen Monaten reichlich Gelegenheit gehabt hatte, Lord
Harrys Gesellschaft zu genießen, aber sie

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