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Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung

Titel: Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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erstaunlicher, dass sie sich die Mühe machte, dort mit Karte zu bezahlen. Dafür braucht man echt Geduld. Und das für ein lumpiges Päckchen Zigaretten.«
    Rose zuckte die Achseln. »Vielleicht hatte sie nichts für Bargeld übrig. Vielleicht mochte sie es nicht gern anfassen. Vielleicht hatte sie das Geld lieber auf der Bank und kassierte die Zinsen. Vielleicht hatte sie nur einen großen Geldschein und der Kioskbesitzer konnte nicht herausgeben, viell...«
    »Halt, halt, das reicht.« Carl wedelte abwehrend mit den Händen. »Aber eines wüsste ich noch gern. Worauf hat man die Selbstmordtheorie gestützt? War sie schwer krank oder stimmten die Finanzen nicht? Hat sie die Kippen deshalb mit Kreditkarte bezahlt?«
    Wieder zuckte sie die Achseln, irgendwo versteckt unter dem viel zu großen anthrazitfarbenen Pulli. Den hatte vermutlich Yrsa gestrickt. »Tja, gute Frage. Ist schon etwas sonderbar. Rita Nielsen alias Louise Ciccone war eine echt wohlhabende Dame, und ihrem wenig beneidenswerten Lebenslauf nach zu urteilen haute sie so leicht nichts um. Ihre ›Mädchen‹ in Kolding haben sie als knallhart bezeichnet. Als Survivor-Typ. Eine der Frauen meinte, Rita Nielsen hätte eher den Rest der Erdbevölkerung ausgerottet als sich selbst etwas angetan.«
    »Hm!« Ein ganz bestimmtes Gefühl machte sich in Carl breit, und das ärgerte ihn, zeigte es doch, dass sein Interesse geweckt war. Es war ein beharrliches Pop-up von Fragezeichen. Unter anderem zu der Sache mit den Zigaretten. Kaufte man noch unmittelbar, bevor man sich das Leben nahm, eine Schachtel Zigaretten? Na ja, vielleicht, immerhin gab es ja auch die sogenannte »Henkerszigarette«.
    Ach verdammt! Jetzt war die Maschine in seinem Kopf schon angelaufen, und wer hatte wohl darum gebeten? Wenn er sie jetzt nicht schleunigst abschaltete, konnte er sich bald vor Arbeit nicht mehr retten, so war das doch immer.
    »Anders als unsere vielen Kollegen glaubst du also, dass wir es mit einem Verbrechen zu tun haben? Aber gibt es denn überhaupt irgendetwas, das auf Totschlag oder Mord deutet?« Er ließ den Fragezeichen Zeit, sich zu entfalten. »Abgesehen davon, dass der Fall nicht abgeschlossen ist, sondern nur eingestellt wurde - wo würdest du ansetzen?«
    Wieder zuckte es in dem Riesenpulli. Sie wusste es also auch nicht.
    Carl starrte auf die Akte. Auf dem Foto, das vorn mit einer Büroklammer befestigt war, sah Rita Nielsen extrem energisch aus. Der untere Teil des Gesichts wirkte eher mager, dafür waren die Wangenknochen sehr breit. Die Augen sprühten förmlich vor Trotz und Kampfbereitschaft. Ganz offenkundig war ihr das Verbrecherschild auf der Brust scheißegal. Garantiert nicht das erste Foto von ihr, das fürs Polizeiarchiv aufgenommen worden war. Nein, auf Frauen dieses Typs machte eine Gefängnisstrafe keinen Eindruck. Sie war durch und durch der Survivor-Typ, als den die Mädels aus ihrem Stall sie dargestellt hatten.
    Warum sollte eine wie die sich das Leben nehmen?
    Carl zog die Akte zu sich herüber und schlug sie wieder auf, wobei er Roses Lächeln geflissentlich ignorierte.
    Da hatte diese finster gewandete Gestalt doch tatsächlich wieder einen neuen Fall angeschoben!
    [⊗] - Geviert ⇒ veraltet:    Quadrat, Viereck

2
    November 2010
    D er grüne Lieferwagen kam genau wie bestellt pünktlich um 12.30 Uhr.
    »Ich muss heute noch fünf weitere Orte auf Seeland ansteuern, Herr Wad«, sagte der Fahrer. »Deshalb hoffe ich, dass alles fertig ist.«
    Dieser Mikael war ein guter Mann. Seit zehn Jahren angestellt und nie auch nur eine einzige Frage. Angenehm im Äußeren und höflich im Umgang. Genau der Mann, von dem sich Klare Grenzen draußen in der Öffentlichkeit gern repräsentiert sah. Männer wie er machten anderen Lust, ebenfalls der Partei beizutreten. Immer zuverlässig und mit einem freundlichen Ausdruck in den blauen Augen. Das weißblonde, wellige Haar stets gut gekämmt. Noch in ausgesprochen zugespitzten Situationen ruhig und besonnen, so auch vor einem Monat bei den Krawallen in Hadersleben anlässlich einer der Gründungsversammlungen der Partei. Dort hatten neun Demonstranten mit hasserfüllten Parolen auf ihren Transparenten einsehen müssen, dass man an Leuten, die das Herz auf dem rechten Fleck trugen, nicht vorbeikam.
    Als die Polizei erschien, war dank solcher Männer wie Mikael das Ganze bereits überstanden und die Wogen hatten sich geglättet.
    Nein, die Demonstranten würden sie sicher nicht mehr belästigen.
    Curt

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