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Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung

Titel: Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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Nete ihr Esszimmer, das im hintersten Teil der Wohnung ganz am Ende des Flurs lag. Sie nahm dafür dasselbe Maßband, das sie fürs Nähen benutzte. Ganz genau notierte sie die Höhe, Breite und Länge des Raums, zog die Fensterpartien und die Tür vom Gesamtflächenmaß ab und stellte dann ihre Bestellung zusammen. Werkzeug, Farbe, Spachtelmasse, Silikon, Latten, Nägel, genügend Rollen mit dicker Plastikfolie, Dichtungsband, Rockwool-Dämmwolle, Fußbodenplatten und ausreichend Rigips für zwei Schichten.
    Der Baumarkt in der Nørrebrogade versprach, schon am folgenden Nachmittag zu liefern. Das passte ihr gut, denn so, wie die Dinge sich entwickelten, konnte sie nicht länger warten.
    Sobald das Material am nächsten Tag in ihre Wohnung gebracht worden war, machte sie sich daran, das Esszimmer zu isolieren. Dabei ging sie nur tagsüber zu Werke, wenn der Mieter unter ihr bei der Arbeit war und die Nachbarin Einkäufe erledigte oder mit ihrem kleinen tibetanischen Fiffi um die Seen spazierte.
    Niemand sollte hören, was sie dort im vierten Stock links tat. Niemand sollte sie mit Hammer und Säge in der Hand sehen. Niemand sollte kommen und neugierige Fragen stellen, denn nun hatte sie zwei Jahre anonym in dem Wohnblock gelebt, und das wollte sie weiter so halten, bis ans Ende ihrer Tage.
    Ungeachtet dessen, was sie vorhatte.

    Als das Esszimmer fertig war, stellte sie sich in die Tür und betrachtete zufrieden ihr Werk. Die Decke zu dämmen und zu bekleben war das Schwierigste, aber auch mit das Wichtigste gewesen. Außerdem hatte sie den Fußboden angehoben und mit zwei Schichten Plastikfolie und Dämmmaterial isoliert. Und natürlich war auch die Tür verkleidet und vor allem so angepasst worden, dass sie sich weiterhin nach innen öffnen ließ, obwohl ein Teppich auf dem Fußboden lag.
    Bis auf den Niveauunterschied zum Flur gab es nichts, das Aufmerksamkeit erregte. Das Zimmer war bereit. Gespachtelt, an der Tür gut abgedichtet, frisch gestrichen und genauso eingerichtet wie vorher. Bilder an den Wänden, Nippes auf den Fensterbänken und in der Mitte der Esstisch mit Spitzendecke und sieben Stühlen, einer davon, der am Kopfende, mit Armlehnen.
    Nach einem letzten prüfenden Blick durch den Raum ging Nete zu der Pflanze auf der Fensterbank und rieb vorsichtig eines der Blätter zwischen den Fingerspitzen. Der Geruch war gemein, aber doch nicht unangenehm. Es war genau dieser Geruch, der Geruch von Bilsenkraut, der ihr Sicherheit gab.

    Alle Mädchen draußen auf Sprogø tuschelten über Gitte Charles, als sie im Sommer 1956 mit dem Postschiff kam. Jemand sagte, sie sei ausgebildete Krankenschwester, aber das konnte nicht stimmen. Schwesternhelferin vielleicht, aber nicht Krankenschwester. Denn außer der Heimleiterin hatte keiner der Funktionsträger auf der Insel irgendeine abgeschlossene Ausbildung, das wusste Nete.
    Nein, die Mädchen flüsterten wohl vor allem deshalb, weil sie endlich mal einen hübschen Menschen zu Gesicht bekamen. Wie sie so kokett die Arme schwenkte und sich mit langen, federnden Schritten bewegte, erinnerte sie an eine, die Greta Garbo hieß, sagte eines der Mädchen. Sie war wirklich etwas Besonderes, diese Gitte. Sie war so ganz anders als die verbitterten Weiber, die alten Jungfern, die Geschiedenen und Witwen, die offenbar keine andere Wahl gehabt hatten, als an diesem verfluchten Ort eine Stelle anzutreten.
    Gitte Charles ging sehr aufrecht, sie war blond wie Nete und trug ihr Haar hochgesteckt mit Flaum im Nacken, was sich nicht einmal die Heimleiterin erlaubte. Feminin und anmutig, ganz so, wie Nete und die anderen auch gern einmal sein wollten.
    Ja, die Mädchen warfen neidische und teilweise sogar lüsterne Blicke auf Gitte Charles. Aber bald schon fanden sie heraus, dass sich hinter dem zarten Äußeren etwas Diabolisches verbarg. Und bis auf Rita hielten sie Abstand.
    Als Charles, wie sie genannt wurde, Ritas Gesellschaft leid war, warf sie ein Auge auf Nete. Versprach, ihr bei den täglichen Verrichtungen zu helfen, versprach Sicherheit und vielleicht sogar die Möglichkeit, von der Insel herunterzukommen.
    Das alles sei nur allein davon abhängig, sagte Charles, wie lieb Nete zu ihr sein wolle. Und falls Nete ausplauderte, was sie beide zusammen machten, dann sollte sie, wenn ihr das Leben wichtig sei, besser nie wieder etwas trinken, warnte Gitte Charles. Denn das Getränk könnte ja Bilsenkraut enthalten.
    Im Anschluss an diese widerwärtige Drohung klärte die

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