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Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung

Titel: Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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Schwesternhelferin Nete über das Bilsenkraut und seine furchtbaren Eigenschaften auf.
    »Hyoscyamus niger« [⊗] , sagte Charles langsam und dramatisch, um den Ernst der Lage zu unterstreichen. Allein von dem Namen bekam Nete eine Gänsehaut. »Das haben die Hexen benutzt, um zum Blocksberg zu fliegen, heißt es. Und wenn man eine Hexe gefangen hatte, dann benutzten die Priester und Henker dasselbe Kraut, um die Sinne unter der Folter zu betäuben. Deshalb nannten sie das Elixier Hexensalbe, also pass auf, sage ich dir. Willst du dich mir nicht vielleicht doch besser fügen?«
    So kam es, dass Nete monatelang spurte. Diese Zeit war in jeder Hinsicht die Schlimmste auf Sprogø.
    In dieser Zeit sah Nete, wenn sie über das Meer blickte, nicht nur die Wellen, die sie weg von der Insel und in die Freiheit tragen konnten, sie sah auch Wellen, die sie hinabziehen konnten. Hinab in die dunkle Tiefe, wo ihr niemand etwas antun würde.

    Die Samen des Bilsenkrauts waren das Einzige, was Nete von Sprogø mitgenommen hatte, als sie die Insel endlich verließ. Vier Jahre Schufterei und Quälerei, und das war alles. Ein paar Samen.
    Als sie später ihre Ausbildung als Laborantin abgeschlossen hatte, hörte sie von Ausgrabungen eines Klostergeländes, wo man jahrhundertealte Bilsenkrautsamen wieder aussäte. Da steckte sie ihre eigenen alten Samen in einen Blumentopf und stellte ihn an einen sonnigen Ort.
    Wie der Phönix aus der Asche schoss dort binnen Kurzem eine kräftige grüne Pflanze aus der Erde, und Nete nickte ihr zu wie einer alten Freundin, die eine Zeitlang verreist, nun aber zurückgekehrt war.
    Sie hatte diese erste Pflanze in die Erde von Havngaard gesetzt, und jetzt begrünten die Nachkommen der Nachkommen ihre Wohnung in Kopenhagen Nørrebro. Nete hatte sämtliche selbst gezogenen Pflanzen getrocknet und zusammen mit den Kleidungsstücken versteckt, die sie getragen hatte, als sie endlich entkommen war. Das waren Reliquien aus einer anderen Zeit. Abgeschnittene Blätter, Samenkapseln, getrocknete Stängel und zerknüllte, einstmals weiße Blüten mit dunklen Adern und einem roten Auge in der Mitte. Zwei Tüten mit organischem Material hatte Nete inzwischen gesammelt, und sie wusste ganz genau, wie es zu verwenden war.
    Vielleicht hatte seinerzeit das Bilsenkraut mit seinen unerforschten Geheimnissen sogar den Ausschlag gegeben, weshalb sie ihre Laborantenausbildung begonnen hatte. Vielleicht hatte sie sich deshalb der Chemie zugewandt.
    Jedenfalls war ihr dank der neu erworbenen Kenntnisse über Drogen und deren Wirkung auf den Menschen klar geworden, was für ein erstaunliches und tödliches Gift die Natur auf Sprogø hatte sprießen lassen.
    Jetzt stand sie in ihrer Küche im vierten Stock, und es war ihr gelungen, einen Auszug der drei wichtigsten aktiven Bestandteile der Pflanze herzustellen. Alle drei Komponenten hatte sie bereits in minimaler Dosierung an sich selbst probiert.
    Hyoscyamin verursachte gründliche Verstopfung, Mundtrockenheit, leichte Schwellungen in Gesicht und Mundhöhle und einen sonderbaren Herzrhythmus, aber eigentlich krank war sie davon nicht geworden.
    Scopolamin fürchtete sie mehr. Sie wusste, dass die tödliche Dosis schon bei fünfzig Milligramm lag. Und selbst in kleineren Dosierungen hatte Scopolamin eine stark einschläfernde, aber auch euphorisierende Wirkung. Nicht verwunderlich, dass man Scopolamin im Zweiten Weltkrieg als »Wahrheitsserum« benutzt hatte. In einem derart abgestumpften Zustand war einem vollkommen egal, was man sagte.
    Und dann war da noch das Atropin, gleichfalls ein farbloses, kristallines, in Nachtschattengewächsen vorkommendes Alkaloid. Vielleicht war Nete bei der Einnahme nicht so vorsichtig gewesen wie bei den beiden anderen, jedenfalls hatte sie an Sehstörungen, Fieber und Halluzinationen gelitten, sie hatte kaum sprechen können, die Haut war feuerrot gewesen und hatte gebrannt, und sie hatte Angst gehabt, das Bewusstsein zu verlieren.
    Ohne jeden Zweifel war ein entsprechend hochkonzentrierter Cocktail aus diesen drei Bestandteilen eine tödliche Droge. Und absolut simpel herzustellen: Man musste die Essenzen nur wie einen starken Tee zubereiten und anschließend fünfundneunzig Prozent des Wassers abdestillieren.
    Jetzt hielt sie eine Flasche mit einer stattlichen Menge dieses Extrakts in Händen, während alle Scheiben beschlagen waren und die Luft bitter und schwer in den Räumen der Wohnung hing.
    Nun galt es nur noch, die richtige Dosierung

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