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Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung

Titel: Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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Stelle eine Ritze hat, gehört man zur anderen Sorte. So einfach ist das.«
    Und die Brüder und auch Tage hatten gelacht, worauf Nete ebenfalls die Unterhose runtergezogen hatte, um auf kindliche Weise eine Art Solidarität und Verständnis zu signalisieren.
    Besonders Tage fand das Erlebnis herrlich, denn da, wo er herkam, entkleidete man sich grundsätzlich nie öffentlich. Und wenn er ehrlich war, so hatte er bisher gar nicht genau gewusst, worin der Unterschied zwischen Mann und Frau bestand.
    Es war Tages erster Sommer bei seinem Onkel. Dort war es viel besser, als mit den anderen Jungs im Hafen oder in den kleinen Gassen von Assens herumzustehen und davon zu träumen, auch einmal zur See zu fahren und auf große Fahrt zu gehen.
    Sie verstanden sich gut, Nete und er. Auch die Zwillingsbrüder waren gute Kameraden, aber Nete mochte er am liebsten, obwohl sie fast acht Jahre jünger war. Sie war so unkompliziert. Er musste nur die Oberlippe hochziehen, da lachte sie schon. Er musste nur ein Wort sagen, und schon machte sie die verrücktesten Sachen.
    Zum ersten Mal in seinem Leben war da jemand, der zu ihm aufsah, und das gefiel Tage über alle Maßen. Deshalb schuftete er für Nete, half ihr bei dem, was von ihr verlangt wurde.
    Nachdem die Zwillinge und Mads den Hof verlassen hatten, hatte Nete nur noch ihren Vater. Und im Sommer ihn, Tage. Er erinnerte sich noch ganz genau, wie schwer es für sie war. Besonders weil gelegentlich im Dorf so gehetzt wurde und weil der Vater so launenhaft war und sich manchmal ungerecht verhielt.
    Sie waren nicht verliebt, Nete und er, aber enge Freunde, und in dieser Intimität lockte irgendwann auch die Frage, wie das mit den zwei Sorten Menschen funktionierte und wie die sich manchmal zueinander verhielten.
    Deshalb wurde Tage derjenige, der Nete beibrachte, wie sich Menschen paaren. Deshalb wurde er es, der ihr, ohne es zu wollen, alles nahm.

    Er ließ sich schwerfällig auf dem Bett nieder, sah hinüber zur Flasche auf der Werkbank und überlegte, was besser war: den Kirschwein zu trinken, bevor er den Brief las oder danach.
    Dabei hörte er seine Untermieterin Mette im Wohnzimmer husten und mit irgendetwas hantieren. Was da zu hören war, brachte man normalerweise nicht mit einer Frau in Verbindung, aber er hatte sich daran gewöhnt. An kalten Wintertagen tat es auch gut, wenn sie bei ihm unter der Decke lag. Hauptsache, die Gemeinde kam nicht auf die Idee, dass sie zusammen waren und bei der Sozialhilfe mogelten.
    Er wog den Brief in der Hand, dann zog er den Bogen aus dem Umschlag. Es war feines Papier, zweifach gefaltet, mit Blumenmuster. Als er den oberen Teil des Bogens auffaltete, stellte er überrascht fest, dass der Brief nicht hand-, sondern maschinengeschrieben war. Um die Qual abzukürzen, überflog er den Inhalt. Als er zu der Stelle kam, wo stand, sie wolle ihm zehn Millionen Kronen schenken, wenn er bereit wäre, zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort in Kopenhagen zu sein, brauchte er einen Schluck Kirschwein.
    Er ließ das Papier los und sah zu, wie es zu Boden segelte.
    Als sich der Briefbogen im Fallen ganz auffaltete, entdeckte Tage den Scheck, der am unteren Ende mit einer Büroklammer befestigt war und auf dem sein Name stand. Und dann sah er auch den Betrag, über den er ausgestellt war, zweitausend Kronen.
    So viel Geld hatte er um diese Zeit des Monats noch nie in der Hand gehabt. Nur daran konnte er in dem Moment denken, alles andere war unwirklich. Die Millionen, Netes Krankheit. Alles andere.
    Zweitausend Kronen, stand dort! Nicht einmal, als er zur See fuhr, hatte er am Ende eines Monats noch so viel Geld gehabt. Nicht einmal, als er in der Anhängerfabrik arbeitete, ehe die nach Nørre Aaby umsiedelte und er seinen Job verlor, weil er zu viel trank.
    Er zog den Scheck aus der Büroklammer und zupfte ein bisschen daran.
    Doch, ja, der war verdammt echt.

    Nete war witzig und gut gelaunt gewesen, und Tage gesund und kernig. Als der Stier zur einzigen Kuh des kleinen Hofs gezogen wurde, fragte Nete ihn, ob er auch so einen Steifen hinbekäme wie der Stier, und als er es ihr demonstrierte, wollte sie sich kaputtlachen, als wäre das einer von diesen Witzen, die ihre Zwillingsbrüder dauernd machten. Noch als sie sich küssten, war sie völlig unbekümmert und in keiner Weise aufgeregt, was Tage freute. Er war gekommen, um sich an ihr auszuprobieren, denn er dachte in der Hinsicht immer an sie, obwohl sie gerade erst anfing, Rundungen

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