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Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung

Titel: Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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populistische Agitatoren, die die verbale Peitsche schwangen gegen den allgemeinen Verfall der Sitten. Sie gingen dabei nicht eben zimperlich mit den Menschenrechtsprinzipien um.
    Der Tenor dieser Agitation war immer derselbe: Da die Menschen nicht mit gleichen Fähigkeiten und Chancen geboren wurden, konnte es auch keine Gleichheit geben. Man müsste dies endlich akzeptieren und lernen, damit zu leben.
    Doch, ja, es stand äußerst günstig für Curt Wad und seine Ideale. Allmählich bekam das Gedankengut sowohl im Parlament als auch in gewissen »Graswurzelbewegungen« Rückenwind. Gleichzeitig strömte Geld in die Kassen der politischen Vereinigung Klare Grenzen, Curt Wads Herzensangelegenheit. Er arbeitete hart daran, dass sich die Vereinigung zu einer Partei mit zahlreichen Regionalgruppen und einem Sitz im Parlament entwickelte. Der neue Wandel in den moralischen Vorstellungen war nahezu wie eine Rückkehr in die Dreißiger, Vierziger und Fünfziger, auf alle Fälle weit entfernt von den widerwärtigen Sechziger- und Siebzigerjahren, als die Jugend auf die Straße gegangen war und freie Liebe und Sozialismus gepredigt hatte. Als man den Bodensatz der Gesellschaft durch die rosarote Brille sah und ein Versagen des Staates und der Gesellschaft zur Ursache für asoziales Verhalten erklärte.
    Nein, so war es Gott sei Dank nicht mehr. Jetzt, in den Achtzigern, galt jeder als seines eigenen Glückes Schmied. Und viele Menschen schmiedeten tatsächlich gut, das war deutlich zu merken, denn Tag für Tag entrichteten rechtschaffene Bürger und Stiftungen aller Art freiwillige Beträge an Curts politische Vereinigung.
    Das Resultat blieb nicht aus. Schon jetzt waren zwei Bürodamen angestellt, die Rechnungen verwalteten und Informationsmaterial verschickten, und mindestens vier der neun Regionalgruppen wuchsen um einige Mitglieder pro Woche.
    Ja, endlich machte sich Unwille bemerkbar gegenüber Homosexuellen, Drogenabhängigen und jugendlichen Kriminellen, gegenüber Ausländern, Flüchtlingen und Promiskuität, und zwar auf breiter Front. Nun war auch noch Aids dazugekommen und erinnerte an das, was man in christlichen Kreisen als »Fingerzeig Gottes« bezeichnete.
    Diese Kernfragen musste man gar nicht mehr groß herausstellen wie noch in den Fünfzigern, als man zudem über erheblich geringere Mittel verfügt hatte, um gegenzusteuern.
    Gegenwärtig, wie gesagt, waren die Zeiten gut. Die gesellschaftlichen Vorstellungen, für die Klare Grenzen stand, verbreiteten sich in Windeseile, auch wenn der Leitgedanke niemals ausdrücklich formuliert wurde: keine Vermischung von schlechtem Blut mit gutem.

    Die Vereinigung, die sich auf die Fahnen geschrieben hatte, die Reinheit des Bluts und die moralischen Werte der Dänen zu verteidigen, hatte nacheinander unter drei verschiedenen Namen firmiert, seit Curts Vater sie vor über vierzig Jahren gegründet hatte. In den Vierzigern nannte sie sich ›Komitee gegen Unzucht‹, dann ›Die Dänengesellschaft‹ und nun schließlich ›Klare Grenzen‹.
    Jetzt war das, was sich ein praktischer Arzt auf Fünen ausgedacht und sein Sohn veredelt hatte, nicht länger eine Privatangelegenheit. Die Vereinigung zählte inzwischen zweitausend Mitglieder, die bereitwillig die hohen Mitgliedsbeiträge zahlten. Alles ehrenwerte Bürger, von Anwälten, Ärzten und Angehörigen der Polizei bis hin zu Pflegepersonal und Pfarrern. Menschen, die in ihrem täglichen Tun viel Kritikwürdiges sahen und entschlossen und imstande waren, etwas dagegen zu unternehmen.
    Würde Curts Vater noch leben, wäre er stolz darauf, wie weit der Sohn seine Gedanken fortgeführt hatte und wie gut er das geistige Erbe auch praktisch verwaltete. Mit der Zeit hatten Vater und Sohn einfach nur noch von ihrem »Geheimen Kampf« gesprochen. Und bei diesem Geheimen Kampf engagierten sich inzwischen so viele Gleichgesinnte und taten, was momentan noch ungesetzlich war, was aber über die künftige Partei Klare Grenzen einmal legalisiert werden sollte. Im Geheimen Kampf erlaubte man sich, Embryos zu selektieren - in solche, die zu leben verdienten, und solche, die es nicht verdienten.
    Curt Wad hatte gerade am Telefon ein Radiointerview über die Kernideen von Klare Grenzen gegeben, als ihm seine Frau einen Stoß Briefe mitten in einen Streifen Sonnenlicht auf den Eichentisch legte.
    So ein Poststapel war immer eine bunte Mischung.
    Die anonymen Briefe warf Carl sofort in den Papierkorb. Sie machten etwa ein Drittel

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