Carlotta, Band 4: Carlotta - Internat und Prinzenball (German Edition)
doch kein Grund, gleich den ganzen Ball abzusagen!
Sie entdecken drei freie Plätze und bahnen sich mit ihren Tabletts einen Weg durch das Gedränge. Im Vorbeigehen winkt Carlotta zuerst Niko und kurz darauf Brendan zu. Beide winken lächelnd zurück.
„Örks, da sitzen die Barbies“, bemerkt sie.
„Solange ich nicht bei einer von ihnen auf dem Schoß hocken muss, werde ich’s überleben“, meint Manu ungewohnt großzügig.
Noch jemand sitzt an dem Tisch, stellt Carlotta fest, als sie ihr Tablett abstellt und sich auf einen Stuhl fallen lässt: Julian. Er löffelt seinen Gemüseeintopf und schaut nur kurz auf, als Carlotta ihn begrüßt.
„Schmeckt’s?“, fragt Manu freundlich.
„Very tasty“, versichert Julian und löffelt weiter.
Sofies Ohren werden rot.
Die Barbies stecken ihre Köpfe zusammen und flüstern miteinander. Sie würdigen Carlotta, Manu und Sofie kaum eines Blicks. Carlotta ist das ganz recht. Sie fühlt sich in der Gesellschaft der aufgebrezelten Mädchen einfach nicht wohl und ist froh, wenn sie nicht mehr als einen knappen Gruß mit ihnen wechseln muss.
Die drei strahlen eine Kälte und Arroganz aus, dass es fast schon wehtut, denkt sie und widmet sich ihrem Abendbrot.
Eine ganze Weile wird an ihrem Tisch schweigend gegessen, bis Vicky ihren Teller plötzlich so schwungvoll von sich wegschiebt, dass das Besteck klirrt. Sie stößt sich mit beiden Händen vom Tisch ab und rutscht ein Stück nach hinten. Die Füße ihres Stuhls schrammen mit einem schrillen Quietschen über den gefliesten Boden. Das Geräusch ist so unangenehm, dass Carlotta sich vor Schreck verschluckt.
„Geht’s noch?“, erkundigt sich Manu bei Vicky. „Man kann auch leise aufstehen, wenn man mit dem Essen fertig ist.“
„Das musst du gerade sagen, Trampel!“, faucht Vicky.
Manu hebt eine Augenbraue. Ihre Gabel, auf der sich ein Berg Gemüse türmt, verharrt auf halbem Weg zwischen Teller und Mund.
Julian schaut auf, tupft seine Lippen mit einer Serviette ab und legt diese sorgfältig zusammen, bevor er sie unter seinen Teller schiebt.
„Gibt es ein Problem, Ladys?“, fragt er höflich.
„Und ob!“ Vicky funkelt ihn an.
Simone und Nadine nicken grimmig.
Julian trinkt einen Schluck Wasser und setzt das Glas anschließend betont langsam wieder ab.
„DU bist das Problem!“, schleudert Vicky ihm entgegen.
Carlotta hält erschrocken die Luft an. Genau wie Sofie, die unwillkürlich ein Stück zur Seite rückt.
Manu schüttelt den Kopf. „Hast du sie noch alle?“, fragt sie Vicky. „Was soll das werden?“
„Was das werden soll?“ Vickys schrille Stimme schnappt fast über. Ihr Gesicht glüht. „Frag doch mal diesen … diesen Betrüger! Der schleimt sich hier ein und behauptet, er wäre mit dem englischen Königshaus verwandt! Dabei ist sein Vater nur ein dämlicher Automechaniker in irgendeinem walisischen Kuhkaff! Ich glaub’s einfach nicht!“
„Ich auch nicht!“, zischt Manu. Sie steht halb von ihrem Stuhl auf, legt beide Hände auf die Tischplatte und beugt sich weit vor, als wolle sie Vicky und deren Freundinnen genauer ins Visier nehmen.
Im Speisesaal ist es mucksmäuschenstill. Alle haben aufgehört zu essen und wenden ihre Gesichter dem langen Fenstertisch zu. Nur die Lehrer haben noch nichts von dem Streit bemerkt und essen ungerührt weiter. Man hört sie miteinander sprechen und ihr Geschirr leise klappern. Es sind die einzigen Geräusche im Saal.
Carlotta zupft an Manus Ärmel. „Setz dich wieder hin“, raunt sie ihr zu. „Alle gucken schon.“
„Na und?“, blafft Manu sie an.
Carlotta zieht ihre Hand zurück. Dann eben nicht!
„Kannst du vielleicht auch mal was zu der Sache sagen?“, mischt Nadine sich plötzlich ein. Sie starrt Julian an, der ruhig auf seinem Platz sitzt und lächelt.
Carlotta fragt sich, ob er überhaupt versteht, was gerade passiert. Seiner unbeteiligten Miene nach zu urteilen bekommt er höchstens die Hälfte mit, wenn überhaupt. Oder kann es sein, dass es ihn nicht interessiert? Prallt wirklich alles an ihm ab?
„Ich weiß nicht, was ihr wollt“, sagt er nach einer Weile. Seine Stimme klingt sehr beherrscht, aber Carlotta glaubt ein leichtes Zittern darin zu hören. „Ich habe nie irgendetwas behauptet. Alles, was ihr in mir gesehen habt, habt ihr euch selbst zurechtgelegt. Ich war für euch von Anfang an der englische Prinz oder Lord oder was auch immer. Ich habe nie gesagt, dass ich einer bin. Ich bin weder ein Lügner noch ein
Weitere Kostenlose Bücher