Carlotta, Band 4: Carlotta - Internat und Prinzenball (German Edition)
weil sie sich mit den Barbies in der Wolle hatte? Das passiert so regelmäßig, dass man die Turmuhr danach stellen könnte!
„Nee“, meint sie. „Glaub ich nicht. Vielleicht macht sie nur einen Spaziergang.“
„J’espère bien“, sagt Sofie. „Ich hoffe es.“
Als die Hausmutter ihren Abendrundgang auf dem Mädchenflur macht, ist Manu noch nicht wieder aufgetaucht.
„Wir müssen es ihr wohl sagen“, seufzt Carlotta, als sie die Stimme der Lehrerin im Flur hört.
„Aber dann bekommt Manu Ärger“, wendet Sofie ein.
Carlotta überlegt fieberhaft. Sollen sie so tun, als wäre Manu nur kurz im Waschraum? Das würde bedeuten Frau Heselein anzulügen. Aber Manu käme davon nicht wieder. Im Gegenteil, in einer halben Stunde werden sämtliche Eingangstüren abgeschlossen. Falls Manu tatsächlich draußen sein sollte, hätte sie spätestens dann keine Chance mehr, ins Schloss zu gelangen, ohne Alarm schlagen oder einen Lehrer wecken zu müssen. Was sollen sie nur tun?
Die Stimme von Frau Heselein kommt immer näher.
„Wir sagen’s ihr!“ Carlotta steht auf. „Ich hab kein gutes Gefühl bei der Sache. Draußen schwappt der See über die Ufer und der Sturm knickt reihenweise Bäume um. Wenn Manu etwas passiert, dann –“
Sie kommt nicht dazu, ihren Satz zu beenden. Frau Heselein klopft an die Tür und schiebt kurz darauf ihren Kopf ins Zimmer. „Guten Abend. Alles in Ordnung bei euch?“
Sofie und Carlotta wechseln einen unschlüssigen Blick. Schließlich nickt Sofie kaum merklich. Carlotta fasst sich ein Herz.
„Manu ist nicht da. Sie ist seit dem Abendessen verschwunden. Wir wissen nicht, wo sie ist.“
Frau Heselein hebt die Augenbrauen und kommt ins Zimmer.
„Seit dem Abendessen?“ Sie schaut auf ihre Armbanduhr. „Es ist halb zehn. Das ist Stunden her! Kann sie noch in einem der Aufenthaltsräume sein und die Zeit vergessen haben?“
„Wir glauben, dass sie draußen ist“, gesteht Carlotta.
„Ihre Jacke ist weg“, fügt Sofie hinzu.
Die Lehrerin nickt. „Gut, danke. Ich werde mich darum kümmern. Bleibt bitte in eurem Zimmer und geht zu Bett.“ Die Hand auf der Türklinke, dreht sie sich noch einmal um. „Ist irgendetwas vorgefallen? Könnte es einen Grund für Manuelas Verschwinden geben?“
Wieder schauen Carlotta und Sofie sich unsicher an.
„Es gab einen Streit mit den Barbies, äh, mit ein paar Mädchen aus unserer Klasse“, berichtet Carlotta. „Manu und Julian sind danach verschwunden.“
„Vielleicht weiß er, wo sie ist“, sagt Sofie hoffnungsvoll.
Frau Heselein schüttelt den Kopf. „Das glaube ich nicht. Ich habe gerade gehört, dass Julian auch nicht in seinem Zimmer ist.“
„Was!?“ Carlotta starrt die junge Lehrerin an. „Dann sind sie also zusammen abgehauen?“
„Es sieht fast so aus.“ Frau Heselein seufzt. „Macht euch keine Sorgen. Es wird sich alles aufklären. Gute Nacht.“
Carlotta wartet, bis die Tür sich hinter Frau Heselein geschlossen hat und ihre Schritte auf dem Flur verklingen, dann dreht sie sich langsam zu Sofie um.
„Hab ich das gerade richtig verstanden? Wir sollen uns keine Sorgen machen?“
Sofie nickt bedrückt.
„Wenn die glaubt, wir gehen jetzt seelenruhig ins Bett und schlafen bis morgen früh, hat sie sich geschnitten!“ Carlotta schnaubt. „Los, komm! Zieh dir was Warmes an!“
„Was hast du vor?“, fragt Sofie mit großen Augen.
„Manu und Julian suchen“, antwortet Carlotta. „Was sonst?“
Carlotta und Sofie warten, bis im Schloss Ruhe einkehrt. In der Zwischenzeit schütteln sie ihre Bettdecken und Kopfkissen so auf, dass es aussieht, als würden sie in ihren Betten liegen – jedenfalls wenn man nicht so genau hinguckt. Wie eine Aufsichtslehrerin, die nur kurz ins Zimmer schaut zum Beispiel. Anschließend ziehen sie sich von Kopf bis Fuß sturm- und regenfest an und löschen das Licht.
Carlotta schiebt ihr Handy in die Hosentasche. Sie hat ein paarmal versucht Manu zu erreichen, aber die hat ihre Mailbox eingeschaltet.
Sofie greift nach der Taschenlampe, die Carlotta ihr reicht. Zum Glück haben sie schon im ersten Schuljahr einen Weg entdeckt, auf dem man heimlich aus dem Schloss heraus- und wieder hineinkommt, ohne Alarm auszulösen. Carlotta hätte damals nicht gedacht, dass sie dieses Wissen noch einmal brauchen würde. Jetzt ist sie froh darüber.
Wie zwei Einbrecher huschen sie den langen Flur entlang, der von kleinen Lämpchen nur notdürftig beleuchtet wird. Sie springen die Treppe
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