Carlotta, Band 4: Carlotta - Internat und Prinzenball (German Edition)
Betrüger.“
Carlotta, Sofie und Manu wechseln einen erstaunten Blick.
Irgendwie hat er Recht, denkt Carlotta. Und irgendwie ist er ziemlich cool.
„Und was ist mit Harry und William?“, schnaubt Nadine. „Du hast gesagt, du wärst mit ihnen spazieren gegangen! Und dass ihr miteinander verwandt seid!“
Julian lacht auf. Seine Augen verengen sich zu schmalen Schlitzen.
„Stimmt genau“, entgegnet er kühl. „Harry und William hießen die beiden Hunde meiner Großtante. Ich bin oft mit ihnen spazieren gegangen, als ich klein war. Kann ich was dafür, dass meine Großtante einen Hang zur Monarchie hatte und ihre Pudel nach den englischen Thronfolgern benannt hat? Für sie waren es Familienmitglieder. So what?“
„Pudel?“, schrillt Simone.
Im Speisesaal breitet sich Lachen aus. Zuerst nur an einzelnen Tischen, schließlich im ganzen Saal. Die Lehrer schauen verwundert auf. Vicky, Nadine und Simone werden knallrot.
„Du bist und bleibst ein mieser, kleiner Hochstapler“, zischt Nadine Julian kaum hörbar zu. „Es ist eine Schande, dass so was wie du in unserem Internat ist!“
„Genau!“ Vicky nickt heftig. „Fast wären wir auf dich reingefallen!“
„Jetzt reicht’s!“ Manu ballt die Fäuste. „Haltet endlich eure Klappen! Ihr glaubt wohl, nur weil ihr mit goldenen Löffeln im Mund geboren wurdet, seid ihr was Besseres!“
„Allerdings sind wir das!“, betont Simone. „Im Gegensatz zu dir und diesem Typen ganz bestimmt!“
Julian holt tief Luft und nickt langsam. Dann steht er auf, stellt sein Geschirr zusammen und nimmt sein Tablett. Alles betont ruhig und ohne mit der Wimper zu zucken.
„Good evening, Ladys“, sagt er mit einem leichten Lächeln zu Carlotta, Sofie und Manu, bevor er sich durch die Reihen in Richtung Ausgang schiebt.
Alle Blicke folgen ihm. Er stellt sein Tablett auf einen der Geschirrwagen und stößt die Schwingtür auf. Dann ist er verschwunden.
Carlotta wagt wieder zu atmen. Sie hat gar nicht gemerkt, dass sie die ganze Zeit die Luft angehalten hatte. Manu knüllt ihre Serviette zusammen, wirft sie auf den Tisch und eilt hinter Julian her.
Carlotta und Sofie schauen sich an. Sofie zuckt hilflos die Achseln. Ihre Augen sind riesengroß. Ganz kurz überlegt Carlotta, ob sie vielleicht hinter Manu herlaufen soll, aber dann lässt sie es bleiben. In dieser Stimmung mit ihr reden zu wollen ist zwecklos. Wenn Manu so aufgebracht ist wie jetzt, lässt man sie lieber in Ruhe. So viel hat Carlotta in den gemeinsamen Jahren im Internat gelernt. Vielleicht ergibt sich später eine Gelegenheit. Hauptsache, Manu beruhigt sich wieder. Und Julian auch.
Der Ärmste, denkt sie. Musste es wirklich sein, ihn vor allen anderen bloßzustellen?
Sie wirft den Barbies einen giftigen Blick zu, aber die tun so, als hätten sie es nicht bemerkt. Sie werfen ihre Haare zurück und grinsen triumphierend, bevor sie in aller Seelenruhe zu Ende essen. Die drei sind echt das Allerletzte!
Als Carlotta und Sofie eine halbe Stunde später in ihr Zimmer zurückkehren, ist Manu nicht da. Es sieht aus, als wäre sie nach dem Abendessen gar nicht dort gewesen. Ihr Bett ist genauso unberührt und unverändert wie das Chaos aus Naschkram, Pferdebüchern und leeren DVD-Hüllen ringsherum.
„Merkwürdig“, meint Sofie.
Carlotta stimmt ihr zu. Wo kann Manu um diese Uhrzeit sein? Normalerweise beginnt jetzt die offizielle Abendruhe. Nach dem Essen gehen alle Schüler in ihre Zimmer, um Hausaufgaben zu erledigen, sich auf Klausuren vorzubereiten oder zu lesen. Manche gehen dazu auch in die Bibliothek oder treffen sich mit Freunden in einem der Aufenthaltsräume. Aber zu denen gehört Manu nicht. Normalerweise jedenfalls nicht.
Carlotta sieht sich aufmerksam um.
„Ihre Jacke ist weg“, stellt sie fest. „Sie muss kurz hier gewesen sein.“
„Wozu braucht sie eine Jacke?“ Sofie tippt sich an die Nase.
„Keine Ahnung“, antwortet Carlotta. Sie setzt sich auf ihren Drehstuhl und fährt ein paarmal im Kreis. Manchmal hilft das beim Nachdenken. Heute allerdings nicht. Auch die drei weißen Gummibärchen, die sie sich zwischen die Zähne schiebt, haben nicht den gewünschten Effekt.
„Die taucht schon wieder auf“, sagt sie zu Sofie. „Spätestens wenn die Eselbein ihren Rundgang macht, ist sie wieder da.“
„Und wenn sie weggelaufen ist?“ Sofie blättert in einem Französischbuch, das aufgeschlagen auf ihrem Schreibtisch liegt.
Carlotta stutzt. Wieso sollte Manu weglaufen? Nur
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