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Carlotta steigt ein

Carlotta steigt ein

Titel: Carlotta steigt ein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Barnes
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Bettes lag, das
ich wegen seiner Länge gekauft hatte, ganz zu schweigen von der Breite, durch
die ich mir so verloren vorkam. Ich konnte nicht einschlafen, also spielte ich
auf meiner alten Steel-Gitarre bis weit in die Nacht hinein und zerschnitt mir
dabei meine Fingerkuppen, bis sie bluteten.
    Als ich von Cal geschieden
wurde, sagten die Leute, ich hätte Glück, ihn los zu sein. Kannja sein. Nur daß
der Typ, den ich losgeworden war, gar nicht mehr Cal war. Bekannte sagten, sie
wären froh, daß wir keine Kinder hätten. Ich nicht. Ich war glücklich über
Paolina.
    Dieser alte Song ging mir nicht
aus dem Kopf. Er ist von Blind Lemon Jefferson, bluesartig und beschwingt, und
kein Mensch käme auf den Gedanken, er könne den folgenden Text haben:
     
    There’s one kind favor I ask of you.
    There’s one kind favor I ask of you.
    There’s one kind favor I ask of you.
    Won’t you see that my grave
    is kept clean, pretty momma,
    Won’t you see that my grave is kept clean?
     
    Ich spielte ihn dreimal und
versuchte, mich an die Reihenfolge der Verse zu erinnern.
    Ich knipste das Licht aus,
konnte jedoch immer noch nicht schlafen, stand schließlich wieder auf und
suchte nach Sam Gianellis Karte. Ich fand sie tief in meiner Hosentasche
vergraben und starrte eine Weile darauf. Jederzeit, hatte er gesagt. Tag und
Nacht.
    Er ist sicher nicht zu Hause,
dachte ich. Ich werde aufhängen, wenn er den Hörer abnimmt, dachte ich.
    Ich hätte Mooney anrufen
sollen, aber ich rief Sam an.
    Und er war zu Hause, allein und
wach.
     
     
     

19
     
    Komisch, wie man sich einen
alten Schuh wieder anzieht, wenn nötig.
    Bei meiner Meldung zur zweiten
Nachtschicht bei G&W merkte ich mit gelindem Schaudern, wie vertraut mir
alles noch war. Da ich neu zur Truppe stieß, blieb ich auf einem der
schlimmsten alten Ford sitzen. Gloria händigte mir mit ausdruckslosem Gesicht
den Schlüssel zu Eugenes Spind aus — vorübergehend nun meiner. Ich hatte nichts
hineinzutun, schlenderte aber trotzdem hinüber und riß die Tür auf, als wollte
ich ausprobieren, ob das Schloß auch in Ordnung war. In Wirklichkeit spionierte
ich einer Gruppe von Fahrern nach, die in der Nähe der Bank zusammenstanden und
über die Red Sox und die anderen Teams schwatzten.
    Im allgemeinen braucht man die
Sox nicht gesehen zu haben, um mitreden zu können. Daß sie jedesmal gegen Ende
der Saison in den Keller absacken, ist leider vorauszusehen. Dieses Jahr war es
allerdings anders. Sie schienen unschlagbar zu sein, aber die treuen Fans
warteten darauf, daß sie zusammenklappten.
    Ich ließ meinen gemischten
Gefühlen freien Lauf und meckerte über die hohen Honorare, die diese Stinker
dafür einstreichen, daß sie dreimal in einem Spiel zuschlagen, beobachtete
jedoch die ganze Zeit die anderen Fahrer, wie sie auf mich reagierten, auf
meine Inbesitznahme von Eugenes Spind und auf meine GBA-Anstecknadel, die auf
meinem Revers blitzte. Mir war zumute wie einem Geheimpolizisten, und das
gefiel mir nicht. Es ist etwas Gemeines dabei. Erst freundest du dich mit den
Bösewichten an, solidarisierst dich mit ihnen, und dann betrügst du sie. Wenn
du nicht einen Teil deiner selbst aus der Sache heraushältst und dich
abschottest, wirst du glatt verrückt.
    Ich kannte ein paar von ihnen.
Eine Frau mittleren Alters, die seit Ewigkeiten Taxi fuhr, wurde Rosie oder
Happy oder mit einem ähnlich heiteren Namen gerufen, der überhaupt nicht zu
ihrem abstoßenden Gesicht und ihren düsteren Ansichten vom Sport paßte. Ich
grüßte sie zuerst, und entweder erinnerte sie sich vage an mich, oder sie tat
höflicherweise so. Dann sagte Sean Boyle Hallo, und schließlich auch einige
andere. Rosie — so hieß sie — übernahm die Vorstellung. Ich nickte und lächelte
und versuchte die Namen mit den Personalbögen in Einklang zu bringen, was recht
schwierig war, da interne Daten ausschließlich unter den Vornamen verbucht
waren. Viele Fahrer hatten Spitznamen wie Red Light, Speedy oder Mad Dog.
    Ich würde die Liste der Namen
mit Gloria durchgehen müssen.
    Taxi Nummer 223. Es hatte eine
Beule im rechten vorderen Kotflügel und roch wie das Innere eines alten
Stiefels. Ich hielt sofort an, um einen Duftspray einzukaufen. Die angeblich
kugelsichere Heckscheibe, bei allen Bostoner Taxen Vorschrift, war so verkratzt
und milchig, daß der Rückspiegel keine Funktion mehr hatte.
    Als ich meine Fahrerlaubnis
hinter die Sonnenblende steckte, fühlte ich mich wie ein Fernsehstar bei

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