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Carlotta steigt ein

Carlotta steigt ein

Titel: Carlotta steigt ein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Barnes
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der
Wiederholung einer alten Serie. Schon beim bloßen Betreten dieser schmutzigen
Garage, mit Jeans, Arbeitshemd und Fahrermütze, mußte ich daran denken, wer ich
eigentlich war, als ich damals zum Broterwerb Taxi fuhr — und wer jetzt.
    Und Sam Gianelli.
    Komisch, wie man sich einen
alten Schuh wieder anzieht...
    Er hatte um zwei Uhr in der
Frühe herüberkommen wollen, sobald er meine Stimme am Telefon erkannte. Ich
hatte einen Rückzieher gemacht. Wir hatten uns auf ein spätes Sonntagsfrühstück
in einem kleinen Restaurant in North Cambridge geeinigt, wo wir öfter gewesen
waren; es bestand aus lauter eng aneinander gerückten Tischchen für zwei, und
ich hätte gleich Einspruch erheben müssen. Zu viele Erinnerungen an üppige
Nachmittagsfrühstücke nach ewig währenden Liebesstunden.
    Um halb elf hatte ein Typ
kräftig an meine Eingangstür geklopft und mir einen Blumenstrauß überreicht.
Nicht diese schrecklich gefärbten Nelkengestecke im Topf, sondern ein Bukett
Iris, Inkalilien und Fresien. Fresien sind meine Lieblingsblumen wegen ihres
Aprikosendufts. So etwas kann man an einem Sonntagmorgen auftreiben, wenn man
Gianelli heißt.
    Ich zog mich salopp an,
vielleicht, um Sam zu zeigen, daß ich keine großen Erwartungen in unser Treffen
setzte — Lüge Nummer eins — und nicht durch Blumen zu beeindrucken war — Lüge
Nummer zwei. Ich wählte weiße Jeans und ein heißes türkisfarbenes
Strickoberteil aus, passend zu meinen Malachitperlen. Ich trage Halsketten.
Keine Ringe oder Armreifen, wegen des Volleyballs. Ich trage nie Ohrringe. Sie
stören mich, schon der Gedanke an Ohrringe stört mich, ganz zu schweigen von
dem Kneifen am Ohrläppchen. Und ich fände es gräßlich, mir Löcher in die Ohren
stechen zu lassen. Es kommt mir irgendwie barbarisch vor. Ohrringe und
Nagellack kann ich nicht ausstehen. Gegen Make-up habe ich wiederum nichts, und
nun machen Sie sich selbst einen Reim darauf.
    Ich trug sexy
Seidenunterwäsche, will also nicht so tun, als hätte der Ausgang des
Nachmittags mich sehr überrascht.
    Natürlich wollte er mein Haus
sehen. Und natürlich ist der Teil des Hauses, der wirklich mir gehört und auf
den ich stolz bin, mein Schlafzimmer. Und da ist auch der Stereoklang am
besten. Sam und ich haben einen unterschiedlichen Geschmack, was Musik angeht.
Er mag Jazz lieber. Aber wir sind uns einig, daß neben Billie Holliday jeder
andere mickerig klingt, also stopfte ich ein Band in das Gerät, und bald
endeten wir genau da, wo ich mir schon gedacht hatte, daß wir enden würden, als
ich ihn unter der Glühbirne in Glorias Büro das Wasser aus den Haaren schütteln
sah.
    «Ich erkenne dich wieder»,
sagte er, «du bist die, die gern nach oben klettert.»
    «Du siehst eigentlich so aus,
als könntest du dein Gewicht gut selber tragen, Sam», sagte ich, während ich mich
entgegenkommend auf den Bauch drehte. Tat er. Konnte er. Er sah aus, als ob er
Gewichte gehoben hätte, muskulös und schweißnaß.
    Wir wechselten uns ab, mal der
eine, mal der andere oben, und es war herrlich. Ich merkte, daß ich Geräusche
von mir gab, die Roz beschämt hätten, und wünschte mir insgeheim, sie und Lemon
wären zu Hause, die Ohren am Fußboden wie festgenagelt vor Erstaunen über die
Nachmittagsschäferstündchen ihrer Vermieterin.
    Komisch, wie man sich den alten
Schuh wieder anzieht...
    Ein verbeulter VW-Bus schoß aus
einer schmalen Gasse heraus, die sich als Straße ausgab, und ich mußte das
Lenkrad nach rechts reißen, um einen Zusammenstoß zu vermeiden. Meine Reifen
quietschten vor Protest.
    Wieder an die Arbeit.
    Der Verkehr in der Innenstadt
war schneller und dichter, als ich in Erinnerung hatte. Aggressives Fahren ist
in Boston die Norm, aber es schien noch schlimmer geworden zu sein. Die
Grobheit hatte entschieden zugenommen. Die Leute lehnten sich auf ihre Hupen,
sie lehnten sich wirklich darauf
    Den ganzen Weg den Storrow
Drive hinunter wurde ich durch das Gedränge der Autos in meinen drei Aufgaben
behindert. Nummer eins war der Funk. Ich hatte vor, jeden Funkspruch abzuhören
und aufzuschreiben. Später wollte ich dann sehen, ob ich irgendeinen Code, ein
Kennungsmuster herausbekam. Nummer zwei war, die Namen mit Gesichtern und
Stimmen in Einklang zu bringen, herauszufinden, wer welches Taxi fuhr. Nummer
drei: jede Nacht einem der alten Käuze zu folgen. Schauen, ob jemand dumm genug
war, etwas offensichtlich Verdächtiges zu tun.
    Als Kandidaten für den Abend
hatte ich mir meinen

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