Carolin - GesamtWerk
so raunten ihr die Überbleibsel ihrer guten Erziehung zu, doch ließ sie ihn gewähren wie gelähmt, als bliebe ihr keine andere Wahl.
Bald fuhren sie über eine Landstraße durch die blaue Nacht, viele Autos waren unterwegs. Ohne den Blick von der Straße zu nehmen, sprach Simon über seine Achsel wie beiläufig zu ihr nach hinten. »Sei ein bisschen lieb zu unserem Begleiter.« Wie lieb? Was meinte er? Ihre unausgesprochene Frage erfüllte den Wagen. »So lieb, wie es sich ein Mann wünscht. — Blas ihm einen!«
Warum war sie nicht empört, nicht schockiert, warum erschien ihr diese Aufforderung wie eine Selbstverständlichkeit, ganz folgerichtig, als hätte sie nur darauf gewartet? Weil Simon ein Zauberer war und verborgene Wünsche ans Licht brachte, unwiderstehliches Verlangen weckte, ihre Gefühle erklingen ließ wie einen lyrischen Akkord. Sie beugte sich über Gerhards Schoß, öffnete seine Hose, brachte den schwellenden Penis hervor, küsste ihn zärtlich, schloss die Lippen um das zuckende Fleisch, funktionierte wie gewünscht, wunderte sich, wie leicht es ihr fiel, diesen fremden Mann zu beglücken, der ihr nicht einmal sympathisch war. Das Geheime, Unmoralische, Verrufene aber schenkte finsteren Kitzel, sie schmolz im sinnlichen Feuer, das die Kugeln entfachten … Der Wagen bog von der Straße ab, schaukelte über den holprigen Asphalt eines Wirtschaftsweges, für Autos verboten, so entnahm sie einer Bemerkung, und empfing die heiße und etwas fad schmeckende Flut des Kleinen wie ein Geschenk, das er ihr im Namen Simons machte. Ihre Lippen blieben um den schrumpfenden Penis geschlossen, bis der Wagen zum Stehen kam und der Motor erstarb.
Sie richtete sich auf, sah Dunkelheit um sich herum, sie standen inmitten anderer Autos auf der Anhöhe eines Steinbruchs oberhalb der Stadt, deren Lichter man überblickte wie die eines Spielzeugmodells, als wäre sie nicht wahr. Gerhards Finger zogen den Reißverschluss ihres Kleides am Rücken herab und er schaute zu, wie sich mühsam herausschälte. »Sie ist hübsch und sie macht es gut mit dem Mund, ein wirklich scharfes Stück, du hast nicht zu viel versprochen.«
Simon schenkte ihr im Rückspiegel ein lobendes Lächeln. »Ja, sie ist ein Schatz.«
Mit ihr sprach Gerhard nicht, wenn er eine Bemerkung machte, dann über sie, als sei sie ein seelenloser Gegenstand, eine Puppe, eine Ware. Auch Simon blieb distanziert, mehr als diesen einen Blick gab es nicht als Zeichen der Verbundenheit. Puppe zu sein gab einen seltsam reizvollen Kitzel, das Ignorieren der Seele füllte sie mit absonderlicher Lust, bei den schmählichen Worten des Mannes rieselte ein erregender Schauer über ihre Haut. Achtlos ließ sie das Kleid neben sich auf den Sitz fallen und fühlte warme Lippen am Hals, an den Brüsten, wildes Saugen an den Knospen, hörte ihr wonniges Seufzen.
Leise keuchend ließ Gerhard von ihr ab. »Treibt sie es mit jedem?«
»Nur mit meinen Freunden, wenn ich sie darum bitte.« Besitzerstolz klang aus Simons Stimme. Aber er hatte sie ja gar nicht darum gebeten, sondern es von ihr verlangt, zum Glück (zum Glück für ihn, seinen Freund, für sie selbst), denn eine solche Bitte hätte sie nicht erfüllt, dem Verlangen hingegen (oder dem Befehl) ließ sich leicht nachkommen, es geschah ja nicht aus freiem Willen, sie tat nur das, wozu die Kraft des Zaubers sie zwang. So war sie frei von aller Schuld.
Zischend schossen die ersten Raketen hoch und zerplatzten zu Sternschnuppen, Kaskaden von Licht, die zur Erde zurückströmten, rot, gelb und weiß glühte der Himmel wie zur Feier ihrer Willigkeit, diese Assoziation aber war vermessen. Sie sah ein Mädchengesicht hinter der Scheibe des Autos nebenan, große Augen, die zu ihr herüberstarrten, sie wandte den Blick ab, richtete ihn fest auf Simons Nacken, stöhnte auf, da Gerhards Hand an ihrem Schoß wühlte und die Kugeln tiefer drängte. Kaum nahm sie das Spektakel draußen wahr. Endlich verglühten die Raketen, Dunkelheit breitete gnädig den Mantel aus und verbarg sie vor den Blicken des Mädchens nebenan, ringsum wurden Motoren angelassen, knirschend rollten die Autos vom Schotterplatz auf den verbotenen schmalen Weg.
Auch Simon fuhr los und Gerhards heisere Stimme sprach die ersten Worte direkt zu ihr: »Reite auf mir!« Wie stellte er sich das vor in der Enge des Wagens? Er dirigierte sie auf seinen Schoß, ihren Rücken ihm zugewandt, ihre Beine öffneten sich, wurden noch weiter auseinandergedrängt, sie
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