Caroline und der Bandit
versichern, daß ich stärker bin.«
»Ach – wer
droht jetzt wem?« erwiderte sie und zog spöttisch eine Augenbraue hoch.
Guthrie
hatte die größte Lust, dieses störrische Frauenzimmer übers Knie zu legen,
doch er beschränkte sich auf ein spöttisches Lächeln. »Darf ich dich noch
einmal daran erinnern, daß du diejenige bist, die etwas erreichen will?«
Ihr Mut
nahm sichtlich ab – sie erblaßte und trat einen Schritt zurück – aber ihr Stolz
schien ungebrochen. »Wie ich schon gestern abend sagte – wenn du mir nicht
hilfst, tue ich es allein!«
Vielleicht
wäre es tatsächlich das Beste gewesen, sie mit ihrem verrückten Plan allein zu
lassen, aber andererseits konnte er nicht zulassen, daß sie ein derartiges
Risiko einging. »Warum suchst du dir nicht einen netten Mann, den du verführen kannst«,
flüsterte er, weil ihm bewußt war, daß sie bereits beobachtet wurden, »und
vergißt den Galgenvogel in Laramie?«
Carolines
Augen blitzten drohend, aber sie ging auf die Herausforderung nicht ein.
»Gestern haben die Ferien begonnen«, informierte sie Guthrie kühl. »Es besteht also
kein Grund, warum ich nicht nach Laramie reiten sollte.«
Damit
drehte sie sich auf dem Absatz um und ging die Straße hinunter auf das Postbüro
zu, und Guthrie wußte nicht, wie er sie aufhalten sollte, ohne noch mehr
Aufsehen zu erregen. Wütend kehrte er in den Laden zurück.
Nachdem
Caroline Guthrie und
seinen häßlichen Hund in den Saloon hatte gehen sehen, verließ sie das Postbüro
und überquerte die Straße zum Bekleidungsladen.
Hypathia
Furvis begrüßte sie mit einem verschlagenen Lächeln. »Hallo, Caroline«, flötete
sie. »Was bringt dich her? Bist du auf der Suche nach einem Kleid für den
Frühlingsball?«
Niemand
hatte Caroline zum Ball eingeladen, und das wußte Hypathia genau. Aber Caroline
ärgerte ihre ehemalige Schulkameradin für ihr Leben gern, denn auch Hypathia
hatte sich damals, als Seaton Flynn nach Bolton gekommen war, Hoffnungen auf
den jungen Anwalt gemacht.
»Ja«,
behauptete Caroline aus einem Impuls heraus, obwohl sie ihre Kleider im
allgemeinen selbst nähte. »Ich möchte ein Kleid kaufen.«
Hypathia,
ein kleines, unscheinbares Mädchen mit mausgrauem Haar und großen
Pferdezähnen, konnte ihre Verblüffung nicht verbergen. »Dann muß dich dieser
Bergmann eingeladen haben«, erklärte sie seufzend, während sie nach einem
Kleid in Carolines Größe suchte. »Die Leute reden schon. Sie sagen, du wärst
viel zu freundlich zu diesem Mann.«
Caroline
erwiderte kühl Hypathias Blick. »So? Ich wußte gar nicht, daß die > Leute < sich für meine Privatangelegenheiten interessieren.«
Hypathia
errötete. »Er ist sehr oft im Saloon«, sagte sie rasch. »Und er trägt diese
fürchterliche Augenklappe – wie ein Pirat in einem billigen Roman. Ich begreife
nicht, was du an ihm findest.«
Carolines
Blick fiel auf rosafarbene Spitze, und sie nahm das Kleid vom Bügel.
Normalerweise hätte sie nie ein so verspieltes Kleid gekauft, aber als sie es
sich vorhielt und sich im Spiegel betrachtete, machte ihr Herz plötzlich einen
aufgeregten kleinen Sprung.
Der
kräftige Rosaton verlieh ihren Wangen Farbe, die Spitze ließ ihr Gesicht
weicher und sanfter erscheinen, und – was das wichtigste war – das
tiefausgeschnittene Mieder brachte ihren kleinen Busen sehr schön zur Geltung!
»Was kostet
dieses Kleid?« fragte sie nachdenklich, ohne auf Hypathias Kommentar zu hören.
»Mehr, als
eine Lehrerin sich leisten kann«, erwiderte Hypathia schroff.
Damit war
für Caroline die Entscheidung gefallen. Nichts hätte sie jetzt mehr davon
abhalten können, das Kleid zu kaufen, obwohl es fast ihr gesamtes Monatsgehalt
verschlang. »Ich nehme es«, sagte sie lächelnd.
Hypathia
starrte sie mit offenem Mund an, dann wurden ihre Augen schmal, und sie riß
Caroline das Kleid fast aus der Hand. »Na gut, wie du willst«, meinte sie
verärgert. »Aber glaub bloß nicht, daß du es morgen, wenn du es getragen hast,
umtauschen kannst!«
Caroline
hätte vielleicht gelächelt, als sie Hypathia zur Ladentheke folgte, aber die
Tatsache, daß sie noch keinen Begleiter für den Abend hatte, bereitete ihr
jetzt große Sorgen. Denn allein konnte sie nicht auf den Ball gehen ...
Abwesend
bezahlte sie das Kleid mit ihrem hartverdienten Geld und verließ dann nach
einem kurzen Gruß den Laden.
Guthrie kam
gerade aus dem Saloon. Sein Hund, Tob, trottete neben ihm her und leckte sich
die
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