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Caroline

Caroline

Titel: Caroline Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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wovon du redest«, sagte Fuck mit einem belehrenden Tonfall. »Eva meint immer, die ganze Welt habe vom Mord an unserer Tochter gehört.« Erklärend wandte er sich an seine Frau. »Für dich ist es das Schlimmste, was dir in deinem ganzen Leben widerfahren ist, aber für den Rest der Welt war es nur eine kleine Zeitungsmeldung.«
    Mord passte trotz meiner Bedenken absolut nicht in diese Umgebung und traf mich wie ein Schlag. »Valerie hatte also eine Schwester?«
    »Ja. Denise war geistig behindert, schon von Geburt an«, sagte Fuck. »Sie kam zwei Jahre nach Valerie, und die liebte ihre kleine Schwester. Und Denise liebte sie.« Er schaute seine Frau an. »Komisch eigentlich, dass sie sich nie viel aus ihrer eigenen Tochter gemacht hat, während sie für ihre debile Schwester durchs Feuer gegangen wäre. Sie bemutterte sie. Sie fand es furchtbar, als wir sie ins Heim brachten. Sie wollte immer mit, wenn wir hinfuhren, und sobald sie alt genug war, alleine mit dem Bus zu fahren, besuchte sie Denise auch auf eigene Faust, öfter als wir, muss ich zu meiner Schande gestehen.«
    »Vielleicht hat Meneer Winter ja doch davon gehört?«, meinte Eva dickköpfig. »Er war doch bei der Polizei.«
    Fuck nickte nachgiebig. »Wie dem auch sei. Valerie war schon verheiratet und wohnte nicht mehr bei uns, als das mit Denise geschah. Sie ist vergewaltigt und erwürgt worden.«
    »Wurde der Täter gefasst?«, fragte ich.
    »Ja, es war der Gärtner, der auch die Tiere versorgte. Er hat wahrscheinlich noch weitere Heimbewohnerinnen missbraucht. Man glaubt, dass Denise sich gewehrt hat und er sie deshalb erwürgte.«
    Einen Moment lang war es still. Dann sagte Nel: »Wie furchtbar. War es das, wovor Valerie Sie zu warnen versuchte?«
    Ich schaute sie verwundert an.
    »Sie haben doch eben gesagt, dass Denise noch leben würde, wenn Sie auf Valerie gehört hätten«, sagte Nel.
    Das Ehepaar warf sich schweigend einen Blick zu.
    »Wann hat sie Ihnen das gesagt?«, fragte ich.
    »Ich weiß es nicht mehr genau«, murmelte Fuck.
    »Doch, ich schon.« Eva biss sich auf die Lippen. »Es war während ihres letzten Schuljahres, nachdem sie einmal dort übernachtet hatte. Es gab dort eine Art Gästetrakt und Valerie blieb manchmal über Nacht da, wenn sie Denise besuchte. Als sie nach Hause kam, war sie ganz aufgewühlt und sagte, dass wir Denise dort unbedingt wegholen müssten und sie sich schon um sie kümmern würde.«
    Fuck nickte, als fiele es ihm wieder ein. »Nun, das war natürlich Unsinn. Valerie steckte mitten in ihren Abschlussprüfungen und hatte vor, auf eine Mannequinschule zu gehen. Für mich klang es wie eine verrückte Laune, wie wir sie von Valerie kannten. Es war eine sehr gute Einrichtung, deren Mitarbeiter genau wussten, was Denise brauchte, und die besser für sie sorgen konnten als wir.« Er schaute seine Frau ärgerlich an. »Ja, im Nachhinein ist man immer klüger: Hätten wir dies, hätten wir das, aber hinterher ist es zu spät. Damals war alles in Ordnung und das andere passierte erst zwei Jahre später, als Denise achtzehn war.«
    Nel schaute mich an. Ich erwiderte ihren Blick und dachte bei mir, dass achtzehn in dieser Familie ein ungesundes Alter war. Mit achtzehn wurde Valerie ungewollt schwanger, Denise wurde mit achtzehn ermordet und jetzt war Caroline verschwunden, die nur ein knappes Jahr älter war. Wir fragten, ob sie Fotos von Valerie aus jener Zeit hätten, und Eva brachte uns einen Stapel Schwarz-Weiß-Porträts im Format 18x24 cm; Probeaufnahmen für die Modelagentur, die sie beim Schultheater entdeckt hatte. Wir wählten einige aus, notierten die mageren Angaben, und schließlich brachte uns der Hund schwanzwedelnd zum Tor.
    Wir machten am Zeijener Forsthaus Halt und ich hielt den Arm um Nel gelegt, während wir am Straßenrand entlang zu dem Ausflugslokal spazierten. Nel telefonierte mit Eddy und ich spürte die kleinen Bewegungen ihrer Schulter unter dem lavendelblauen Stoff ihrer Sommerbluse, während sie im Gehen redete.
    »Das hört sich nach einer offiziellen Geschichte an«, sagte sie in ihr Handy. »Dafür habe ich jetzt keinen Kopf.«
    Ich blieb mit ihr vor der Terrasse stehen, auf der Wanderer und Camper Pfannkuchen aßen und Cola tranken. Das Lokal war links und rechts von Wald umgeben. Es roch nach Tannen und strammem Max.
    »In Drenthe«, sagte Nel in den Apparat. »Das weiß ich nicht genau. Hier herrscht die große Rechtschaffenheit, an die ich mich noch sehr gut erinnern kann. Nein, es

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