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Caroline

Caroline

Titel: Caroline Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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meine Christenpflicht.«
    »Ich komme gleich«, sagte ich.
    Der Polizist nickte und folgte dem Pfarrer. Ein Rettungswagen hielt auf dem Pflaster neben der Warft. Nel saß auf einer niedrigen Mauer neben der Kirche unter den kreischenden Krähen. Ich streichelte ihre Wange.
    Sie hob den Blick. Sie wirkte ruhig. »Wir finden Caroline nicht in Drenthe und ich muss hier weg«, sagte sie. »Ich fahre nach Amsterdam.«
    »Du kannst dich auf der Wache umziehen und zurechtmachen, dann setze ich dich in ein Taxi nach Assen, okay? Ich komme hier schon allein zurecht.«
    »Nagel ihn an den Schandpfahl.«
    »Mach ich.«
    Sie versuchte sich an ihrer Hose das Blut von den Händen abzuwischen und sagte: »Der einzige Beweis ist das, was wir gehört haben.«
    »Und das war eine ganze Menge.«
    »Du kannst niemanden zu einer DNA-Probe zwingen.«
    »Er kann sich schon aus Anstand nicht weigern. Das wäre wie ein Geständnis.«
    »Dieser Mann hat keinen Anstand«, erwiderte Nel. »Ich rede mit dem Untersuchungsrichter in Assen.« Sie seufzte. »Seine DNA nutzt dir nichts ohne die von Caroline.«
    Ich nickte. »Ein Grund mehr, sie zu finden.«

 

     
7
     
    In Feerweerd war alles klein: der Ring von Häusern mit Gärten und die nach vorn geneigte Jacobuskirche. Hier schien die Zeit stehen geblieben zu sein. Die Straße von Ezinge nach Garnwerd führte an einem Seitenarm des Reitkanals entlang am Ort vorbei. Vereinzelte Bauernhöfe, eine Mühle. Das kleine Ringdorf lag sicher jenseits des schmalen Wasserlaufs, über den eine alte Brücke führte. Meinen Wagen hatte ich vor der Brücke abgestellt; Autos gehörten in eine andere Welt.
    Hier war CyberNel aufgewachsen.
    Ich spazierte an der Kirche vorbei über die gepflasterte Ringstraße und versuchte mir CyberNel vorzustellen, ein Mädchen mit kastanienbraunen Flechtzöpfen, grünen Augen und Sommersprossen um die Nase, das nach der Schule am Ufer entlang rannte und ihrer Mutter beim Singen im Kirchenchor zuhörte. Es gab hier nur diesen geschlossenen Kreis der Häuser mit ihren Vorgärten. Ich sah kein einziges Geschäft und fragte mich allmählich, ob CyberNel mich zum Narren gehalten hatte. Ich fing einen blonden Groninger ab, der über die Straße zu einem gegenüberliegenden Haus ging.
    Er fing an zu lachen. »Ob Sie’s glauben oder nicht, bei uns gibt es weder Bäcker, Metzger noch einen Supermarkt. Allerdings haben wir einen Fahrradmechaniker. Gehen Sie einfach geradeaus, dann kommen Sie automatisch daran vorbei.«
    Das schmale Wohnhaus stand direkt an der Straße, der kleine Laden lag weiter hinten an einem gepflasterten Hof und versteckte sich hinter vollen Wäscheleinen. Ich sah, dass hier auch Eis und De Telegraaf verkauft wurden. Über dem kleinen Schaufenster hing ein verwittertes Emailschild: Ordentliches Mitglied der Fahrradmechanikerzunft.
    Eine Glocke läutete. Ich ging an einer Reihe von Fahrrädern vorbei zur Ladentheke. Durch eine offen stehende Tür konnte ich in die kleine Werkstatt dahinter blicken: Auf mehreren Werkbänken verteilt lagen Werkzeuge und Ersatzteile. Das Holz war vom jahrelangen Arbeiten mit Öl, Lacken und Schmierstoffen dunkel gefärbt. Ein Fahrradrahmen hing an Ketten unter der Decke. Die Frau, die aus einer anderen Tür trat, hatte ein rundes gerötetes Gesicht mit Fältchen um die hellblauen Augen und dickes graues Haar. Ihr spontanes Lächeln wirkte ganz natürlich und nicht nur für mich als Kunden bestimmt. Sie sah Nel nicht ähnlich.
    »Mevrouw van Doorn? Ich bin Max, Max Winter.«
    Sie schaute mich stirnrunzelnd an, einen Augenblick lang verwirrt, weil ihr mein Name bekannt vorkam, sie aber den dazugehörigen Mann nicht kannte, der auf einmal vor ihr stand. »Ja?« Sie ergriff meine Hand, die ich ihr über die Theke hinweg reichte, ohne recht zu wissen, was sie damit anfangen sollte. Doch dann hellte sich ihr Gesichtsausdruck auf. »Ach so! Sie sind Max.«
    »Richtig.«
    Sie musterte mich nervös. Ihr Schweigen wurde allmählich etwas peinlich, und ich fragte: »Ist Ihr Mann auch zu Hause?«
    »Ja. Ich gehe ihn holen.«
    Sie flüchtete durch die Werkstatt zu einer Tür auf der gegenüberliegenden Seite, und ich hörte sie rufen: »Roelof!«
    Kurz darauf kehrten sie zurück, er vorneweg. Roelof van Doorn hatte Nels grüne Augen und Nels braunes Haar, das er in einem langen dünnen Pferdeschwanz auf dem Rücken trug. »Max«, sagte er und reichte mir die Hand. »Sieh mal einer an. Waren Sie zufällig in der Nähe?«
    »Sie brauchen mich

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