Caroline
nicht zu siezen«, sagte ich. »Ich war gerade in Drenthe und ich dachte, es wäre eine gute Idee, mich Ihnen einmal vorzustellen. Ihre Tochter und ich arbeiten jetzt schon so lange zusammen …«
»Ich bin Roelof, das ist meine Frau Auke. Unsere Töchter nennen uns auch beim Vornamen, sie sind moderne Mädels. Warum trägst du denn so ein Käppi, wie nennt man das, ist Max ein jüdischer Name?«
Ich fasste mir automatisch an den Kopf. Ich empfand keine Schmerzen mehr und hatte die Mütze schon ganz vergessen. »Ich bin gefallen und mit dem Kopf an einen Stein gestoßen«, erklärte ich. »Beim Nähen musste die Stelle rund um die Wunde rasiert werden.«
»Es ist schrecklich unaufgeräumt«, sagte Auke, die noch nicht so schnell zum Du überging. »Sie hätten vorher kurz anrufen sollen. Sie bleiben doch zum Essen? Schade, dass Lia nicht da ist, dann hätte sie mir ein bisschen helfen können.«
»Ist Lia Ihre andere Tochter?«, fragte ich.
Sie schaute mich erstaunt an. »Nein, unsere andere Tochter kommt mir nicht helfen. Theodora lebt schon seit zehn Jahren in Deutschland.«
Roelof grinste. »Lia ist deine Freundin.«
Ich erholte mich von meiner Verwirrung. »Ich kenne sie nur als Nel«, erklärte ich. »Und im Internet ist sie als CyberNel bekannt.«
»Lia konnte schon als Kind die Finger nicht von Radios und Fernsehern lassen«, sagte Auke. »Sie hatte eine eigene Tasche voller Zangen und Messgeräte. Wir hatten ziemlich oft einen Kurzschluss.«
Roelof sagte mit einem Blick auf meine gerunzelte Stirn: »Sie heißt Cornelia. Wir haben sie immer Lia gerufen. Ich weiß nicht, warum sie sich jetzt Nel nennt, aber das ist immer noch besser als Cor, stimmt’s?« Wieder lachte er; er war ein herzlicher, fröhlicher Mensch. Nel ähnelte ihm. Cornelia. »Lass uns doch nicht so hier herumstehen«, sagte Roelof. »Vielleicht sollten wir vor dem Essen einen Schnaps trinken, schließlich ist das ein besonderer Anlass, oder etwa nicht?«
»Ich sehe unmöglich aus«, sagte Auke. »Und drinnen sieht’s auch schlimm aus.«
»Dann geh du doch schon mal«, sagte Roelof. »Ich unterhalte mich noch ein bisschen mit Lias äh …« Ich sah, dass ihm schon das Wort ›Verlobten‹ auf der Zunge lag und er rasch auf Max umschalten musste. »Ich zeige Max die Werkstatt und du bringst uns gleich den jungen Klaren in den Garten.«
Nels Mutter verschwand und ich ging an der Theke vorbei und folgte Roelof in seine Werkstatt. Er versetzte dem Rahmen an der Kette einen Stoß und dieser schwang hin und her, bis er ihn mit einer Handbewegung anhielt. »Das ist also meine Fahrradwerkstatt«, sagte er. »Wenn Lia hier ist, hilft sie mir gerne beim Schrauben.«
»Sie behauptet, sie hätte ihre Begabung im Umgang mit Computern von dir.«
Er lachte ungläubig. »Ich habe noch nicht mal einen Computer. Ich weiß überhaupt nicht, wie so ein Ding funktioniert.«
»Aber vielleicht hast du ihr so etwas wie Problemlösungsstrategien beigebracht.« Ich sah, wie sich eine Falte auf seiner Stirn bildete, und begriff, dass dieses Wort hier ebenso wenig hingehörte wie ›Zeitmanagement‹ oder ›Konsens‹. »Ich meine damit, dass man die meisten Probleme durchschauen und Abhilfe schaffen kann, wenn man einfach anfängt, daran herumzuschrauben.«
Er stand mir gegenüber, die Hand auf dem Fahrradrahmen, der zwischen uns hing. »Bist du deshalb hierher gekommen?«
»Ich lebe mit eurer Tochter zusammen und fand, es gehöre sich einfach, mich ihren Eltern vorzustellen.“
»Wollt ihr heiraten?«
Typisch Nels Vater. Kein langes Drumherumgerede. »Ich weiß nicht«, antwortete ich zurückhaltend. »Nel hat ziemlich viele Bedenken.«
»Sie hat ja auch beim ersten Mal mit diesem Kees Lopik sehr schlechte Erfahrungen gemacht. Wir sind hier nicht so für Scheidung, aber in ihrem Fall war ich durchaus einverstanden. Du bist jünger als ich, aber älter als Cornelia. Warst du schon einmal verheiratet?«
»Ja. Meine Frau ist tödlich verunglückt.«
»Tut mir Leid.«
»Ist schon lange her.«
Er nickte und sagte dann: »Ich hätte ja schon noch gerne ein Enkelkind.«
»Hat Nels Schwester keine Kinder?«
»Theodora ist mit einem wesentlich älteren Mann verheiratet. Er ist sehr reich und möchte keine Kinder.« Ich merkte, dass er nicht darüber reden wollte. »Meine Töchter haben alle beide Pech gehabt. Bis jetzt zumindest. Ich finde es gut, dass du dich kurz vorstellen kommst.«
»Nel musste nach Amsterdam. Ich habe sie nach Assen zum Bahnhof
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