aufbewahrt.«
Sie ließ den HackMac nach dem Namen Deborah Vrins suchen. Sie fand einen Ordner mit dem Titel Schreibkursus, der auch sämtliche E-Mails der Dozentin enthielt. Nel las ein paar davon durch, klickte sie wieder weg, öffnete ein HackMac-Fenster und gab Power Replace in All Documents ein.
Ein Fenster erschien, das der gewohnten Suchen-und-Ersetzen-Funktion ähnelte. Hinter Find, what tippte sie die E-Mail-Adresse von Deborah Vrins ein.
»Was hast du vor?«
»Ich übernehme ihre Adresse.«
»Wie bitte?«
»Der HackMac kann unter anderem alles suchen und ersetzen, was sich auf diesem Computer befindet. Ich verändere Deborahs E-Mail-Adresse ein bisschen und dadurch laufen sämtliche E-Mails an und von Caroline ab jetzt über mich. Kleine Umleitung sozusagen.«
»Wozu soll denn das gut sein?«
»Um mit Hetty unter dem Decknamen einer unverdächtigen Person in Kontakt treten zu können.« Nel nahm die Hände von der Tastatur und wandte sich zu mir um. »Damit lasse ich mir ein Hintertürchen offen. Vielleicht haben wir dadurch die Möglichkeit, sie irgendwann in die Falle zu locken oder nervös zu machen.«
»Falls sie weiterhin Carolines E-Mails abholt.«
»Das wird sie tun. Ich würde es auch machen. Einfach zur Sicherheit. Deshalb steht der Laptop unter ihrem Schreibtisch.«
»Und der CyberNel-Kontakt reicht nicht?«
»Natürlich nicht. Wir sollten sie nicht unterschätzen. Möglicherweise hat sie einen Menschen ermordet und auf jeden Fall hat sie Carolines Buch gestohlen. Sie erhält E-Mails von einer Unbekannten namens CyberNel, die offenbar auf der Suche nach der verschwundenen Caroline ist. Wenn ich Hetty wäre, würde ich auf jeden Fall versuchen herauszubekommen, wer diese CyberNel ist. Sie braucht nur ins Internet zu gehen und meine Website zu besuchen und schon schrillen die Alarmglocken bei ihr. Alles, was von mir kommt, ist verdächtig. Bei Deborah Vrins dagegen handelt es sich um eine unschuldige alte Dame.«
Ich musste zugeben, dass da etwas dran war. »Und wie willst du das anstellen, ohne dass Hetty es merkt?«
Nel wendete sich wieder dem Computer zu. Hinter Find what war die E-Mail-Adresse
[email protected] erschienen. Nel gab dieselbe Adresse in das Power-Replace- Fenster ein:
[email protected] , gefolgt von In all files of type document.
»Ich sehe keinen Unterschied«, sagte ich.
»Hetty hoffentlich auch nicht. Er besteht im Bindestrich. Wenn sie eine E-Mail erhält, sieht sie nur den Namen des Absenders, und falls sie jemals antworten will, ergänzt der Computer die Adresse, sobald sie Deborah eingibt, denn ihre Adresse ist im Adressbuch gespeichert.«
Nel klickte auf Replace All. Oben im HackMac-Fenster begann eine kleine Uhr zu laufen.
Ich beugte mich nach vorn und küsste sie auf den Scheitel. »Du bist ein kluges Köpfchen«, sagte ich. »Du bist CyberNel.«
Sie lächelte. Die Uhr blieb stehen. Die Ersetz-Prozedur war abgeschlossen. Nel verschob den HackMac in den Papierkorb, zog die CD-ROM aus dem Laufwerk und schloss den Laptop. Ich nahm ihn ihr ab, kroch damit unter den Schreibtisch und stellte ihn zurück hinter den Rollcontainer.
Nel schob Hettys Tastatur vor den Bildschirm. Dann rückten wir anhand des Polaroidfotos sämtliche Gegenstände auf dem Schreibtisch wieder exakt an ihren alten Platz. Wir schalteten die Lampe aus, zogen die Gardinen auf und ich verließ das Haus durch die Hintertür und wartete draußen, während Nel die Alarmanlage im Flur wieder einschaltete.
Ich fing sie auf, als sie durch das kleine Fenster hinauskroch. Sie stieg auf den Stuhl, legte den Fenstergriff um und schlug das Fenster zu. Sie drückte dagegen, aber der Verschluss war eingeschnappt. Geschickt steckte sie den nadelfeinen Bohrer durch den Rahmen und drückte den Griff weiter hinunter. Ich sammelte ein wenig Schmutz von den Bodenplatten in meiner Hand, Nel tupfte mit dem Finger hinein und wischte damit über die Bohrspuren.
Ich hatte ein gutes Gefühl. Das Boot lag an seinem Platz. Über Eemnes erwachte dunstig die erste schwache Morgendämmerung.
Das Licht wurde nach und nach milchiger, als wir in der Scheinwerferkette der Frühaufsteher an Hilversum, Utrecht und Vianen vorbeifuhren. Amseln lärmten auf dem Deich, und irgendwo ließ ein eifriger Obstbauer seinen Traktor an. Im Haus war es kühl.
Wir gingen zusammen unter die Dusche. Ich hielt Nel in meinen Armen und ließ das warme Wasser eine Weile über uns strömen.
Als ich das Badezimmer verließ,