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Carpe Somnium (German Edition)

Carpe Somnium (German Edition)

Titel: Carpe Somnium (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy Marino
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Log-ins resettet. Sämtliche Profile gelöscht. Die Leute sagen, es wird keine Vorwarnung geben. Keine Anlaufzeit. Es macht einfach
Zapp
– er knipst das Update an, und am Ende schert sich
keiner
um diese hinterhältige Schweinerei, weil die neuen Möglichkeiten in unvorstellbarer Weise das Spiel verändern.«
    »Unison 3.0 wird quasi so ’ne Art Menschheit 2.0«, sagte Takashi weise, wiederholte damit aber bloß einen Slogan, den er zufällig aufgeschnappt hatte. »Falls ihr euch ducken wollt …«
    Ambrose und Sonia lehnten sich zur Seite, als ein gelber Drachenschwanz an ihnen vorbeipeitschte und hinter der oberen Wand verschwand. Eine Wolke beißenden Rauchs blieb zurück.
    »Und was soll das für ein neues Spiel sein?«, fragte Ambrose. »Was ist der Sinn dahinter?«
    Sonia zog ihr UniPet weg von Takashis Stimmungsschatten und ließ den sich windenden Fellball auf ihren Schoß plumpsen. »Meine Lieblingstheorie? Unison ist dabei, das erste interdimensionale Reisebüro zu werden. Du flimmerst irgendwo in ESC ein und flimmerst wieder aus in der London Expansion, auf ’ner außerirdischen Saturn-Basis … oder vielleicht an andern Orten, die du ganz sicher nicht auf irgend ’ner Karte findest.«
    »Nämlich wo?«
    »Wer weiß? Wie gesagt, sind bloß Gerüchte.«
    »Jedenfalls gibt Marty nicht so bald ’ne Pressekonferenz«, sagte Takashi.
    Zum ersten Mal in seinem Leben betrachtete Ambrose den Mann, den er als seinen Vater gekannt hatte, mit den Augen eines Außenstehenden. Martin Truax schien so fern und unzugänglich wie die von Efeu überwucherten Mauern seines Unison-Anwesens.
    »Ich nehme an, wir können nicht einfach bei ihm in Greymatter klingeln«, sagte er.
    Sonias Gedanken-Stream kühlte erneut ab. »Außer dir hab ich noch nie ’nen neuen User kennengelernt, der den Namen des Schöpfer-Anwesens kannte.«
    Ihr UniPet starrte ihn mit gefährlich schmalen Augen misstrauisch an. Unten in der Arena schlichen die Löwen davon, um ihre Wunden zu lecken. Die Drachen glitten in V-Formation über sie hinweg und verschwanden hinter dem Rand des Amphitheaters. Er hatte Sonia beunruhigt, und sie hatte keine Lust, weiter mit ihm zu reden.
    »Was ist mit der Timeline für dieses Upgrade? Gibt’s darüber auch Gerüchte?«
    »Tja«, sagte sie abweisend und stand auf, »lustig, dass du danach fragst.«
    »Wieso?«
    »Weil ein paar Leute, denen ich vertraue, zufällig der Meinung sind, dass die Räder sich bereits drehen.«
    »Und was denken diese Leute, wann es begonnen hat?«
    »Gestern.«
    Sie machte auf dem Absatz kehrt. Er folgte ihr zu einer Tür, auf der in klobigen Prä-Unison-Lettern das Wort
Ausgang
stand. Sie blieb stehen und drehte sich um, zögerte. Ambrose konnte förmlich
sehen
, was in ihrem Kopf vorging:
Lass ich ihn wissen, dass ich weiß, dass er hinter irgendwas Größerem her ist, oder lass ich’s einfach gut sein?
    Sie sagte: »Du solltest vorsichtiger sein. Du hast keine Ahnung, mit wem du’s hier zu tun hast.«
    Ambrose blinzelte irritiert. Während sie sprach, erschien ein goldenes UniCorp-
U
auf dem Revers ihrer Jacke. Er blinzelte ein weiteres Mal und es war verschwunden.
    In seinem Rücken sagte Takashi: »Hey, Adam.«
    Ambrose drehte sich um. Das glatte schwarze Haar seines Ersten Freundes hatte sich in Martin Truax’ ungekämmte sandfarbene Wellen verwandelt. Takashi trat einen Schritt zurück.
    »Adam, was ist los?«
    Auch Takashis Mund war jetzt zu Martins geworden: Filmstargrinsen und blitzweiße Zähne. Ambrose spürte eine Hand auf seiner Schulter, sah aus dem Augenwinkel das eingravierte
U
auf dem goldenen Manschettenknopf und wirbelte entsetzt herum.
    Sonia trug den Anzug seines Vaters.
    Er kämpfte gegen eine lähmende Welle heftiger Übelkeit, die von seinem Magen ausging und durch seine Glieder jagte.
    »Irgendwas stimmt nicht«, sagte Sonia und wich zurück. »Irgendwas läuft hier mächtig falsch.«
    Ambrose sank auf die Knie. Der Steinboden des Amphitheaters fühlte sich schwammig und elastisch an.
    »Sonia?«, quiekte Takashi.
    Sonias stahlgraue Augen verengten sich zornig. Nur mühsam gelang es Martin Truax’ Zügen, sich über die ihren zu legen: Sonnenbraune Haut mit einem Anflug gepflegter Bartstoppeln flirrte über ihr blasses, glattes Gesicht.
    »Adam?« Ihre Stimme war Martins herrisches Bellen. »Sag mir, was du siehst!«
    Er wandte den Blick ab, während Martins breite Schultern allmählich den Anzug füllten. Ambrose versuchte zu kriechen, doch seine

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