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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dame Koenig As Spion (Smiley Bd 5)
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sprang ins Zimmer, die Pistole im
Anschlag. Haydon und ein schwerer Mann mit schwarzer Stirntolle saßen zu beiden
Seiten eines kleinen Tisches. Poljakow - Guillam erkannte ihn nach den Fotos -
rauchte eine sehr englische Pfeife. Er trug eine graue Strickweste mit
Reißverschluß, wie die obere Hälfte eines Monteuranzugs. Er hatte noch nicht
einmal die Pfeife aus dem Mund genommen, als Guillam bereits Haydon beim Kragen
gepackt hielt. Mit einem einzigen Zug hob er ihn aus dem Sessel. Er hatte die
Pistole weggeworfen und wirbelte Haydon von einer Seite zur anderen, schüttelte
ihn wie einen Hund und brüllte. Dann erschien ihm plötzlich alles sinnlos.
Schließlich war das nur Bill, und sie hatten eine Menge zusammen erlebt.
Guillam war zurückgewichen, lange bevor Mendel ihn am Arm packte, und er hörte
Smiley, höflich wie immer, »Bill und Oberst Viktorow«, wie er sie nannte,
auffordern, die Hände zu heben und über den Kopf zu legen, bis Percy Alleline
hier sei. »Sie haben draußen niemanden sonst gesehen, oder?« fragte Smiley
Guillam, während sie warteten.
    »Alles
ruhig wie das Grab«, sagte Mendel und antwortete für beide.
     
    Ein
stilles Haus bekommt viele Besucher
     
    Es gibt
Augenblicke, die zu vollgepackt sind, als daß man sie zu dem Zeitpunkt, da sie
geschehen, ganz erleben könnte. Für Guillam und alle anderen Anwesenden war
das jetzt der Fall. Smileys fortgesetzte Zerstreutheit und seine häufigen
vorsichtigen Blicke aus dem Fenster, Haydons Gleichgültigkeit, Poljakows programmgemäße
Entrüstung, seine Forderungen, daß man ihn behandle, wie es einem Mitglied des
diplomatischen Corps zustehe -Forderungen, die Guillam von seinem Sofaplatz aus
in barschen Worten zu erfüllen drohte - das Hereinplatzen Allelines und Blands,
weitere Proteste und die Wallfahrt nach oben, wo Smiley die Bänder abspielte,
das lange düstere Schweigen, das ihrer Rückkehr ins Wohnzimmer folgte; die
Ankunft Lacons und schließlich Esterhases und Fawns, Millie McCraigs
schweigendes Hantieren mit der Teekanne: alle diese Ereignisse rollten mit
einer bühnenhaften Unwirklichkeit ab, die genau wie die Fahrt nach Ascot vor
einer Ewigkeit durch die unwirkliche Nachtstunde vertieft wurde. Es stimmte
ferner, daß diese Begebenheiten, zu denen in einem früheren Stadium die
körperliche Gewaltanwendung gegen Poljakow gehörte - und ein Schwall russischer
Verwünschungen gegen Fawn, der ihm trotz Mendels Wachsamkeit einen Schlag
versetzt hatte, der Himmel weiß wohin - wie eine kindische Mini-Verschwörung
gegen Smileys einziges Ziel wirkten, weswegen er diese Versammlung einberufen
hatte: er wollte Alleline davon überzeugen, daß Haydon seine einzige Chance
darstellte, mit Karla zu verhandeln und zu retten - im menschlichen, wenn auch
nicht im professionellen Sinn -, was immer von den Netzen, die Haydon verraten
hatte, noch übrig sein mochte. Smiley war nicht ermächtigt, diese Transaktionen
zu tätigen, und es schien ihm auch gar nicht daran gelegen zu sein; vielleicht
nahm er an, daß Esterhase und Bland und Alleline die geeigneteren Leute seien,
zu erfahren, welche Agenten theoretisch noch vorhanden waren. Jedenfalls begab
er sich bald nach oben, wo Guillam ihn wiederum ruhelos von einem Raum zum
anderen stapfen hörte, als er seine Wache an den Fenstern erneut aufnahm.
    Während
sich also Alleline und seine Leutnants zusammen mit Poljakow ins Eßzimmer
zurückzogen, um dort ihre Geschäfte unter sich zu besprechen, saßen die übrigen
schweigend im Wohnzimmer und blickten entweder Haydon an oder geflissentlich
von ihm weg. Er schien ihre Anwesenheit nicht zur Kenntnis zu nehmen. Er saß
allein, das Kinn in die Hand gestützt, in einer Ecke, bewacht von Fawn, und
wirkte recht gelangweilt. Dann war die Besprechung im Eßzimmer zu Ende, die
Teilnehmer strömten heraus, und Alleline vermeldete Lacon, der darauf bestanden
hatte, bei der Unterredung nicht anwesend zu sein, daß man sich in drei Tagen
am gleichen Ort wieder treffen wolle und daß in der Zwischenzeit »der Oberst
Gelegenheit haben wird, seine Vorgesetzten zu konsultieren«. Lacon nickte. Es
hätte eine Aufsichtsratssitzung sein können. Der Abzug der Gesellschaft war
sogar noch seltsamer, als ihre Ankunft gewesen war. Besonders der Abschied
zwischen Esterhase und Poljakow verlief dramatisch. Esterhase, der schon immer
lieber den Gentleman gespielt hätte als den Spion, schien ein »ritterliches
Schauspiel« daraus machen zu wollen und bot Poljakow die Hand,

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