Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Smileys Leute oder Agent in eigener Sache (Smiley Bd 7)
Vom Netzwerk:
Musik, die Stücke wurden von einer diskreten Stimme in jeweils
einer anderen Sprache angekündigt. In einer Ecke spielten vier Männer
schweigend Karten. Er schaute zum Fenster hinaus auf den leeren Platz. Ein
Junge fuhr auf einem Rad vorbei. Er trug eine rote Wollmütze, und die Mütze
bewegte sich die Straße hinunter wie eine Fackel, bis der Nebel sie auslöschte.
Der Bankeingang bestand aus einer Doppeltür mit einer elektronischen
Lichtschranke. Er sah auf die Uhr. Zehn nach elf. Eine Registrierkasse
klingelte. Eine Kaffeemaschine zischte. Einer der Kartenspieler war am
Mischen. An den Wänden hingen Holzplatten: tanzende Paare in Nationaltracht.
Die Lampen waren aus Schmiedeeisen, doch das Licht kam von kreisförmig an der
Decke angebrachten Neonröhren, und es war sehr grell. Er dachte an Hongkong mit
seinen bayerischen Bierkellern im fünfzehnten Stock, und wie damals hatte er
das Gefühl, auf Erklärungen zu warten, die nie kommen würden. Und dabei geht
es heute nur um die Vorbereitung, dachte er: Heute findet nicht einmal der
Anstoß statt. Er schaute wieder auf die Bank. Niemand ging hinein, niemand kam
heraus. Ihm war, als habe er sein ganzes Leben auf etwas gewartet, das er nicht
mehr definieren konnte: Vielleicht könnte man es Entschluß nennen. Er erinnerte
sich an Ann und an ihren letzten Spaziergang. Entschluß im Vakuum. Er hörte
einen Stuhl knarzen, sah die Hand, die Toby ihm nach Schweizer Art zum
Schütteln hinhielt, und Tobys strahlendes Gesicht, das glänzte, als komme er
von einem Waldlauf.
    »Die Grigoriews haben das Haus in
Elfenau vor fünf Minuten verlassen«, sagte er ruhig. »Die Grigoriewa fährt.
Wahrscheinlich kommen sie sowieso unterwegs um.«
    »Und die Fahrräder?« fragte Smiley
besorgt.
    »Wie immer«, sagte Toby und zog
einen Stuhl heran.
    »Ist sie letzte Woche gefahren?«
    »Auch die vorletzte. Sie besteht
darauf. George, dieses Weib ist wirklich ein Monstrum.« Die Kellnerin brachte
ihm ungefragt einen Kaffee. »Letzte Woche hat sie Grigoriew förmlich aus dem
Fahrersitz gehievt und hat dann den Wagen gegen den Torpfosten gefahren und
den Kotflügel verbeult. Pauli und Canada Bill haben so gelacht, daß wir
glaubten, es würde die Flüsterer zerreißen.« Er legte Smiley freundschaftlich
eine Hand auf die Schulter. »Hören Sie, es wird ein hübscher Tag werden.
Glauben Sie mir. Hübsches Licht, hübsche Ausstattung, Sie müssen sich nur
zurücklehnen und die Schau genießen.«
    Ein Telefon läutete, und die
Kellnerin rief: >Herr Jakobi.< Toby ging beschwingt zur Theke. Sie
reichte ihm den Hörer und errötete über irgendetwas, was er ihr zuflüsterte.
Von der Küche her kam der Chef mit seinem kleinen Sohn: >Herr Jakobi!<
Die Chrysanthemen auf Smileys Tisch waren aus Plastik, aber irgend jemand hatte
Wasser in die Vase getan.
    »Ciao«, rief Toby angeregt in das
Telefon und kam zurück. »Alle sind auf ihrem Posten, alle sind glücklich«,
verkündete er zufrieden. »Essen Sie doch was. Amüsieren Sie sich, George. Wir
sind doch schließlich in der Schweiz.«
    Toby trat fröhlich auf die Straße. Genießen
Sie die Schau , dachte Smiley. Genau. Ich hab' sie geschrieben, Toby hat sie
inszeniert, und alles, was ich jetzt tun kann, ist mich zurücklehnen und zuschauen.
Nein, dachte er und korrigierte sich: Karla hat sie geschrieben, und manchmal
machte ihm das ganz gehörig zu schaffen.
    Zwei Mädchen in
Camperinnen-Aufmachung gingen durch die Doppeltür der Bank, auf dem Fuße
gefolgt von Toby. Er packt die Bank voll, dachte Smiley. Er beschickt jeden
Schalter mit zwei Leuten. Nach Toby ein junges Paar, Arm in Arm, dann eine
stämmige Frau mit zwei Einkaufstaschen. Das gelbe Postauto hatte sich nicht
vom Fleck gerührt: Niemand vergreift sich an einem Postwagen. Er bemerkte eine
öffentliche Telefonzelle und darin zwei zusammengekuschelte Gestalten, die sich
vielleicht wegen des Regens untergestellt hatten. Zwei sind unauffälliger als
einer, predigte man immer in Sarratt, und drei sind unauffälliger als ein
Paar. Ein leerer Ausflugsbus fuhr vorbei. Eine Glocke schlug zwölf, und wie auf
ein Stichwort schlitterte ein schwarzer Mercedes aus dem Nebel heraus, dessen
eingelassene Scheinwerfer einen glitzernden Strahl auf das Kopfsteinpflaster
warfen. Der Wagen bumste gegen den Rinnstein und kam vor der Bank, sechs Fuß
vor Tobys Postauto, zum Stehen. Alle Nummern der sowjetischen
Botschaftswagen enden auf 73, hatte Toby gesagt. Sie setzt ihn ab und
fährt dann ein paarmal um

Weitere Kostenlose Bücher