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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Smileys Leute oder Agent in eigener Sache (Smiley Bd 7)
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glauben, trotz allem, was sie
seinem Vater getan hatten. Er ging zur Roten Armee, und einzig Gottes Hilfe
bewahrte ihn davor, ebenfalls liquidiert zu werden. Der Krieg brachte ihm
Beförderung, er kämpfte wie ein Löwe, und nach Kriegsende wartete er auf die
Grossrussische Liberalisierung, von der er geträumt hatte, und auf die
Befreiung seines eigenen Volkes. Wozu es nie kam. Statt dessen erlebte er die
erbarmungslose Unterdrückung seines Heimatlandes durch die Regierung, der er
gedient hatte. Abertausende seiner ehemaligen estnischen Landsleute kamen in
Lager, darunter einige seiner eigenen Verwandten.« Lacon öffnete schon den
Mund zu einer Unterbrechung, schloß ihn aber klugerweise wieder. »Die
Glücklicheren entkamen nach Schweden und Deutschland. Wir sprechen von einer
Million nüchterner, hart arbeitender Leute, die man durch den Wolf drehte.
Eines nachts bot er uns aus Verzweiflung seine Dienste an. Uns, den Briten. In
Moskau. Drei Jahre lang hat er für uns inmitten der Hauptstadt spioniert.
Tagtäglich alles für uns riskiert.«
    »Und
überflüssig zu sagen, daß unser George hier ihn geführt hat«, knurrte
Strickland, der immer noch zu suggerieren versuchte, daß diese Tatsache Smiley
als Zeugen disqualifiziere. Doch Smiley war nicht mehr zu bremsen. Zu seinen
Füßen hatte der junge Mostyn die Augen weit aufgerissen und lauschte in einer
Art Trance.
    »Wir
haben ihm sogar eine Auszeichnung verliehen, wenn Sie sich erinnern, Oliver.
Nicht zum Tragen oder Vorzeigen, das natürlich nicht. Aber irgendwo auf einem
Stück Pergament, auf das er gelegentlich einen Blick tun durfte, war eine
Unterschrift, die deutlich nach der des Monarchen aussah.«
    »George,
das ist Geschichte«, protestierte Lacon schwach. »Das hat nichts mit heute zu
tun.«
    »Drei
lange Jahre hindurch war Wladimir die beste Informationsquelle über
sowjetische Mittel und Absichten - und das auf dem Höhepunkt des Kalten
Krieges. Er hatte engen Kontakt zu ihrer nachrichtendienstlichen Gemeinde und
berichtete uns auch darüber. Dann hat er eines Tages, bei einer Dienstreise
nach Paris, seine Chance ergriffen und sich abgesetzt, Gott sei Dank, denn
sonst wäre er schon viel eher erschossen worden.«
    Lacon
schien plötzlich überhaupt nichts mehr zu verstehen. »Was meinen Sie
damit?« fragte er. »Wieso viel eher ? Was soll das heißen?«
    »Das
soll heißen, daß der Circus damals ziemlich fest im Griff eines Agenten der
Moskauer Zentrale war«, erwiderte Smiley mit tödlicher Geduld. »Es war pures
Glück, daß Bill Haydon zufällig im Ausland stationiert war, als Wladimir für
uns arbeitete. Noch drei Monate länger, und Bill hätte ihn unweigerlich
hochgehen lassen.«
    Lacon
wußte darauf nichts zu sagen, also sprang Strickland für ihn ein.
    »Bill
Haydon, dauernd Bill Haydon«, geiferte er. »Nur weil Sie zu ihm noch in dieser
speziellen Beziehung standen -« Er wollte weitersprechen, besann sich jedoch
eines besseren. »Haydon ist tot, verdammtnochmal«, schloß er mürrisch, »und der
ganze Laden dazu.«
    »Nicht
zu vergessen Wladimir«, ergänzte Smiley ruhig, und wiederum trat eine Stockung
im Verfahren ein.
    »George«,
flehte Lacon, als habe er endlich die richtige Stelle im Gesangbuch gefunden.
»Wir sind Pragmatiker, George. Wir passen uns an .Wir
sind nicht die Hüter irgendeiner heiligen Flamme. Ich bitte Sie, ich
beschwöre Sie, vergessen Sie das nicht!«
    Doch
der ruhige, aber entschlossene Smiley war mit seinem Nachruf auf den alten Mann
noch nicht am Ende, und vielleicht ahnte er, daß dies die einzige Leichenrede
sein würde, deren der Verstorbene teilhaftig werden sollte.
    »Und
als er dann wirklich herüben war, na schön, da war er ein Trumpf, der nicht
mehr stach, wie jeder Ex-Agent.«
    »Fürwahr«,
sagte Strickland sotto voce.
    »Er
blieb in Paris und stürzte sich mit Leib und Seele in die baltische
Unabhängigkeitsbewegung. Klar, es war eine verlorene Sache. Allerdings haben
die Briten bis heute die Annektierung der drei baltischen Staaten durch die
Sowjets de jure nicht anerkannt, aber sei's drum. Estland - das wissen
Sie vielleicht, Oliver - unterhält eine Delegation und ein völlig reguläres
Generalkonsulat in Queen's Gate. Offenbar macht es uns nichts aus, eine verlorene
Sache zu unterstützen, wenn sie nur völlig verloren ist. Vorher nicht.« Er zog
scharf die Luft ein, »Und zugegeben, in Paris gründete er eine baltische
Gruppe, mit der es bergab ging, wie das Emigrantengruppen und verlorene

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