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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Smileys Leute oder Agent in eigener Sache (Smiley Bd 7)
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gesehen.
    »Auch die Stockspur da, mit der
rechten Hand, haben Sie die ebenfalls gesehen, Mr. Smiley?«
    Smiley hatte ebenfalls gesehen, wie
der Spazierstock mit der Gummizwinge ein tiefes rundes Loch bei jeder zweiten
Fußstapfe hinterlassen hatte.
    »Während er natürlich den Stock in der
linken Hand hielt, als er erschossen wurde, nicht wahr? Haben Sie auch
gesehen, Sir, wie ich bemerkte. Wissen Sie zufällig, welches Bein das
schlechtere war, wenn überhaupt, Sir?«
    »Das rechte«, hatte Smiley gesagt.
    »Ah. Dann hat er auch normalerweise
den Stock höchstwahrscheinlich rechts benützt. Bitte, hier runter, Sir, da
geht's lang. Gangart immer noch normal, wie Sie bitte beachten wollen.« Der
regelmäßige Diamant-Profilsohlenabdruck, Absatz und Spitze, war im Schein der
Stablampe unverändert über fünf weitere Schritte zu sehen. Jetzt, bei
Tageslicht, sah Smiley ihn nur noch als Gespenst. Der Regen, andere Füße, die
Reifenspuren verkehrswidriger Radfahrer hatten das meiste ausgelöscht. Doch
nachts, während der Laternenschau des Superintendent, hatte er die Abdrücke
echt gesehen, so echt, wie die mit Plastik bedeckte Leiche ein Stück weiter
unten, in der Senke, wo die Spur geendet hatte.
    »Hier«, hatte der Superintendent
befriedigt erklärt, wobei er stehengeblieben war und den Kegel seiner Stablampe
auf einem zertretenen Stück Boden verweilen ließ.
    »Wie alt war er, sagten Sie, Sir?«
fragte der Superintendent. »Ich habe nichts gesagt, aber er ging auf die
neunundsechzig zu.« »Und dann erst kürzlich ein Herzanfall, vermute ich. Also,
Sir. Zuerst stoppt er scharf. Fragen Sie mich nicht, warum, vielleicht wurde er
angesprochen. Ich würde sagen, er hörte etwas. Hinter sich. Bemerken Sie die
Art, wie die Schritte kürzer werden, bemerken Sie die Stellung der Füße, als
er sich halb umdreht, über die Schulter schaut oder dergleichen? Wie dem auch
sei, er dreht sich um , darum sage ich >hinter sich<. Und was immer
er sah oder nicht sah, hörte oder nicht hörte - er beschließt zu laufen. Und
los prescht er, sehen Sie her!« drängte der Superintendent mit der plötzlichen
Begeisterung des Sportsmanns. »Längerer Schritt, Absätze berühren kaum noch den
Boden. Ein völlig anderer Abdruck, rennt, was das Zeug hält. Man kann sogar
sehen, wo er sich mit dem Stock abstieß, um nachzuhelfen.«
    Als Smiley jetzt bei Tageslicht auf
den Boden spähte, konnte er die verzweifelten Abdrücke der zuerst senkrecht,
dann schräg nach unten gestossenen Zwinge nicht mehr mit Sicherheit sehen, so,
wie er sie gestern Nacht tatsächlich - und heute Morgen im Geist - gesehen
hatte.
    »Der Haken war nur«, hatte der
Superintendent ruhig und wieder in seinem Gerichtssaalton kommentiert, »daß,
was immer ihn umgebracht hat, vor ihm war, nicht wahr? Keineswegs hinter ihm.«
    Sowohl, als auch, dachte Smiley
jetzt, mit der Kenntnis, die einige Stunden Abstand verschaffen. Sie trieben ihn, dachte er und versuchte vergebens, sich an den
Sarratt-Ausdruck für diese besondere Technik zu erinnern. Sie kannten seinen
Weg, und sie trieben ihn. Der Angstmacher scheucht das Ziel von hinten,
der Killer lauert unentdeckt vorne, bis das Ziel direkt in ihn hineinrennt.
Denn auch die Mörder-Teams aus der Moskauer Zentrale wußten, daß selbst die
ältesten Hasen stundenlang auf ihre Rückendeckung achten, auf ihre Flankendeckung,
auf Autos, die vorbeifahren oder nicht, auf Straßen, die sie überqueren, und
Häuser, die sie betreten. Und wenn es dann soweit ist, nicht in der Lage sind,
die Gefahr zu erkennen, die ihnen von Angesicht zu Angesicht begegnet.
    »Rennt immer noch«, hatte der
Superintendent gesagt und sich stetig dem Toten unten am Hügel genähert.
»Bemerken Sie, wie sein Schritt jetzt ein wenig länger wird wegen des steileren
Gefälles? Auch unregelmäßig, sehen Sie? Die Füße fliegen in wilder Hast. Läuft
ums liebe Leben. Buchstäblich. Und der Spazierstock immer noch in der rechten
Hand. Jetzt schert er aus, Richtung Straßenrand. Hat wohl den Kopf verloren,
wäre ja auch kein Wunder. Hierher, bitte. Erklären Sie das, wenn Sie können!«
    Der Lampensträhl verweilte auf
einem Fleck mit dicht aneinanderliegenden Fußabdrücken, fünf oder sechs, alle
auf sehr engem Raum, am Grasrand zwischen zwei hohen Bäumen.
    »Wieder stehengeblieben«,
verkündete der Superintendent.
    »Oder vielleicht nicht ganz, eigentlich
mehr auf der Stelle getreten. Fragen Sie mich nicht, warum. Möglicherweise hat
er nur die Füße

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