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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Smileys Leute oder Agent in eigener Sache (Smiley Bd 7)
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geklappt?« fragte
Smiley schließlich Willem mit großer Behutsamkeit. »Die Übergabe hat geklappt?«
    »Sicher! Großartig geklappt«,
stimmte Willem lebhaft zu und warf einen trotzigen Blick auf Stella.
    »Und haben Sie irgendeine Ahnung,
zum Beispiel, wer Ihr Kontakt bei diesem Treffen gewesen sein könnte?«
    Nur sehr zögernd und nach vielem
Zureden, teils von Stella, berichtete Willem auch davon: von dem hohlwangigen
Gesicht, das so verzweifelt ausgesehen und ihn an seinen Vater erinnert hatte;
von dem warnenden Starren, das er vielleicht wirklich gesehen oder sich in
seiner Aufregung nur eingebildet hatte. So, wie manchmal im Fernsehen, wenn man
ein Fußballspiel verfolgt, was er leidenschaftlich gerne tat, die Kamera ein
Gesicht aus der Menge herausholt, das einem dann bis zum Ende des Spiels
gegenwärtig bleibt, auch wenn es nie wieder auftauchte - genau so war es ihm
mit dem Gesicht auf dem Schiff gegangen. Er beschrieb die aufgezwirbelten
Haarbüschel und zog mit den Fingerspitzen tiefe Furchen in seine eigenen
glatten Wangen. Er beschrieb, wie klein der Mann war, und sogar, wie sexy er
wirkte - Willem sagte, da sei er sicher. Er beschrieb sogar, wie er den
Eindruck gehabt habe, der Mann wolle ihn ermahnen - ermahnen, auf das
wertvolle Ding achtzugeben. Genau so würde er selber dreinschauen — sagte
Willem zu Stella in einer jähen tragischen Vision -, wenn wieder Krieg wäre
und Kämpfe und er Beckie einem Fremden in Obhut geben müßte! Und dies war das
Stichwort für weitere Tränen und weitere Aussöhnung und weitere Wehklagen über
den Tod des alten Mannes, denen Smileys nächste Frage unweigerlich neue Nahrung
gab:
    »Also: Sie haben den gelben
Umschlag zurückgebracht, und gestern, als der General mit der Ente für Beckie
hierherkam, haben Sie ihm den Umschlag ausgehändigt«, spann Smiley den Faden so
vorsichtig wie irgend möglich weiter, aber er mußte noch eine gute Weile
warten, bis eine zusammenhängende Erzählung zustande kam.
     
    William hatte es sich, sagte er,
zur Gewohnheit gemacht, am Freitag, ehe er vom Lager nach Hause fuhr, ein paar
Stunden in der Kabine des Lasters zu schlafen, sich dann zu rasieren und eine
Tasse Tee mit den Jungens zu trinken, so daß er ausgeruht daheim ankam und
nicht nervös und mißgelaunt. Es war ein Trick, den er von den alten Hasen
gelernt hatte, sagte er: Nicht direkt heimbrausen, das gibt nur Ärger. Aber
gestern war's anders, sagte er, und außerdem - er stutzte plötzlich die Namen
auf eine Silbe zusammen - war Stell mit Beck zu Ma nach Staines gefahren. Also
war er ausnahmsweise geradewegs nach Hause gekommen, hatte Wladimir angerufen
und ihm das vereinbarte Codewort gegeben. »Wo angerufen?« unterbrach Smiley ihn
sanft.
    »In Wohnung. Er hat mir gesagt:
>Nur in Wohnung anrufen. Niemals in der Bibliothek. Mikhel ist guter Mann,
aber er ist nicht eingeweiht. <«
    Und, fuhr Willem fort, innerhalb
kürzester Zeit - er hatte vergessen, wie kurz - war Wladimir in einem
Mini-Taxi gekommen, was er nie zuvor getan hatte, mit der Ente für Beck. Willem
gab ihm den gelben Umschlag mit den Schnappschüssen, und Wladimir ging damit
zum Fenster. Sehr langsam, »als ob's was Geweihtes aus einer Kirche wäre«,
hatte Wladimir, mit dem Rücken zu Willem, die Negative nacheinander gegen das
Licht gehalten, bis er offenbar auf das gesuchte gestoßen war, und danach
hatte er es noch eine lange Zeit betrachtet.
    »Nur eines?« fragte Smiley schnell,
da er wieder an die zwei Beweise dachte. »Ein Negativ?«
    »Sicher.«
    »Einen Rahmen oder einen Streifen?«
    Rahmen: Willem war sicher. Ein kleiner
Rahmen. Jawohl, fünfunddreißig Millimeter, wie seine eigene Agfa Automatic.
Nein, Willem hatte nicht sehen können, was darauf war, Text oder sonstwas. Er
hatte nur Wladimir gesehen, sonst nichts.
    »Wladi war rot, Max. Wild im
Gesicht, Max, glänzend mit den Augen. Er war alter Mann.«
    »Und auf der Fahrt«, unterbrach
Smiley Willems Bericht, um eine entscheidende Frage zu stellen. »Auf dem ganzen
Weg von Hamburg nach Hause, haben Sie da nie einen Blick darauf riskiert?«
    »War Geheimnis, Max. War militärisches
Geheimnis.«
    Smiley blickte Stella an.
    »Würde er nie tun«, sagte sie in
Beantwortung seiner stummen Frage. »Dafür ist er zu ehrlich.«
    Smiley glaubte ihr.
    Willem nahm seine Geschichte wieder
auf. Wladimir steckte den gelben Umschlag in die Tasche, führte Willem in den
Garten und dankte ihm, hielt Willems Hand in beiden Händen und sagte ihm, was
für

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