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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krieg im Spiegel (Smiley Bd 4)
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Haldane und reichte ihm noch ein Paar. »Die Polen exportieren
sie nach Ostdeutschland. Nehmen Sie lieber noch ein zweites Paar mit. Man weiß
nicht, wieviel Sie zu laufen haben werden.«
    Dann holte
Haldane aus seinem Zimmer eine schwere Geldkassette und schloß sie auf. Zuerst
zog er eine Brieftasche heraus. Sie war schäbig und hatte ein Mittelfach aus
Zellophan, in dem Leisers Personalausweis steckte. Er war gestempelt und
abgegriffen. Wie in einer Falle gefangen, blickte das Paßfoto Leisers aus dem
Ausweis durch die flache Zellophanhülle. Neben dem Ausweis gab es in der
Brieftasche noch eine Reisegenehmigung und einen Brief der Rostocker
Schiffswerft, in dem eine Stelle angeboten wurde. Haldane leerte das Seitenfach
der Brieftasche und erklärte den Inhalt Stück für Stück, wobei er die einzelnen
Papiere wieder an ihren alten Platz zurücksteckte.
    »Lebensmittelkarte, Führerschein,
Parteiausweis. Wie lange sind Sie schon in der Partei?«
    »Seit neunundvierzig.«
    Dann kam das Bild einer Frau und
drei oder vier schmierige Briefe, von denen zwei noch in ihren Umschlägen
steckten.
    »Liebesbriefe«,
erklärte Haldane kurz.
    Als
nächstes kamen ein Gewerkschaftsausweis und der Ausschnitt aus einer
Magdeburger Zeitung, in dem über die Produktionszahlen einer Magdeburger Fabrik
berichtet wurde, ein Foto des Brandenburger Tores, wie es vor dem Krieg
ausgesehen hatte, und das abgegriffene Zeugnis eines früheren Arbeitgebers.
»Das also war die Brieftasche«, sagte Haldane. »Fehlt nur noch das Geld. Alles
andere ist in Ihrem Rucksack - Proviant und derartige Sachen.« Er reichte Leiser
ein Bündel Geldscheine aus seiner Kassette. Leiser stand in der unterwürfigen
Haltung eines Mannes vor ihm, der einer Leibesvisitation unterzogen wird - mit
etwas vom Körper weggehaltenen Armen und ein wenig breitbeinig. Er nahm alles
entgegen, was Haldane ihm reichte, steckte es sorgfältig weg und nahm wieder
die gleiche Haltung ein. Er unterschrieb eine Quittung für das Geld. Haldane
prüfte kurz die Unterschrift und steckte das Papier dann in eine schwarze
Aktentasche, die er neben sich auf ein Tischchen gelegt hatte.
    Dann kamen
die Kleinigkeiten, die ein Mann namens Hartbeck wahrscheinlich bei sich tragen
würde: ein Schlüsselbund an einer Kette, an dem auch der Kofferschlüssel hing,
ein Kamm, ein khakifarbenes Taschentuch voller Ölflecken und eine Handvoll
Ersatzkaffee in einer Tüte aus Zeitungspapier, ein Schraubenzieher, ein Stück
dünner Draht und die frisch abgedrehten Enden einer Metallstange - der
sinnlose Kleinkram aus den Taschen eines Arbeiters. »Die Uhr werden Sie leider
nicht mitnehmen können«, sagte Haldane.
    Leiser
knipste den Verschluß des goldenen Armbandes auf und ließ die Uhr in Haldanes
ausgestreckte Hand gleiten. Dafür bekam er eine in Ostdeutschland hergestellte
Uhr aus Stahl, die sorgfältig nach Averys Wecker gestellt wurde.
    Schließlich
trat Haldane zurück. »So wird's gehen.
    Bleiben
Sie dort stehen und kontrollieren Sie Ihre Taschen. Vergewissern Sie sich, daß
Sie alles dort haben, wo Sie es gewöhnlich tragen würden. Berühren Sie nichts
anderes in diesem Zimmer, haben Sie verstanden?«
    »Ich kenne die Regeln«, sagte
Leiser, während er zu seiner goldenen Uhr auf dem Tisch hinübersah. Er nahm das
Messer entgegen und hakte die schwarze Scheide an seinem Hosenbund fest. »Was
ist mit meiner Pistole?«
    Haldane ließ den Stahlverschluß seiner
Aktentasche zuschnappen; es klang, als fiele eine Tür ins Schloß. »Sie nehmen
keine mit«, sagte Avery. »Keine Pistole?«
    »Ist nicht vorgesehen, Fred. Man
glaubt, es sei zu gefährlich.«
    »Für wen?«
    »Es könnte zu gefährlichen
Situationen führen. Politisch, meine ich. Einen bewaffneten Mann nach Ostdeutschland
hineinzuschicken. Man hat Angst vor einem Zwischenfall.«
    »Angst!«
    Er starrte Avery lange an, als
suche er in dem jungen, glatten Gesicht nach etwas, das nicht darin war. Er
wandte sich an Haldane. »Ist das wahr?« Haldane nickte.
    Plötzlich
streckte Leiser seine zu einer Schale geformten Hände vor, in einer
schrecklichen Geste der Armut. Er preßte die Finger zusammen, als gelte es,
den letzten Wassertropfen aufzufangen. Seine Schultern zuckten unter der
ärmlichen Jacke, sein Gesicht spiegelte gleichzeitig Flehen und Furcht. »Die
Pistole, John! Ihr könnt einen Menschen doch nicht ohne Pistole losschicken!
Laßt mir doch um Gottes willen die Pistole!«
    »Tut mir
leid, Fred...«
    Seine Hände
waren noch immer

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