Carre, John le
irgendwohin zu
segeln. Diese Häuser wurden in den dreißiger Jahren erbaut und haben seitdem
ein schmutziges Weiß beibehalten. Ihre länglichen stahlgerahmten Fenster
blickten auf die saftiggrünen Wellen der Golfplätze hinaus, wo wochentags
Frauen mit Augenschirmen wie Schiffbrüchige umherirren. Einer der Blocks nennt
sich Arcady Mansions, und die Pellings wohnten dort in Nummer sieben, von wo
man unter einigem Halsverrenken das neunte Grün sehen konnte, solange die
Buchen kein Laub trugen. Als Smiley geklingelt hatte, hörte er nach dem dünnen
elektrischen Bimmeln nichts mehr: keine Schritte, keinen Hund, keine Musik. Die
Tür ging auf, und aus dem Dunkeln sagte eine krächzende Männerstimme »Ja?«,
aber die Stimme gehörte einer Frau. Sie war groß und gebückt. In der Hand hielt
sie eine Zigarette.
»Mein Name
ist Oares«, sagte Smiley und hielt ihr einen großen grünen Ausweis in einer
Zellophanhülle hin. Zu einer anderen Legende gehört ein anderer Name.
»Oh, Sie
sind das, wie? Kommen Sie rein. Zum Essen, zur Fernsehshow. Am Telefon haben
Sie jünger geklungen« schrie sie mit schriller Stimme, die um eine feinere
Tonart rang. »Er ist dort drinnen. Hält Sie für einen Spion«, sagte sie und
blinzelte den grünen Ausweis an. »Aber das sind Sie nicht, oder?«
»Nein«,
sagte Smiley. »Leider nicht. Bloß ein Schnüffler.« Die Wohnung bestand
vorwiegend aus Korridoren. Die Frau ging voraus und zog eine Ginfahne hinter
sich her. Ein Bein schleifte sie beim Gehen nach, und ihr rechter Arm war
steif. Smiley nahm an, sie müsse einen Schlaganfall gehabt haben. Sie war
gekleidet, als hätte nie jemand ihre Gestalt oder ihren Sex bewundert. Und als wäre
es ihr auch egal. Sie trug flache Schuhe und einen Männerpullover mit Gürtel,
der sie bullig machte.
»Er sagt,
er hat nie von Ihnen gehört. Er sagt, er hat Sie im Telefonbuch nachgeschlagen
und es gibt Sie gar nicht«, sagte Smiley.
»Wir
wahren gern die Diskretion«, sagte Smiley.
Sie stieß
eine Tür auf. »Es gibt ihn doch«, meldete sie laut, noch ehe sie das Zimmer
betrat. »Und er ist kein Spion, er ist ein Schnüffler.«
Am anderen
Ende des Zimmers saß ein Mann auf einem Stuhl und las den Daily Telegraph, den er so vors Gesicht hielt, daß
Smiley nur den kahlen Schädel und den Schlafrock und die kurzen
übergeschlagenen Beine, die in ledernen Hausschuhen endeten, sehen konnte, aber
irgendwie wußte er sofort, daß Mr. Pelling zu jenen kleinen Männern gehörte,
die unweigerlich große Frauen heirateten. Das Zimmer enthielt alles, was er zum
alleinigen Überleben nötig haben könnte. Seinen Fernsehapparat, sein Gas, einen
Eßtisch und eine Staffelei zum Ausmalen vorgezeichneter Bilder. An der Wand
hing in schreienden Farben das Porträtfoto eines sehr schönen Mädchens, mit
einer Widmung schräg in eine Ecke gekritzelt, so wie Filmstars sie den
Unberühmtheiten zukommen lassen. Smiley erkannte Elizabeth Worthington. Er
hatte schon eine Menge Fotos von ihr gesehen. »Mister Oates, das ist Nunc«,
sagte die Frau und schien nahe daran, zu knicksen.
Der Daily Telegraph senkte sich langsam wie eine
Garnisonsfahne und enthüllte ein aggressives, glänzendes kleines Gesicht mit
dichten Brauen und Managerbrille.
»Ja. Und
wer sind Sie nun wirklich?« sagte Mr. Pelling. »Sind Sie vom Secret Service
oder nicht? Keine langen Faxen, raus damit und Schwamm drüber. Für Schnüffelei
hab ich nichts übrig. Was ist das?« fragte er.
»Seine
Karte«, sagte Mrs. Pelling und hielt sie hoch. »Grün getönt.«
»Oh, wir
tauschen unsere Karten, wie? Dann brauche ich auch eine, Cess, wie? Laß doch gleich welche drucken,
meine Liebe. Hüpf mal runter zu Smith, ja?«
»Trinken
Sie gern Tee?« fragte Mrs. Pelling und linste mit schräg gehaltenem Kopf auf ihn herab.
»Wozu willst du ihm Tee geben?« fragte Mr. Pelling als er sah, daß sie
sich am Kocher zu schaffen machte. »Er braucht keinen Tee. Er ist kein Gast. Er
ist nicht mal vom Geheimdienst. Ich hab' ihn nicht hergebeten. Bleiben Sie die
Woche über«, sagte er zu Smiley. »Ziehen Sie zu uns, wenn Sie wollen. Sie
können ihr Bett haben. Bullion
Universal, Sicherheitsberatung oder was beißt
mich.«
»Er möchte über Lizzie sprechen, darling«, sagte Mrs. Pelling und richtete ein Tablett für ihren Mann her. »Jetzt
sei ausnahmsweise einmal ein Vater.«
»In ihrem Bett würden Sie jede Menge Spaß haben, glauben Sie mir«,
sagte Mr. Pelling und nahm seinen Telegraph wieder auf. »Danke für
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