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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine Art Held (Smiley Bd 6)
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drückten auf den Knopf für die zwölfte Etage.
    »Wollen Sie auch zu den Hammersteins?«fragten sie und blickten immer
noch auf die Orchideen.
    Auf der fünfzehnten lief Jerry zur Feuertreppe. Sie stank nach Katzen
und dem Abfall aus dem Müllschlucker. Im Hinuntergehen begegnete er einer Amah
mit Windeleimer. Sie glotzte ihn finster an, bis er sie grüßte, dann lachte sie
brüllend. Er ging weiter bis zum achten Stock, wo er in die Üppigkeit des
Herrschaftstrakts zurückkehrte. Er stand am Ende eines Korridors. Eine kleine
Rotunde führte zu zwei vergoldeten Lifttüren. Hier lagen vier Wohnungen, jede
ein Quadrant des kreisrunden Baus und jede mit ihrem eigenen Korridor. Er
postierte sich in Korridor B, mit den Blumen als einziger Deckung. Er
beobachtete die Rotunde, seine Aufmerksamkeit galt dem mit C bezeichneten
Korridor. Das Seidenpapier um die Orchideen war feucht, wo er es zu fest
umklammert hielt.
    »Es ist eine regelmäßige wöchentliche Verabredung«, hatte Craw ihm
versichert. »Jeden Montag, Blumenstecken im American Club. Regelmäßig wie ein
Uhrwerk. Sie trifft sich dort mit einer Freundin, Nellie Tan, die für Airsea
arbeitet. Sie machen ihr Ikebana und bleiben dann zum Dinner.«
    »Und wo ist Ko inzwischen?«
    »Bangkok. In Geschäften.«
    »Dann können wir bloß verdammt hoffen, daß er dort bleibt.«
    »Amen, Sir, Amen«, sagte Craw fromm. Unter dem Quietschen nicht geölter
neuer Angeln flog die Tür neben seinem Ohr auf, und ein schlanker junger
Amerikaner im Smoking trat in den Korridor, blieb wie angewurzelt stehen und
starrte Jerry und seine Orchideen an. Er hatte blaue, stetige Augen und trug
eine Aktenmappe.
    »Möchten Sie mit diesen Dingern da zu mir?« erkundigte er sich im
Tonfall der Bostoner Society. Er sah reich und selbstsicher aus. Jerry tippte
auf diplomatischen Dienst oder gehobene Banklaufbahn.
    »Offen gestanden, ich glaube eigentlich nicht«, bekannte Jerry und
spielte den dämlichen Engländer. »Cavendish«, sagte er. Über die Schulter des Amerikaners hinweg sah Jerry, wie die
Tür sich lautlos vor einem vollgepackten Bücherregal schloß. »Freund hat mich
gebeten, das bei einer Miss Cavendish in 9 D abzuliefern.
Walzt hinüber nach Manila, ich stehe da mit den Orchideen, könnte man sagen.«
    »Falscher Stock«, sagte der Amerikaner, während er zum Lift
schlenderte. »Sie müssen eins höher. Und falscher Korridor. D ist drüben auf
der anderen Seite. Dort drüben.« Jerry stellte sich neben ihn, als wartete er
auf einen Lift nach oben. Der Abwärts-Lift kam zuerst, der junge Amerikaner
trat elastisch hinein, und Jerry kehrte auf seinen Posten zurück. Die Tür C
ging auf, er sah sie herauskommen und sich umdrehen, um zweimal abzuschließen.
Sie hatte sich nicht eigens schön gemacht. Ihr Haar war aschblond und lang,
aber sie hatte es im Nacken zu einem Pferdeschwanz gebunden. Sie trug ein
schlichtes rückenfreies Kleid und Sandalen, und obwohl Jerry ihr Gesicht nicht
sehen konnte, wußte er sofort, daß sie schön war. Sie ging zum Lift, sah ihn
noch immer nicht, und Jerry hatte den Eindruck, als spähte er von der Straße
her durchs Fenster auf sie. Es gibt Frauen, fand Jerry, die ihren Körper
tragen, als sei er eine Zitadelle, die nur der Tapferste erstürmen könne, und
Jerry hatte mehrere solcher Frauen geheiratet; oder vielleicht waren sie unter
seinem Einfluß so geworden. Es gibt Frauen, die entschlossen scheinen, sich
selber nicht zu mögen, die Schultern hochziehen und die Hüften zurückschieben.
Und es gibt Frauen, die nur auf ihn zuzugehen brauchten, um ihm damit ein
Geschenk zu . machen. Das waren die seltenen, und in diesem Moment führte sie
für Jerry die Meute an. Sie war vor den goldenen Türen stehengeblieben und beobachtete
die aufleuchtenden Zahlen. Er war neben ihr, als der Lift ankam, und noch immer
hatte sie ihn nicht bemerkt. Der Lift war voll besetzt, wie er gehofft hatte.
Er drückte sich rücklings hinein, besorgt um seine Orchideen, entschuldigte
sich, grinste, und hielt den Strauß demonstrativ über den Kopf. Sie stand mit
dem Rücken zu ihm, er dicht an ihrer Schulter. Es war eine kräftige Schulter
und zu beiden Seiten der Träger nackt, und Jerry konnte kleine Sommersprossen
sehen und einen Flaum winziger goldener Härchen, die sich ihr Rückgrat
entlangzogen. Ihr Gesicht war im Profil und ein Stück unter ihm. Er linste sie
an.
    »Lizzie?« sagte er unsicher. »Heh, Lizzie. Ich bin's Jerry.« Sie fuhr jäh
herum und starrte zu ihm

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