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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine Art Held (Smiley Bd 6)
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Lire, wovon der parfümierte Major
sich ein Drittel unter den Nagel reißen wollte, bloß weil ein Vertrag bestand.
»Und jeder weiß, warum der Major den Franco begünstigt hat«, zischte sie
sabbernd durch die Zahnlücken und die Meute ihrer Anhänger sahen einander
wissend an und machten »Ts, ts«, bis sie ihnen unwirsch befahl, damit
aufzuhören. Außerdem mißtraute sie als erfahrene Frau irgend etwas an Jerrys
Äußerem: Härte unter der Liederlichkeit. Sie hatte das schon früher an
Engländern beobachtet, aber der Schuljunge bildete eine Klasse für sich, und
sie mißtraute ihm: sie hielt ihn für gefährlich, trotz seines beharrlichen
Charms. Heute ließen sich diese früheren Mängel auf die Spleenigkeit eines
adeligen englischen Schriftstellers zurückführen, aber seinerzeit hatte die
Postmeisterin ihm keine mildernden Umstände zugebilligt. »Wartet bis zum
Sommer«, hatte sie ihre Kunden brummig gewarnt, schon bald nachdem er zum
erstenmal in ihren Laden gelatscht war - pasta, Brot, Fliegentöter. »Im Sommer
wird ihm aufgehen, was er da gekauft hat, der Schwachkopf.« Im Sommer würden
Francos Mäuse das Schlafzimmer stürmen, Francos Flöhe würden ihn bei lebendigem
Leib auffressen und Francos schwule Hornissen würden ihn im Garten herumjagen,
und der Höllenwind würde ihm den Schwanz zu Klumpen schmoren. Es würde kein
Wasser mehr geben, er würde seine Notdurft auf den Feldern verrichten müssen
wie ein Tier. Und wenn es dann wieder Winter würde, könnte der parfümierte
Schweinekerl von einem Major das Haus dem nächsten Narren andrehen, ein
Verlustgeschäft für jeden, außer ihm selbst.
    Von hoher
Abkunft verriet der Schuljunge in den ersten Wochen nicht die Bohne. Er
feilschte nie, hatte nie etwas von Preisnachlässen gehört, es machte nicht
einmal Spaß, ihn auszunehmen. Und wenn sie im Laden dafür sorgte, daß ihm sein
armseliges bißchen Küchenitalienisch ausging, dann fing er nicht an, auf sie
einzubrüllen, wie es bei richtigen Engländern Usus ist, sondern zuckte nur
vergnügt die Achseln und bediente sich selbst. Er schreibe, hieß es.
Na und?, wer tat das heutzutage nicht? Schön, er kaufte ihr Stöße von
Kanzleipapier ab. Sie bestellte mehr, er kaufte es. Bravo. Er besaß Bücher:
stockfleckige Schmöker allem Anschein nach, die er in einem grauen Jutesack -
wie ein Wilderer - herumschleppte, und ehe die Waise ankam, konnte man ihn
häufig querfeldein marschieren sehen, den Büchersack über der Schulter, um sich
irgendwo zum Lesen niederzulassen. Guido war im Wald der Contessa auf ihn
gestoßen, wo er wie eine Kröte auf einem Holzstoß hockte und die Bücher eines
nach dem anderen durchblätterte, als wären sie ein einziger Band und als wüßte
er nicht mehr, wo er stehengeblieben war. Außerdem besaß er eine
Schreibmaschine, deren schäbige Hülle ein Flickwerk aus abgeschabten
Kofferetiketten war: Bravo auch hierfür. So wie jeder Langmähnige, der einen
Topf Farbe gekauft hat, sich Künstler schilt: das war seine
Schreiberei. Im Frühling kam die Waise an, und die Postmeisterin haßte sie
gleichfalls. Eine Rothaarige, was sie schon von Anfang an als halbe Hure
kennzeichnete. Nicht genug Busen, um ein Kaninchen zu stillen, und, schlimmer
noch, eine flinke Kopfrechnerin. Es hieß, er habe sie in der Stadt aufgegabelt:
klar, eine Hure. Vom ersten Tag an hatte sie ihn nicht mehr aus den Augen
gelassen. Klebte an ihm wie ein Kind. Aß mit ihm und schmollte; trank mit ihm
und schmollte; ging mit ihm einkaufen, stahl sich die Sprache zusammen wie ein
Dieb, bis die beiden zu den Sehenswürdigkeiten der Gegend gehörten: der
englische Riese und seine schmollende sauertöpfische Hure, wie sie mit ihrem
Binsenkorb den Hügel hinabzogen, der alles und jedes angrinsende Schuljunge in
seinen zerrissenen Shorts, die verbiesterte Waise in ihrer Hurenkutte mit
nichts darunter, so daß die Männer ihr, obwohl sie spindeldürr war,
nachstarrten, um ihre harten Hüften unter dem Stoff schaukeln zu sehen. Im
Gehen hatte sie alle Finger um seinen Arm gekrallt und die Wange an seiner
Schulter, und sie ließ nur locker, während er knickerig aus der Börse bezahlte,
für die jetzt sie zuständig war. Wenn sie einem bekannten Gesicht begegneten,
grüßte er es für beide, indem er wie ein Faschist den langen freien Arm
hochwarf. Und Gott sei dem Manne gnädig, der, wenn sie ausnahmsweise allein
ging, ein anzügliches Wort oder einen bewundernden Pfiff riskierte: sie fuhr,
herum und fauchte wie

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