Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine Art Held (Smiley Bd 6)
Vom Netzwerk:
folgte ihm Guillam. Nur Connie blieb.
    Smiley hielt die Augen geschlossen, die Stirn hatte sich über der
Nasenwurzel zusammengezogen. Lange Zeit sagte Connie kein Wort. Trot lag wie
tot auf ihrem Schoß, und sie blickte auf ihn herab und kraulte ihm den Bauch.
    »Karla würde sich keinen Pfifferling drum scheren, wie, Liebes?«
murmelte sie. »Nicht um einen toten Frost und nicht um zehn. Ja, das ist der
Unterschied. Wir können nicht gut noch deutlicher werden, wie, heutzutage
nicht? Wer hat doch gleich immer gesagt >Wir kämpfen um das Überleben des
vernünftigen Menschen?< Steed-Asprey? Oder war es Control? Hat mir gefallen.
War alles dran. Hitler. Die Neue Sache. Das ist es, was wir sind: vernünftig.
Nicht wahr, Trot? Wir sind nicht bloß Engländer. Wir sind vernünftig.« Ihre
Stimme wurde ein wenig leiser. »Darling, was ist mit Sam? Haben Sie darüber nachgedacht?« Es dauerte eine ganze
Weile, ehe Smiley sprach, und dann war seine Stimme barsch, eine Stimme, die
Connie auf Armeslänge fernhielt.
    »Er soll in den Kulissen bleiben. Nichts tun, bis er grünes Licht
bekommt. Er weiß das. Er muß auf das grüne Licht warten.« Er atmete tief ein
und wieder aus. »Kann sein, daß er überhaupt nicht gebraucht wird. Kann
durchaus sein, daß wir ohne ihn auskommen. Alles hängt davon ab, wie Ko
springt.«
    »George darling, lieber George.«
    Nach stillschweigendem Ritual rollte sie sich zum Kamin, nahm den
Schürhaken und begann unter großen Mühen, in den Kohlen zu stochern, während
sie mit der anderen Hand den Hund festhielt.
    Jerry stand am Küchenfenster und sah zu, wie die gelbe Dämmerung den
Nebel des Hafens durchschnitt. Gestern abend war Sturm gewesen, erinnerte er
sich. Mußte eine Stunde vor Lukes Anruf ausgebrochen sein. Er hatte auf seiner
Matratze gewacht, während das Mädchen an seinem Bein schnarchte. Zuerst der
Geruch nach Vegetation, dann der Wind, der verstohlen in den Palmen raschelte,
als rieben sich trockene Hände aneinander. Dann das Zischen des Regens, als
würden Tonnen geschmolzener Bleikugeln ins Meer geschüttet. Schließlich die
Flächenblitze, die den Hafen in langen, langsamen Atemzügen erschütterten,
während Donnersalven über den tanzenden Hausdächern krachten. Ich habe ihn
getötet, dachte er. Wie man's auch dreht und wendet, ich habe ihm den
entscheidenden Stoß versetzt. >Es sind nicht nur die Generale, es ist jeder
Mann, der ein Gewehr trägt.< Quelle und Kontext zitieren.
    Das Telefon klingelte. Soll es klingeln, dachte er. Wahrscheinlich Craw,
der sich in die Hosen macht. Er nahm den Hörer ab. Luke, der sich
amerikanischer denn je anhörte.
    »Hey, Mann! Großes Drama! Stubbsi kam soeben über den Draht. Persönlich
für Westerby. Vor dem Lesen essen. Wollen Sie's hören?«
    »Nein.«
    »Rundreise durch die Kriegszonen. Die kambodschanischen
Fluggesellschaften und die Wirtschaft im Belagerungszustand. Unser Mann vor Ort
mitten im Geschoßhagel! Sie haben Glück, Kamerad! Das Blättchen möchte, daß Sie
sich eins auf den Pelz brennen lassen!«
    Und daß ich Lizzie diesem Tiu überlasse, dachte er und legte auf. Und
nach allem, was ich weiß, auch diesem Schwein Collins, der hinter ihr
herschleicht wie ein Mädchenhändler. Jerry hatte ein paarmal mit Sam
zusammengearbeitet, als dieser noch schlicht Mister Mellon in Vientiane war,
ein unheimlich erfolgreicher Händler an der Spitze der dortigen europäischen
Gangster. Jerry hielt ihn für eine der unappetitlichsten Gestalten, die er
kannte. Er kehrte zu seinem Platz am Fenster zurück und dachte wieder an Lizzie
dort droben auf ihrem schwindelnden Hausdach. Dachte an den kleinen Frost und wie
gern er gelebt hatte. Dachte an den Geruch, der ihn bei der Rückkehr in die
Wohnung begrüßt hatte. Der Geruch war überall. Er überlagerte den Geruch des
Deodorants, das das Mädchen benutzte, den abgestandenen Zigarettenrauch und
den Geruch nach Gas und Kochöl von den Mahjong-Spielern nebenan. Jerry hatte
nach diesem Geruch den Weg verfolgen können, den Tiu bei seiner Suchaktion
genommen hatte, wo er sich länger aufgehalten, wo er nur flüchtig verweilte auf
seinem Streifzug durch Jerrys Kleidungsstücke, Jerrys Vorratskammer und Jerrys
wenige Habseligkeiten. Dem Geruch einer Mischung aus Rosenwasser und Mandeln,
Lieblingsduft einer früheren Ehefrau.
     
    Die
belagerte Stadt
     
    Sobald man Hongkong verlaßt, hört es auf zu existieren. Wenn man den
letzten chinesischen Polizisten in britischen Kommißstiefeln

Weitere Kostenlose Bücher